MAK
Seite 104 
Internationale Sammler- Zeitung 
Nr. 12 
Die auf die alten Niederländer folgende xkbteilüng 
bringt zum Teil noch alte Blätter wie eine Kötel 
zeichnung des Lodovico Carracci, in der Hauptsache 
aber die Kunst des 18. und die des 19. Jahrhunderts 
in Handzeichnungen wie in gemalten Werken. Unter 
den Arbeiten des 18. Jahrhunderts ragt besonders 
Boucher hervor, eine Kreidezeichnung zeigt die 
Änlageart seiner Deckenmalerei, ein ganz wunder 
volles Stück aber ist der mit Weiß gehöhte Kopf eines 
jungen Mädchens, ganz erfüllt von der Stimmung der 
Zeit und mit dem ganzen technischen Raffinement 
ausgeführt, das den führenden Meistern des Rokoko 
eigentümlich war. Das 19. Jahrhundert läßt mit 
sechs trefflichen Handzeichnungen zunächst Ghodo- 
wiecki und mit ihm die Berliner Kunst zu Worte 
kommen, die sich überhaupt in diesem Teil der Ver 
steigerung von ihren besten Seiten zeigt: eine Zeichnung 
und vier Aquarelle repräsentieren stattlich Hose 
mann, von R. Th. A. Hoffmann ist die Bildnis 
zeichnung des aus Zynismus und Frömmigkeit seltsam 
gemischten Zacharias Werner da, den der literarisch 
gleichfalls genügend komplizierte Kollege fein in seiner 
Wesenheit erfaßte. Besonders glänzend zeigt sich der 
alte Krüger. Zwei Ölgemälde lassen seinen großen 
Ruf als Pferdemaler sehr verständlich erscheinen, 
während ihn neun Bleistiftentwürfe, darunter die aus 
gezeichnete Kollektion von sieben Mitgliedern einer 
Familie, als den großen Porträtisten erweisen. Über 
andere Berliner gelangen wir zu den Vertretern der 
Neuzeit, vor allem zu Menzel mit drei Blättern ersten 
Ranges, zu Skarbina, zu Leistilcow mit einem 
kleinen frühen Ölbild, zu Liebermann mit. einem 
flotten Biergartenpästell und einer ersten Studie zur 
Flachsscheuer in Laren. Aber auch die anderen deutschen 
Kunststädte stehen dahinter nicht zurück. Hervor 
ragend zeigt sich Düsseldorf und die mit ihm innig 
verknüpfte Nazarenerschule. Wenn wir diese so lange 
nicht richtig erkannten Maler heute wieder mehr als 
je schätzen lernen, so ist es nicht zum wenigsten die 
hohe Qualität ihrer Handzeichnungen, die uns bekehrt 
hat. Hier führt Cornelius, von dem Heine mit so 
ehrfürchtigem Schaudern berichtet, seine Hand als 
die des Zeichenlehrers habe des jungen Harry Hand 
bei ihren ersten Versuchen geleitet, mit 14 hoch 
klassigen Handzeichnungen, unter denen sich auch das 
Gretchen in der Kirche befindet. Die größte Über 
raschung für viele werden in dieser Abteilung die neun 
Bleistiftzeichnungen Overbecks sein, die wieder einmal 
die Zeitlosigkeit dieses so lange fast verschollenen 
großen Künstlers beweisen. 
Schnorr und Veit schließen sich an. Ein drittes 
Kunstzentrum: München. In der hierher gehörenden 
Kunst führt .Schwind mit einer Zeichnung und 
Spitzweg mit einer feinen kleinen Landschaft in Öl, 
Leibi und sein Kreis sind durch, zwei herrliche Zeich 
nungen Leibis in Kohle, sein Wohnzimmer in Kutter 
ling und eine Bäuerin sowie durch zwei kleine Malereien 
Theodor Alts vertreten. Von der Lenbachgruppe 
Lenbach selbst mit dem flotten Bild einer Münchener 
Lebedamc und einer guten Landschaft, Habermann, 
besonders interessant aber Albert von Keller mit vier 
frühen Werken aus der Zeit seiner frühmeisterlichen 
Entwicklung, darunter die Dame in Weiß und die 
heilige Elisabeth, geradezu moderne Terborchs, Pracht 
stücke des Münchener Niederländertums. Zwei Justus 
Junckers sind zu Vorbildern französischer Stiche 
geworden. Von Böcklin ist eine kleine Landschaft 
aus seiner frühen noch schüchternen Entwicklung da, 
von Wilhelm Busch ein Kinderkopf, von Munkascy 
eine Ölstudie von meisterlichem Rot, von Karl Hage 
meister ein feines Bild. Unter den Miniaturen fallen 
zwei Daffingers auf, wie denn überhaupt Wien 
interessant, zum Beispiel mit Zampis, vertreten ist.. 
Es schließt sich eine reiche Kupferstichabteilung an, 
in der wieder Chodowiccki mit einer großen Kollektion 
dominiert. Gute Bolts. Von älteren Meistern besonders 
Bartolozzi reich vertreten. Die französische Graphik 
stellt eine elf Nummern umfassende Abteilung schöner 
Demarteaus und einen Debucourt. Berlin zeigt 
Menzel und Krüger neben Chodowiecki. Der 
interessante Graphiker Grimm, ein Bruder von Jakob 
und Wilhelm, dessen Bettina in Goethes Briefwechsel 
mit einem Kinde so rühmend gedenkt, tritt hier den 
Sammlern näher. Von berühmen Engländern Morland 
und Smith mit ausgcwählten Kollektionen. Auch 
Wien u. a. mit Kriehuber und vieles anderes mehr. 
Ridinger hat seine eigene, sehr umfassende Ab 
teilung erhalten: Drei Ölgemälde, zwei Zeichnungen 
und mehrere Hundert seiner charakteristischen Stücke. 
Der Nachlaß des interessanten Schweizer Malers 
Zehen der bringt neben überraschenden eigenen 
Werken des Künstlers eine ungewöhnlich reiche Kol 
lektion von Schweizer Städteansichten. 
Den Beschluß macht eine große Spezialität der 
versteigernden Firma: eine Kollektion Alt-Weimar. 
Sie enthält zwei ganz hervorragende Stücke: noch 
unbekannte Darstellungen Goethes. Eine Blei 
stiftzeichnung Katharina Zimmermanns, der Tochter 
des berühmten vielschreibenden Arztes, zeigt den 
jungen Goethe von 1775, vielleicht die Vorlage für 
den Stich bei La Vater; eine bisher unbekannte Goethe 
büste des Weimarer Hofbildhauers Klaucr aus bestem 
Altweimarer Besitz weist starke Ähnlichkeit mit einer 
bekannten Zeichnung des Bildhauers von 1780 auf und 
dürfte hier herum zu datieren sein. An die Heideloffsche 
Goethezeichnung, zwei Zeichnungen Goethes und sechs 
von Schwerdtgeburt herausgegebene Radierungen 
nach Handzeichnungen Goethes schließen sich in 
großer Zahl Goethebildnisse, Bildnisse und Erinnerungen 
aus dem Goethekreise an. 
Die Kunstauktion fürs Rote Kreuz. 
Nr. 274, Jos. Heicke, Drei Bleistiftskizzen, K 
Nr. 275, Ders., Kühe bei einer Almhütte, K 920; Nr. 276, 
Ders., Auf der Weide, K 750; Nr. 277, Hemerlein, Ansicht 
einer Rait, K 150; Nr. 281, Math. Kern, Des Heideschenker 
Töchterlein, K 150, Ders., Sängers VoTüberziehen, K 150, 
Ders., Der einsame Trinker, K 100; Nr. 282, A. Klein, Der 
*) Siehe Nr. 11 der „Internationalen Sammler-Zeitung“. 
Brezenbeck auf dem Graben, K 60 —; Nr. 288, Karl Marko, 
Ideale Landschaft, K 60.00; Nr. 289, Ders., Römische Land 
schaft, K 3000; Nr. 293, jos. Möhsmer, Gebirgslandschaft, 
K 120; Nr. 294, Leop. Karl Müller, Straße in Kairo, K 2300; 
Nr. 298, Pausinger, Orientale zu Pferd, K 800; Nr. 299, 
Gams im Hochgebirge, K 1500; Nr. 300, Alex. Pock, 7er Liane, 
K 60-—; Nr. 308, J. Bap. Reiter, 13 kleine Skizzen, K 100; 
Nr. 312, Lina Röhrer, Stilleben, Truthahn, Paradiesäpfel, 
(Fortsetzung*). 
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