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Internationale Sammler-Zeitung.
Hummer 18.
druckte Besprechung eines Cioetheschen Gedichtes, (das
Gedicht auf den Kuchenbäcker Händel, das der 20jährige
Student schrieb), roerden gewifj noch recht zahlreich zu Tage
kommen, roenn die Herren Büchersammler ihre ßücherschätje
etwas gründlicher zu lesen beginnen.
Die Reihe der Schiller-Drucke ist ziemlich noll-
ständig. Sie toürde allein genügen, um zum 10. riaoember
1909 eine ganz hübsche Schiller-Ausstellung damit zu
ueranstalten. Besonders die sogenannte Dissertation „Über
den Zusammenhang der thierischen Hatur des iTlenschen
mit seiner geistigen“ ist ein roertnolles und interessantes
Stück und für die Beurteilung Schillers in seiner mensch
lichen und dichterischen Gntroirklung oiel nächtiger als die
Positiones juris Goethes. Wer etroa aus dem Umstande,
dafj diese Abhandlung in den letjten zroei Jahren zweimal
in einer Bücherauktion oorgekommen ist, auf häufigeres
Vorkommen schließen mollte, roilrde sich gewaltig täuschen ...
Jllit besonderer £iebe und nicht geringem Grfolge ist
dann weiter die Sammlung der Stürmer und Dränger
gepflegt worden. ?ür Jakob £enz scheinen ja weitere
Kreise oon neuem Interesse zu gewinnen. Zwei bis drei
neue £enz-Ausgaben sind im Grscheinen oder angekündigt.
£eider genügen die bisher erschienenen Ausgaben nicht
?ig. 8. eigenhändige Widmung Heinrich Heines auf dem Vorsatjblatt
oon mtillers „Geduld“ (1817).
den Ansprüchen, die man an eine editio definitioa stellen
mufj, sadaf; die hier fast nollzählig norliegenden Ginzeldrucke
nicht nur für den £iebhaber, sondern oor der Hand auch noch
für den Oteraturhistoriker unentbehrlich sein werden.
Bei Klinger, nialer-Ulüller, Heinse wird man
ebenfalls keinen wichtigeren Ginzeldruck oermissen. Welche
jahrelange Sammeltätigkeit, wie oiel mühe und Zeit (meist
mit ergebnislosem Katalag-£esen oertan) aufgemendet werden
mufjte, bis die Reihe lückenlos geschlossen dastand und keine
Goedeke-lJummer mehr fehlte, das oermag nur der nachzu
fühlen, der selbst mit ähnlicher Passion gesammelt hat.
In der schönen Sammlung oon Romantiker-Drucken
dünkt mich die schönste die Brentano-Sammlung. Auch
für ihn, das stärkste und oielleicht einzige dichterische
Genie unter den Romantikern, bildet sich seit Jahren eine
ständig zunehmende Verehrergemeinde, der nun durch
Schüddekopf die wirklich kritischhistorische Ausgabe der
sämtlichen Werke geboten wird. Hoch in einer 1904 er
schienenen Auswahl oon Brentanos Werken, in die Godwi
nicht aufgenommen wurde, meinte der Herausgeber, nur aus
literarhistorischem Pflichtgefühl durchlaufe man diesen Roman,
andere £eser des Godwi gebe es wohl nicht. Seitdem sind
nun schon zwei oollständige Reudrucke des Godwi erschienen.
Da nach bibliophiler Grfahrung der neudruck eines seltenen
Werkes das Verlangen nach der Originalausgabe nur steigert, so
wird auch der seltene Godwi oon 1801 immer wieder seine
£iebhaber finden. Wie seifen der IRemnon, die Satiren und
der Philister sind, braucht man dem Kenner nicht zu sagen.
Von Heine, Immerman, Platen, Grillparzer, G.
T. A. Hoffmann, Hebbel liegen oollständige Reihen der
Ginzelwerke oor, ebenso oon Schopenhauer, bei späteren
Dichtern wurden nur einzelne repräsentafioe oder aus be
sonderen Gründen interessierende Stücke in die Sammlung
aufgenommen. Häufig blieben auch gesuchte Stücke unerreich
bar, sodafj das Verzeichnis der Sammlung natürlich nicht den
Anspruch auf bibliographische Vollständigkeit machen kann.
Dr. Deneke schließt: Gs ist das Schicksal der Bücher
sammlungen, oersteigert oder sonst oereinzelt und in alle
Winde zerstreut zu werden, und die Sammlungen, die
oon ihren Bessern bei £ebzeiten weggegeben wurden,
waren nicht die schlechtesten. Von Tessing will ich nicht
reden, da die Kataloge seiner Bücherauktionen noch nicht
Sig. 9 eigenhändige Widmung Goethes auf dem Vorsatjblatt eines
Bandes „Hermann und Dorothea“ (1829).
wieder aufgefunden sind. Aber ich denke an Brentano,
Tieck, Heyse, IRaltzahn, Diezmann, £oeper, Biltj. Sie alle
haben sich bei Tebzeiten Don ihren Sammlungen getrennt,
die zum Teil weif reicher und schöner waren, als es einem
Sammler unserer Zeit je gelingen könnte.
Aus den Begleifworten, mit denen die Kataloge dieser
Sammlungen herausgegeben wurden, mögen einige Stellen
zitiert sein.
Heyse: „Der Besitzer der hier oerzeichneten Sammlung
ist entschlossen, sich oon diesem seit mehr als 25 Jahren all
mählich gesammelten Schabe zu trennen, hegt jedoch den
getoifj oerzeihlichen Wunsch, roas er in einem so langen Zeit
räume nicht ohne einen bedeutenden Aufwand oon mühe und
Kosten zusammengebracht, möge nicht wieder in alle Winde
zerstreut werden, sondern, wo möglich, als ein Ganzes dem
Vaterlande erhalten bleiben, sei es durch Ginoerleibung in
irgend eine öffentliche Bibliothek, oder die Grundlage und den
Kern zu einem neu zu begründenden Bücherschabe der deutschen
rtational-Gteratur bildend.“
ntaltzahn: „Der Unterzeichnete übergibt die oon ihm
in einem Zeitraum oon 40 Jahren mit großer itlühe, uner
müdlichem fleifj und bedeutenden Kosten gesammelte und
oerzeichnete Bibliothek; eine sehr reichhaltige und höchst roert-
oolle Sammlung deutscher Dichter, wie sie in dieser Voll
ständigkeit und Erhaltung zum zweiten male gewifj nicht
wieder zu oereinigen ist.
Der Unterzeichnete beabsichtigt, sich oon seiner Sammlung
zu trennen, hat aber den sehnlichsten Wunsch, dieselbe möge
dem deutschen Vaterlande durch Ginoerleibung in eine
grofje öffentliche Bibliothek oder als Grundlage zu einer neuen
Sammlung — erhalten bleiben, um den Forschern und freunden
unserer Citerafur auch ferner die Benutzung dieser Sammlung
zu sichern.“
Biltj: „Der Besifjer ist geneigt, sich oon diesen Schöben
zu trennen; doch hegt er, wie einst Heyse und ntaltzahn, den
natürlichen Wunsch, dafj dieselben, welche mit Sachoerständnis
und nach einem einheitlichen Plane gesammelt sind, auch oer-
einigt bleiben möchten.“
Alle diese Sammler hatten, wie man sieht, den
Wunsch, dafj ihre Sammlungen oereinigf bleiben möchten.
Bei keinem oon ihnen ist der Wunsch erfüllt worden.
So möge denn auch diese schöne Sammlung, die mit
nicht geringerer Ciebe zusammengebracht worden ist, den
selben Weg gehen wie jene Vorgängerinnen.
ST AAs 's, M
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