Hummer 14.
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 221.
dem Throne neben den zwölf Aposteln, auf den flügeln u. a. die
jetjf in Berlin befindlichen Tafeln des ITlarienlebens enthielt, aus
der Rlarienkapelle in die „Chapelle des Abbe“ oersei]t morden.
Hulin fand auch die Bestellungsurkunden des Abtes, der auf der
Berliner Heimsuchung 1435 als 59 jähriger Ulann dargestellt ist,
und den flamen des Künstlers, des Jacques Daret Dieser mar
1455—1455 in Arras anwesend und kehrte 1436 nach seinem
Wohnsitj in Tournay zurück, wo er 1452 noch einen zweiten Altar
für den Abt, mit Szenen des heiligen Geistes und uier Propheten
figuren, malte. Da nun der ITlaler Daret aus Tournay, wie er in
den Berliner Tafeln uns entgegentritf, ganz unter dem Einflüsse
des sogenannten ITleisfers uon flemalle steht, so ist dieser Künstler
eben das Haupt dieser Schule, Robert Camp in, bei dem nicht
nur Daret, sondern auch der grolle Rogier oan der Weyden lernte.
Damit ist endlich dieser Unbekannte, dem Geh. Rat uon Tschudi
die erste zusammenfassende Studie gewidmet hat, in seiner wahren
Stellung erkannt, und neben Jan oan Eyck tritt Robert Campin
als der Begründer der nordischen ITlalerei der Renaissance.
(Schenkungen des fürsten Johann Liechtenstein.)
Der regierende fürst Johann uon und zu Eiechtenstein hat der
Galerie der Akademie der bildenden Künste in Wien neuerlich eine
Reihe uon Kunstwerken zum Geschenke gemacht, Gemälde uon
Danhauser, Schwind, Charles Wilda, Aquarelle uon Eüttich uon
Eüttichheim und Zeichnungen uon Professor Josef Tautenhayn,
Anton lllüller und Waldmüller. Von Danhauser ist ein entzückendes
Bildchen, „Der kleine Trotjkopf“, in die Akademiegalerie gelangt;
das Bild Schwinds, „Der reiche Prasser und der arme Eazarus“,
ist eigentlich eine neue Entdeckung, wenigstens mar es bisher noch
nirgends öffentlich zu sehen. Cs dürfte aus den zwanziger Jahren
stammen. Wilda ist in dieser Reihe mit seinem [etjten Bilde
oertreten, „Königsschn und Bauerntochter“, das kurz oar seinem
Tode in der Jahresausstellung des Wiener Künstlerhauses zu sehen
war Cüttich ist mit drei Aquarellen idem Triptychon „Reiterlied“,
einem „Sonntag bei Hans Sachs“ und „mein Herz im Traume
Wunder sieht“) uertreten, die diesen Enkel der Romantiker sehr
charakteristisch repräsentieren. Josef Taufenhayns Zyklus uon
sieben Zeichnungen, „Das Waldfräulein in Sparbach“ war zuletjt
in der Jubiläurns-medaillenausstellung zu sehen, und es ist sehr
dankenswert, dafj der fürst diese liebenswürdigen Illärchenbilder
nun der Allgemeinheit zugänglich gemacht hat. Von Anton
lllüller erhält die Akademiegalerie nun uier weitere Zeichnungen,
Proben seiner fein beseelten Genrestudien. Von Waldmüller ist
die Studie zu einem Knabenporträt, dem Bildnis seines Sohnes,
in der Sammlung.
Exlibris.
(fürstliche Buchzeichen.) Interessante lllitteilungen über
Exlibris fürstlicher Persönlichkeiten macht der „Eclair.“ Es ist, schreibt
das Blatt, für oiele regierende Häuser fast zum Bedürfnis ge
worden, sich wenigstens in ihren priuaten Sammlungen nicht
mehr auf die Jahrhundert alten, stets gleichen Wappen zu be
schränken, sondern sich Symbole anferfigen zu lassen, die indioi-
duelles Gepräge tragen, ln erster Ci nie ist das Exlibris zu nennen,
zu dessen Eiebhabern früherer Jahrhunderte Kaiser Karl V. ge
hörte. Bekanntlich erlahmte später das Interesse fürstlicher wie
priuafer Kreise an künstlerischem Buchschmuck und erst unserer
Zeit blieb es uorbehalfen, dieses Interesse neu zu beleben. König
Alfons XIII. uon Spanien, die Königin Elisabeth uon Rumänien
und Zar ferdinand uon Bulgarien sind begeisterte Anhänger uon
Exlibris-Zeichen. König Eduard VII. hat das Exlibris seiner lllutter,
der Königin Viktoria übernommen, welches das reich umrankfe
englische Wappen zeigte, mit den Buchstaben V. R. I.| (Victoria
Regina Imperatrix , an deren Stelle er die Buchstaben E. R.
(Eduardus Rex) treten liefj. Ganz besonders eigenartig ist das
Exlibris seiner Gemahlin, der Königin Alexandra. Ein Blumen
gewinde mit einem uon der Königin besonders geliebten Eeitmotio
non Wagner oder Brahms denn die Königin bedient sich zweier
Exlibris -- umgibt eine Abbildung des Schlosses Windsor und
eines Eandhauses in Elsenor, das durch seine stille Einsamkeit ihr
ungemein sympathisch ist. Eine Anzahl uon Büchern unter den
beiden Bildern wird uon Hunden bewacht; das Ganze ist uon
blühenden Blumen und symbolischen Zeichen umgeben und dar
unter stehen die Worte ..Faithful unto death“ („Treu bis zum
Tode“). Ein ähnliches Exlibris besitzt die Königin ITlaud uon
normegen. Auch hier umgeben dichte Blumenranken ein einsames
Schlaf) in einer melancholischen Eandschaft llormegens und aus
den Blumen flattert das Banner Englands. Das Exlibris Kaiser
Wilhelms II. ist uon ihm selbst entworfen und zeigt ein großes
W. das durch die Zusammenstellung offener und geschlossener
folianten gebildet ist. Von den amerikanischen Präsidenten hatte
nur Rooseuelf ein Exlibris, u. zw. in Anlehnung an seinen
llamen, ein Rosenfeld mit der Umschrift „Qui plantavit curabit“.
Seltsamerweise ist das Ganze uon einem Helm mit Helmzierat
überragt
Handschriften.
(Kostbare lllusikmanuskripte.) Über einen fund kost
barer ITlusikmanuskripfe berichtet der Triester „Piccolo“: Von dem
Wunsche geleitet, eine umfassende Ausgabe der alten italienischen
ViolinkomPositionen zu ueranstalten, hatte der Triester niusikuer-
leger Carlo Schmidt dem Violinuirtuosen Cesare Barison, der
sich seit Jahren mit dem Studium alfitalienischer ITlusik beschäftigt,
den Auftrag gegeben, die Bibliotheken der italienischen Städte, uor
allem auch der kleinen und weniger besuchten, nach IRusikmanu-
skripten zu durchforschen. Auf seiner Reise fand Barison sowohl
bei Behörden wie Priuaten die entgegenkommendste Aufnahme,
und die Ergebnisse seiner Reise haben seine eigenen Erwartungen
wie die seines Auftraggebers weit übertroffen. Besonders aus der
Schule uon Corelli und Tartini sind zahlreiche Werke aufgefunden
morden, die bisher noch nicht bekannt waren oder soweit sie be
kannt waren, als uerloren galten Als ganz besonders wertuoll
wird der fund zweier Sonaten uon Alessandro Stradella befrachtet,
da man nicht rouf3te, daf} der sonst so oielseitige Künstler auch
Kompositionen für die Violine uerfaf3t hatte; weiterhin ist zweier
unbekannter Konzerte für die Violine und Harfe zu erwähnen, die
Pietro Rardini, den berühmten freund uon Tartini, zum Verfasser
haben; auch eine Sonate uon Geminiani, die uöllig in dem
klassischen Stil Corellis gehalten ist, oerdient heruorgehaben zu
werden. Als ganz uorzüglich werden auch die Violinkompasitionen
des Vorgängers uon Paganini, Eocatelli, bezeichnet, dessen Spiel
im 18. Jahrhundert ganz Italien begeistert. Weiterhin sind IRusik-
manuskripte uorhanden uon dem auch als lllusiktheoretiker
bekannten Abbate IRartini in Bologna, dann uon Berrari, Cam-
bini, Pugnani und anderen. Aus dem Gesagten geht zweifellos
hernor, dal) die funde Barisons in erster Einie für die Geschichte
der Violinkompasitionen, dann aber auch für die Geschichte der
italienischen ITlusik im 17. und 18. Jahrhundert überhaupt uon
hohem Werte sind.
Keramik.
(Eine römische Pfanne.) Ein Unikum römischer Keramik
gelangte soeben ins Berliner Alte Rluseum: eine Pfanne, die an
der Ostküste IRittel-Jtaliens gefunden wurde, aus hellbraunem Ton,
den ein firnis bedeckt, mit einem auf der Scheibe gedrehten
Becken, einem Griff, der in einen Widderknopf ausläuft, und einer
Öse zum Aufhängen. Gebraucht wurden solche Pfannen besonders
uon Opferknaben und dienten zum Ausgiefjen der Opferspenden.
Eine genaue Datierung, wie Or. Zahn in den „Amtlichen Berichten“
ausführf, bietet das grofje plastische Rundbild, das im Innern be
sonders aufgelegt ist. Das derbe Stück enthält in der IRitte einen
rohen Pfahl, an dem Panzer und Helm befestigt sind, in einer
form, wie sie bei römischen Denkmälern der Republik uorkommt.
Dal) die Sieger, die diese Trophäen aufhingen, die Römer sind,
beweisen ihre Ehrenzeichen. Dafj die Unterlegenen die Samnifen
waren, geht aus dem Vorkommen des federschmuckes beim Helm
und des Krummschwertes heroar. Lind ein besonderes römisches
Ehrenzeichen, die hasta donatica, wurde uor Augustus nur Sulla
im lllarserkriege des Jahres 90 uerliehen. Da also das Bild auf
der Pfanne auf dieses Ereignis anspielt, ist ihre Verfertigung nicht
lange nachher anzusefjen und bietet eine Parallele zu den römi
schen familienmünzen des letjten uorchristlichen Jahrhunderts, die
gleichfalls Bilder aus der Zeitgeschichte enthalten.
Dumismatik.
(Die neuen 25-Pfennigstücke.) Die ersten 25-Pfennig-
stiieke werden Rnfang Oktober in den Verkehr gesef3t werden.
Die Prägemaschinen sind schon seit einiger Zeit fertiggesfellt und
die ersten IRusterexemplare kürzlich den zuständigen Stellen uor-
gelegt worden. Die neuen 25-Pfennigstücke haben dasselbe Gewicht
wie die 10-Pfennigstücke, sind aber im Durchmesser uier ITlilli-