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Internationale Sammler-Zeitung. 
Regierung naturwissenschaftliche Sammlungen oon heruorragendem 
Wert uereinigt, und der Prinz oan Wales besißt eine Briefmarken 
sammlung, die nächst der des £ard Rothschild für die kost 
barste der Welt gilt. Seine ITlutter aber, die Königin Alexandra 
uon England, ist in der glücklichen tage, eine Sammlung oan 
fächern ihr eigen zu nennen, der sich keine andere gleichwertig 
zur Seite stellen läßt. Die Königin hat diese Sammlung bisher auf 
das sorgfältigste uor fremden Augen behütet, nur die JTlitglieder 
ihrer familie und der kleine Kreis ihrer freunde kannten sie. Jetjt 
soll die Sammlung zum erstenmal ausgestellt werden. Die Königin 
hat nämlich den Bitten ihrer Schwiegertochter, der Prinzessin 
uon Wales, nachgegeben, die fächer auf einem Wahltätigkeifsfest, 
das nächstens in der britischen Hauptstadt ueranstaltet werden soll, 
gegen Eintrittsgeld zu zeigen, und ganz l'ondon wird, aller Wahr 
scheinlichkeit nach, hinmandern, sie anzusehen, flicht nur müfjige 
Snobs, auch ernsthafte Kunstuerständige werden an der fächer- 
sammlung ihre freude haben können, da sie fächer uon außer 
ordentlicher Schönheit und oon kunsfgeschichtlicher Bedeutung um 
faßt. Es sind ihrer gegen 500 und alle tänder und alle Zeiten 
sind darunter uertreten. Das interessanteste Stück ist uielleicht ein 
kleiner, munderuoll gearbeiteter Spißenfächer der Rokokoperiode, der 
der unglücklichen Königin ITlarie Antoinette uon frankreich ge 
hört haben soll. Das Herz der Königin Alexandra aber hängt am 
meisten an zwei fächern, die sie oon ihrer Schwiegermutter, der 
Königin Viktoria, geerbt hat. Den einen dieser fächer trug die 
Königin Viktoria im fahre 1838 bei der ersten Cour, die sie nach 
ihrer Tronbesteigung und Krönung abhielt, den zweiten hatte sie 
in den Händen, während sie am Tage des Diamant-Jubiläums, am 
22. Juni 1897, uom Volke mit stürmischem lubel begrüßt, durch 
die Straßen tondons fuhr. Die fächerpassion der Königin Alexandra 
ist natürlich allen ihren Verwandten bekannt und so uergeht kaum 
ein Weihnachtsfest oder ein Geburtstag der Königin, ohne daß ihre 
Sammlung um ein Stück uermehrt wird. Kaiser Wilhelm 11., die 
russischen Zaren Alexander 111. und llikolaus 11., die Könige 
oon Spanien, Italien, Dänemark und Portugal haben durch Ge 
schenke die Sammlung bereichert, an der die londoner nun bald 
bewundernd uorüberziehen werden. 
(ßloßl eg u ng oon römisch en U rnengrä bern in Kcßthely.) 
„Keßthelyi Hirlap“ ueröffentlicht aus der feder seines Redakteurs 
Dr. Arpdd Csäk einen interessanten Bericht über die Bloßlegung 
uon römischen Urnengräbern in der Gemarkung uon Keßthely auf 
den Ackern des zur gräflich Tassilo f estetics'sch en Domäne ge 
hörenden Gehöftes Ujmajor. Die Ackerknechte hatten beim Pflügen 
einen größeren Krug uon rötlichem Ton aus der Erde heroorgeholt. 
lTachgrabungen, die an jener Stelle uorgenommen wurden, förderten 
einen unuersehrt erhaltenen schönen gläsernen Krug uon 16 Zen 
timeter Höhe mit einem fassungsraum uon etwa drei Dezilitern 
und mit dem Bodenstempel 0. P. oersehen, zutage; ferner einen 
sehr hübsch gearbeiteten, mit dem Stempel „fortis“ uersehenen 
römischen Tankrug oon rötlicher färbe. Die fortgeseßten Grabungen 
legten eine 110 Zentimeter lange, 50 Zentimeter breite und 60 Zen 
timeter tiefe Grube bloß, auf deren Grunde etwa zwei Hände uoll 
Asche und mehrere nicht uöllig oerbrannte ITlenschenknochen ge 
funden wurden, ln der nordöstlichen Ecke der Grube fand man 
einen aus Knochen sehr sauber gearbeiteten, walzenförmigen Tiegel, 
mit einem Griffdecke, oersehen, 7 Zentimeter hoch, mit einem Durch 
messer uon 4 Zentimetern: in der südöstlichen Ecke einen auf der 
Töpferscheibe geformten schwarzen Tonkrug ohne Henkel, 12 Zen 
timeter hoch, mit einem Durchmesser uon 8 Zentimetern. Diese 
funde zeigten in unzweifelhafter Weise, daß man auf ein römisches 
Urnengrab gestoßen sei. Die Plachgrabungen wurden uorsichtig 
fortgeseßt; bisher sind 11 solcher Urnengräber bloßgelegt morden. 
Die in den Gräbern gefundenen Gegenstände wurden in dem Keß- 
thelyer ßalaton-JTluseum untergebracht. 
(Die Ausgrabungen in Haltern.) Im neuesten Hefte des 
Römisch-germanischen Karrespondenzblattes berichtet Prof. Ko epp 
in lllünster über die Ergebnisse seiner gemeinsam mit Prof. 
Dragendorff (frankfurt) unternommenen Ausgrabungen in 
Haltern a. d. tippe. Dort wird seit zehn Jahren mit Unterstüßung 
des kaiser). archäologischen Instituts gearbeitet. Aufgedeckt wurde 
in diesem Jahre u. a. ein halbfertiger Brunnen des ältesten tagers. 
Wegen der allzugroßen Tiefe des Grundwassers mußten die Römer 
die Tiefgrabungen aufgeben und so erklärt sich, daß bisher kein 
Brunnen im Inneren der späteren tegionslager gefunden wurde, 
Seite 11 
Ebenso erklärt sich auch die auffällige oeränderte Orientierung 
dieser tager nach Süden. Sie entspricht der forderuug des 
Polybius, daß die Prätorialfront für die Zufuhr und das Wasser 
holen am bequemsten liegen solle. Hier bietet sich die tippe 
dazu dar, deren Ufer durch mehrere kleine Befestigungen 
geschüßt war. Das Prätorium d.s ältesten tagers, nach dem 
gesucht wurde, hat keine nachweisbaren Spuren im Boden hinter 
lassen: es war dazu zu flach fundamentiert und mar ein einfacher 
Holzbau. Vom späteren tegionslager deckte man u. a. den Grund 
riß einer uollständigen Kaserne oon 15 m Breite und 60 m tänge 
auf, der im Wesentlichem dem der Kasernen oon fleuß und 
Garnuntum entspricht. Endlich gelang die Auffindung der Woh 
nung des tegaten. Sic war durch einen Säulengang mit der 
llordmand des Präforiums oerbunden. Von der Kaserne und der 
tegatenmohnung sind dem Berichte Abbildungen beigegeben. Unter 
den Mundstücken ragen besonders die reich oerzierten Reliefkelche 
aus feinster arrentinischer terra sigillata heroor. Sie sind mit 
stiliserten Ornamenten wie mit naturalistischen Ranken, zumeist 
aber mit figürlichen Darstellungen geschmückt. Unter diesen finden 
sich u. a. in oollständiger Erhaltung hockende Knöchelspielerinnen 
und recht obszöne für ein Cabinetto seoreto geeignete Reliefs. Dos 
kleine, schmucke ITluseum in Haltern tritt durch diese Munde für 
diese Gefäßgattung an die erste Stelle unter den westdeutschen 
Sammlungen. Heroargehoben sei ferner noch ein rundes Amulet, 
das unter Glas, aus Goldplättchen zusammengestellt, auf einer 
Unterlage uon Bronze die Inschrift „have“ zeigt. 
(Ein Standbild der Kassandra?) Aus Mlorenz wird 
berichtet: Senator Domenico Comparetti, der als Professor der 
alten Sprachen an der hiesigen akademischen tehranstalt der 
Studi superiori unterrichtet, will in der rätselhaften griechischen 
lllädchensfatue, die oor Jahren bei Porto d’Anzia durch eine 
Springflut ans Tageslicht gekommen ist und kürzlich uom italienischen 
Staat erworben und im Thermenmuseum in Rom aufgestellt 
wurde, ein Standbild der Priesterin Kassandra erkennen, wie 
sie Aeschylus in seinem „Agamemnon“ und Euripides (nach der 
Vorlage des Agamemnon) in den „Troerinnen“ geschildert hat. 
Der Bildhauer scheint sich bei seinem Werk hauptsächlich an den 
Text bei Euripides gehalten zu haben, woraus man schließen muß, 
er gehöre dem 4. Jahrhundert u. Ehr. an. „Jedenfalls ist es eines 
der oollendesten, wenn nicht das oollendetste Skulpturmerk jenes 
Jahrhunderts und wurde oon einem allerersten Künstler geschaffen.“ 
Comparetti denkt, ohne den Hrchäologen die Cösung der Mrage 
nach dem tlamen des Bildhauers oorwegnehmen zu wollen, an 
Cysippos. Das Bild der Kassandra läßt deutlich noch die Spuren 
der jener Priesterin in beiden genannten Tragödien zuerteilten 
Attribute erkennen. Vor einem mit tömenfüßen geschmückten, 
darum dem delphischen Gotte (Apollo) geheiligten Dreifuß, den 
die Migur auf einer Platte in der tinken hielt, hatte sie die wollene 
Priesterbinde und ein torbeerreis (das Szepter) niedergelegt und 
war in eben dem llloment dargestellt, wo sie, mit der Rechten, zu 
jenen priesterlichen Attributen einen torbeerkranz, den sie getragen 
hatte, hinzufügte, indem sie auch diesen dem Gotte zurückgab. 
War sie doch aus der trojanischen Beute dem Agamemnon zuge 
teilt morden und hatte ihm als Sklauin nach Hlykene zu folgen, 
wo ihr ebenso wie jenem der Tod durch Klytämnestra und Aegisth 
beuorstand. 
(Ein neuer Utenschenfund aus der Diluoialzeit.) 
Mrankreich, insbesondere die Dordogne an der Westrampe des 
Hochplateaus der Auuergne, ist die klassische Stätte der prä 
historischen Kultur. Ganz namhafte Ausbeute hat oon jeher die 
Gegend uon Ces Eyzies im tief eingeschniftenen Tale der Vezere 
geliefert, und wieder kann aus dieser Gegend ein Aufsehen er 
regender Mund gemeldet werden, nämlich ein oollständig erhaltenes 
Skelett aus der Ulonsterien-Periode des Paläolithikums Bei £a 
Merrassie nämlich haben die französischen Morscher Dr. Capitan 
und Peyrony, ein tehrer in Eyzies, einen sogenannten Abri sous 
röche untersucht und dabei in einer Tiefe uon fast dreieinhalb 
llletern in einer gänzlich unberührten Schicht ein menschliches 
Skelett, einen sogenannten liegenden Hocker, gefunden, den sie 
mit großer Sorgfalt zunächst bloßlegten, photographierten und 
dann mit Beobachtung aller Vorsichtsmaßregeln aushoben, um ihn 
zu konseroieren und im Pariser Utuseum auszustellen. Bei der
	        
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