MAK
Seite 86. 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Rümmer 6. 
achtet rourde, soweit es gleichzeitig seinem Schönheitssinn 
entsprach, ferner brauchte gerade Herr oan Tanna nicht, 
roie z. ß. der oerstorbene Dr. Ströter, daran zu denken, 
seine Sammlung durch beständigen Tausch zu Derbessern, 
fand sich irgendwo ein noch brillanterer Abdruck als der, 
den er schon besafj, so erwarb er diesen einfach noch 
hinzu. Cs ist ja auch sehr interessant, oerschiedene gute 
Abdrucksqualitäten neben- 
nander liegen zu haben, 
wenn man sich das leisten 
kann.“ 
Wir sind dank dem 
Gntgegenkommen der firma 
Gutekunst in der erfreu 
lichen Tage, unseren Tesern 
einige Abdrücke aus der 
Kupferstichsammlung Tan 
na, in allerdings uerklei- 
nerter Reproduktion, oor- 
zuführen. 
fig. 1 ist einer der 
seltensten Holzschnitte, ein 
Werk des Rleisters Albrecht 
Altdorfer in oarzüglichem 
Abdruck. Im Walde steht 
ein Tiebespaar; das Rofj 
des Ritters ist an den Baum 
stamm festgebunden. Die 
Signierung des Rleisters ist 
an dem Baumstamm unter 
halb eines Vogelnestes an 
gebracht. Heroorzuheben ist 
an der Tracht der Jungfrau 
der natürliche faltenwurf 
des Rockes. 
Das klassische Tiebes 
paar, Pyramus und Thisbe, 
zeigt uns fig. 2. Cs ist ein 
oorzüglicher Abdruck auf 
Papier mit der hohen Krone, 
tadellos erhalten und mit 
Rand. Der Stich, ebenfalls 
non Albrecht Altdorfer, gehört zu den größten Selten 
heiten und ist nur in wenigen Sammlungen zu finden. 
Bartsch und Passaoant ist dieser Stich unbekannt, 
ITleyer dagegen erwähnt ihn in seinem Künstlerlexikon 
(S. 553, Rr. 10). Das Bild stellt Pyramus unter Tannen 
im Grase liegend dar, in bequemer Stellung, die fiifje ein 
gezogen und weidlich über Thisbe lachend, die 
ihm gerade den Text zu lesen scheint. 
fig. 3 uermittelt uns die Bekanntschaft 
eines entzückenden Amors, der Hans Sebald 
Behamzum Urheber hat. Cs ist ein ausgezeich 
neter Abdruck des ersten Zustandes oor den 
Wolkenstrichen, oor dem Wasser und oor der 
Tafel mit dem Rlonogramm des Rleisters (HS B) 
und der Jahreszahl (1524). Der Kupferstich 
stammt aus der Sammlung des Sir Peter Tely, 
ist oon der größten Seltenheit und fehlt fast 
in allen bekannten Sammlungen. Der mollige 
kleine Amor reitet auf einem Delphin, den er 
mit der Rechten am Kopfe festhält, indes die 
Tinke einen Stab schwingt. 
Von den Werken Albrecht^ Dürers in der Sammlung 
Tanna reproduzieren wir (fig. 4) einen Holzschnitt „Der 
Schulmeister“, einen ganz frühen Abdruck oon der Rein 
heit und Schärfe einer federzeichnung. Über dem Bilde 
prangt die zweizeilige Überschrift: „Wer recht bescheyden 
wol werden, Der pit got trum bye auff erden“. Das 
Gedicht selbst fehlt. Der Holzschnitt, der rechts oben die 
Jahreszahl 1510 trägt, zeigt einen geistlichen Schulmeister, 
der mit dem Stabe auf einen der Knaben weist, die zu 
seinen füljen sitzen und aufmerksam seinen Worten lauschen. 
Im Hintergründe sehen wir das Schulhaus, oiele Gärten, 
ein Kirchlein, das einsam 
auf dem Berge steht, ein 
Zug Schwalben streicht 
darüber hin. 
Grotjen Seltenheitswert 
besitzt fig. 5, ein Kupfer 
stich des Rleisters Ursus 
(Urs) Grat, der zwischen 
1485 und 1490 zu Solo 
thurn in der Schweiz ge 
boren wurde und nach 
einem abenteuerlichen, wil 
den Teben um 1529 zu 
Basel starb. Seine Hand 
zeichnungen, Kupferstiche 
urd Zeichnungen, meist 
Sittenbilder, Tandsknechte 
und Genrefiguren erinnern 
in der Tebendigkeit und 
frische der Darstellung an 
Hans Holbein den Jüngeren. 
Unser Bild bringt ebenfalls 
zwei Tandsknechte und eine 
frau bei einem Baume, auf 
dem der Tod als Gerippe 
mit dem Stundenglas in der 
Hand sitjt. Auf dem Stun 
denglas hockt ein Rabe, 
seiner Beute harrend. Im 
Hintergrund sehen wir eine 
Burg am fufje eines Berges, 
in der ferne schimmert ein 
See, der oon Segelbooten 
belebt wird. Der Stich ist 
oon oorzüglicher Qualität, 
hat Rand und ist mit zwei Bruchfalten unterlegt. Die 
Signatur des Rleisters und die Jahreszahl des fntstehens 
des Werkes (1524) sind auf dem Baumstamm unterhalb 
des Totengerippes angebracht. 
Die schöne flufjlandschaft mit dem' Stadttore (fig. (>) 
ist ein Werk des Rleisters Augustin Hirschoogel, der 
der nürnberger Künstlerfamilie entstammt. Gr 
ist der zweite Sohn Veit Hirschoogels und 
wurde um 1488 geboren. Anfangs Glasmaler, 
entwickelte er eine oielseitige Tätigkeit als 
Zeichner, Rlaler, Radierer, Töpfer, Wappen 
schneider und mathematischer Schriftsteller. 
Abgesehen oon einem Aufenthalte in Venedig 
(um 1534), wo er die Töpferkunst in IRajolika 
erlernt haben soll, war er meist in Riirnberg 
auf oielerlei Kunstgebieten tätig und seit 1542 
in Wien, wo er als Kartograph tätig war und 
1543 eine Unterweisung in der „Geometrie“ 
und 1550 eine Bilderbibel herausgab. Hirsch- 
uogel starb um 1553 in Wien. Jhm werden oiele 
altdeutsche Ofenkacheln, Öfen (u. a. ein griin 
glasierter auf der Burg zu Rürnberg) und Krüge, fälschlich 
die sogenannten Hirschoogelkrüge, zugeschrieben. Der oor- 
liegende Abdruck, der schmale Ränder hat, gehörte früher 
der Sammlung Camesina an. 
?ig. 2. 
fig. 5.
	        
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