Ilummer 19.
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 301.
Wenn ein Katalog Anspruch auf die Bedeutung eines guten
Handbuchs für sich in Anspruch nehmen darf, so ist es der, den
das Berliner Kunstauktionsinstitut Rudolf Bepke der am 9. d. nt.
beginnenden Versteigerung der kunstgewerblichen Sammlungen
des freiherrn Adalbert uon Ban na, als geschickten Pacemacher
oorausschickt.
Deutschland und Österreich hatten bisher noch nie einen
Kunstgetuerbesammler aufzuweisen, der so systematisch zu Werke
ging, wie der Prager
Baron. Seine jahr
zehntelangen em
sigen Bemühungen
sind denn auch uon
einem besonderen
Erfolge gekrönt mor
den: ihm ist es ge
lungen, in seinen
Sammlungen eine
ziemlich uollsfändige
Übersicht über die
Cntwicklung des ge
samten Kunstge
werbes und der
Kleinkunst uon der
frühesten Zeit bis
zum Ausgange des
18. Jahrhunderts zu
geben. Da die Samm
lung in der Haupt
sache zu einer Zeit
entstanden ist, die
noch mit bodenstän
digem Kunstbesiß
rechnen konnte, so
hat Baron Banna, roie
0. uon falke in
seinem Vorwort hin
weist, mit Vorliebe
und Crfolg solche
Zweige des alten
Kunsthand Werkes
pflegen können, die
in den seiner Heimat
benachbarten Ge
bieten wurzelten. Diesem Umstand, dem Ausschöpfen örtlicher
Quellen oerdankt die Cannasche Sammlung ihren besonderen
Charakter und die außergewöhnliche Bedeutung, die sie gerade
für den deutschen Kunstmarkt, für die Sammler und Aluseen des
deutschen Kunstbereichs hat. Dicht als ob es ihr an Kunstwerken
fehlte, die eines internationalen Ciebhaberkreises sicher sind —
die Abteilungen der romanischen Schmelzwerke uon Cimoges und
der Cmailmalereien gleicher Herkunft aus der Renaissance der
ITlajoliken und der Venezianer Cmailarbeiten, der orientalischen
und der spanischen Keramik, des Cdelzinns und fayanccn bieten
ihrer genug — der Schwerpunkt und die Spezialität liegt aber
doch in den Abteilungen, die Österreich, Schlesien, Sachsen und
franken beigesteuert haben. Der Bestand an Renaissance-Keramik
aus diesen Bändern, insbesondere an den farbenreichen und seltenen
Arbeiten der Hafnerei findet in keiner anderen Prioatsammlung
ihresgleichen.
Der Katalog umfaßt 1988 Hummern. Hans Karl Krüger
hat sich der JTlühe unterzogen, sie zu katalogisieren und es mag
diesem heruorragenden Kenner des Kunstgewerbes zur Genugtuung
gereichen, daß ihm falke das Bob spendet, daß der Katalog sorg
fältig und sachkundig ausgearbeitet ist und daß man darin im
Gegensätze zu den „überschwänglichen Anpreisungen“ ähnlicher
Publikationen „die
rein sachliche Art der
Beschreibungen und
die Zuuerlässigkeit
der Bestimmungen
als eine Wohltat em
pfindet.“ Und noch
ein Vorzug, der den
Wert des Kataloges
erhöht: es sind ihm
110 Tafeln beige
geben, auf denen
Hauptstücke der
Sammlung reprodu
ziert sind.
Die Ginteilung
des Katalogs ist eine
sehr praktische: er
ist in 17 Abteilungen
gegliedert. Den Hn-
fang machen die Ar
beiten in 6 mail,
Gold und Silber.
Wir können aus der
ITlenge der Kost
barkeiten nur ein
zelnes herausgreifen:
Da ist eine große
Platte, Schmelz
malerei mit Kupfer,
die die Szene 00m
Judaskuß uergegen-
wärtigf. Alle ITlerk-
male der Arbeiten
manoaernis sind
in ihr uereinigt; die
schwer und dick hingesef3ten figuren, die Charakteristik der Ge
sichter, oor allem aber die glühende Beuchtkraft der färben, die
eine ganz außerordentliche Wirkung ausströmen. Hier wieder
fesseln uns zwei Kupferemailarbeiten des Pierre Reymond
(Bimoges 16. Jahrhundert), dort wieder eine oiereckige Bimusin-
plafte, auf der die Kreuzabnahme nach Dürers kleiner Holzschnitt
passion in wundersamen färben uns entgegentritt. Sind das die
Hauptstücke dieser Abteilung oder ist es der Reliquienschrein, der
mit uergoldeten, durch farbigen Grubenschmelz oerzierten Kupfer
platten belegt ist. Cs ist schwer darauf Antwort zu geben und
man muß darauf gefaßt sein, daß bei der Auktion heiße Kämpfe
um jedes dieser Objekte entbrennen werden.
Den Cmail-, Gold- und Silberarbeiten schließen sich die ITtini-
aturen an, unter denen heroorragende französische Porträts des
fig. 5. Andrea della Robia: llladonna mit dem Jesukinde.