MAK

Volltext: Jahrgang 1 (1909) (1.1909,4)

riummer 4. 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 57. 
Ein berühmtes Stammbuch. 
ln Gräffers Werk „Kleine Wiener Ulemoiren“, Bd. 2, Pag. 59, 
findet sich folgende lTotiz: „flnkerberg roar einsf ein gewichtiger 
tlahme. flnkerberg gab Gelegenheit zu dem neuen Beweise, wie 
gedankenlose blöde Gemeinheit die Cafhegorien zu uermengen 
pflegt, mährend der roohrhaft Gebildete geroohnt ist, Geist und 
Intelligenz noin persönlichen Charakter zu trennen. Er roar ein 
JTlann non oielen Kenntnissen, uon glänzendem Verstände, feinem 
Hichtenberg’schen Witz; äußerst interessant im Umgang, ein meister 
hafter Schachspieler. Was Bretschneider in IleuseTs ITUscellen, roas 
Hagarde erst neuerlich über ihn oorbringt, ist eitle Gehässigkeit. 
Zu flnkerbergs Hichtseifen gehört auch seine numismatische Gelehr 
samkeit. Cr besaf; und oermehrte mit wissenschaftlichem Eifer 
einen Schatz uon münzen, ln seinem Rlbum stehn: Denis, ITlax 
Hamberg, Gebier, Ricolai, die beyden 5orster, H. B. Weesenberg, 
Cesarotti etc. Sein israelitischer tlahme roar Epstein.“ 
Das fllbum, uon dem hier die Rede ist, ist nun jetzt, nach 
dem es seit dem Tode flnkerbergs im Jahre 1824, mehr als 
80 Jahre, uerschollen roar, wieder aufgetaucht und befindet 
sich derzeit im Besitze der firma Gilhofer & Ranschburg 
in Wien. 
Beuor wir an die Beschreibung des interessanten Stamm 
buches gehen, seien hier einige biographische Details über seinen 
Vorbesitjer mitgeteilt: flnkerberg wurde im Jahre 1757 geboren. 
Seinen Geburtsort kennen wir allerdings nicht, möglicherweise war 
es Brünn, rooher flnkerberg, oor seiner Taufe Tobias Epstein, 
stammte, flach Wien kam er im Jahre 1771 und begann mit 
Unterstützung oermögender Glaubensgenossen ITledizin zu studieren, 
er scheint jedoch die ITledizin bald wieder aufgegeben zu haben 
und, nachdem er die Taufe genommen, in den Staatsdienst getreten 
zu sein. Cr war zuerst als Präsidialsekretär der Handesregierung 
in Innsbruck und später als Hofsekretär der böhmischen Hofkanziei 
in Wien tätig, flnkerberg starb am 27. Juni 1824. 
Sein Stammbuch enthält eine Auslese uon Widmungen berühmter 
Persönlichkeiten aus der Zeit oon 1779—91, darunter Eintragungen aus 
Wien, Graz, Innsbruck, Brünn, Ofen, Rom, Padua, Venedig, fleapel etc. 
ferner eine Reihe oon künstlerischen Beiträgen in feder-, Tusch- 
und Röfelzeichnung, zusammen 199 Einträge. Herausgehoben seien 
Karl Jllastallier, ITl.-Denis, Graf ITlax Hamberg, bekannt als Philan- 
trop, ?r. Brockmann, fllxinger, Josef o. Sonnenfels, Stephanie der 
Ältere, florbert Hadraoa, 5r. flicolai, Steinsky, Zach, Clis. Caminer- 
Turra, die bekannte italienische Dichterin, f. C. Hauater (Richtersroeil 
1787) etc. ITlaria Theresia Para dis, die berühmte blinde Pianistin 
eine Freundin ITTozarts, ist mit einem mittels ihrer Handpresse 
gedruckten Eintrag oertreten, der folgenden Wortlaut hat: „Ich 
sehe zwar nicht der Körper lieblich wandelnde Gestalten im Sonnen 
glanze, dem Quelle der feinsten 5reuden. Doch nie soll mein 
zufriedener Dlund die llatur mit Klagen beschweren, mir ist genug 
in meiner Sphäre, ist sie gleich umschränkter, die mir oergönnten 
freuden zu genießen. Der Vorsicht allein oerdankef diese Genuiths- 
ruhe Ihre blinde Freundin )Tl. T. Para dis.“ 
Der künstlerische Schmuck des Stammbuches ist ein ganz 
bedeutender. Hiezu haben beigetragen: fld. Bartsch (2 figur. 
Zeichnungen, Seder und Rötel), Hickel (Porlrätstudie, die an ein 
Jugendporträt Hessings erinnert), f. Galimbcrti, Alex. Trippei, 
fr. Ulaggiotto (hübsche, ganz ausgeführfe Tuschzeichnung , Ch. o. 
lllechel (Erasmus non Rotterdam, nach Holbein), Ch. de Higne (sehr 
hübsche Tuschzeichnung), ITlarianna Sisto (sehr schöne Arbeit eines 
neunjährigen ITlädchens), Giou. Domenico Tiepolo „Der Raub der 
Europa“, oorzügliche, oollendete Tuschzeichnung), fr. Kobell, J. Heicher, 
Giac. Heonardis, J. Drechsler etc. 
Österreichische Stammbücher, zumal aus der kulturhistorisch 
und literarisch so inter -ssanten Josephinischen Zeit, gehören bekannt 
lich zu den gröfjten Seltenheiten. Sie gewinnen aber noch mehr 
an Bedeutung, wenn sie, wie das oorliegende, auch zugleich einem 
interessanten Vorbesitzer eigen waren. 
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Fiutographen. 
(Ein Johann Straufz-)Tlanuskript.) Aus der 
in den Besitz des Antiquariats J. J. Plaschka in Wien 
übergegangenen Sammlung des uerstorbenen Komponisten 
und flumismatikers Josef flentroich (siehe llr. 2, Seite 29) 
wird uns ein interessantes Johann Straulj - IlTanuskript 
zur Verfügung gestellt. Das Blatt, das mir hier repro 
duzieren, ist die erste Seite des Brünner-flationalgarde- 
marsches, den der Kleister als opus 89 bezciclmete. 
Das IlTanuskript umfaßt 8 1 /, Seiten und ist sehr rein 
geschrieben. 
(fund einer roertuollen Handschrift der 
Kaiserin Katharina TI.) flus Petersburg wird uns 
geschrieben: Jin Zarenpalais in JJToskau fand der kaiser 
liche flrehioar eine roertoolle Handschrift der Kaiserin 
Katharina, die 385 Seiten umfafzt In diesem lllanus- 
kript, das zur Hälfte in französischer, zur Hälfte in 
russischer Sprache geschrieben ist, hat die Kaiserin ihre 
Ansichten über Gesetzgebung und Justiz niedergelegt, die 
oon großem Interesse sind. Das TTlanuskript wurde der 
kaiserlichen Akademie der Wissenschaften übergeben, die 
die Handschrift publizieren wird. 
Chronik.
	        
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