Zentralblatt für Sammler, Oebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Horbert ehrlich und J. Hans Prosl.
2. Jahrgang.
Wien, 1. Juni 1910.
Hummer 11.
Jägerei.
Vom Kustos Dr. Alois Karpf (Wien).
ist zu bemerken, dal) diesen Worten die (Er
innerung an zwei Bilderreihen zu Grunde liegt,
welche an den Cängswänden des Korridors eines
nunmehr demolierten Schlojjanbaues oorüber-
gehend angebracht roaren.
Die erste Reihe bestand aus Illustrationen
non der Art der Titelbilder für klassische Philo
logie, ITledizin und ITlilitaria non den bei V.
Eytelhuber in Wien erschienenen Antiquariats-
katalogen. Cs rnar eine Serie non Bildern, die
auf die einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen
und die Kunsttheorien Bezug hatten und derart
angeordnef waren, dafj den historisch-philalo
gisch-philosophischen Disziplinen mit ihren An
wendungen, die mathematisch - naturwissen
schaftlichen mit ihren Anwendungen folgten.
Die zweite Serie war auf der gegenüberliegenden Wand
der ersten Seite korrespondierend angebracht. Diese zweite
Serie enthielt Bilder und Rotizen über die Jägerei.
Bei meinem Rundgang durch die gegenwärtige Jagd
ausstellung wurde ich des öfteren an diese Zusammen
stellung erinnert; ja schon bei dem Anblick der Besucher
mufjte ich an die der Disziplin „Anthropologie“ korre
spondierend angebrachten Porträte non Jagdschriffstellern,
Berufsjägern und Jagdliebhabern denken, Von den Ant
iken der Besucher schienen mir die der Jagdliebhaber,
besonders derjenigen, welche unter ihren Trophäen Rari
täten ausgestellt hatten, am freudigststrahlenden. Im
übrigen wird wohl kaum ein Besucher behaupten können,
in dieser Ausstellung nichts Reues, nichts Schönes oder
Rütjliches durch Schauen kennen gelernt zu haben. Ob er
aber auch fruchtbar ordnend schauen gelernt hat?
Bei der Erinnerung an den Unterschied der Empfin
dungen eines lllenschen, der nie eine Jagd mitgemacht
hat, bei dem also der persönliche Impuls fehlt, und der
Empfindungen unserer Jagdliebhaber flogen meine Gedanken
zu dem Platte der oerschwundenen Korridormände. Dort
waren ja der „Eiteratur“ korrespondierend nebst anderem
einige Bilder oon Schnorr non EaraIsfeld angebracht.
Der Abschied Siegfrieds non Kriemhilden, der Auszug zur
Jagd, die Jagd im Odenwald usw. bis zum Bild der tief-
traurigen Rückkehr non der Jagd. Darunter war in Sim-
rock’s Überse^ung „Wie Siegfried erschlagen ward“.
Behufs Einladung zu Beziehungen auf die „Geschichte“
Habsburgica, waren die Reproduktion eines Holzschnittes
non Schauffelin „Kaiser ITlaxmilian als Jäger“, aus
dem „Theuerdank“ und das Prospektbild „Unser Kaiser“ für
den illustrierten österreichischen Weckstimmen-Kalender 1892
angebracht.
Der „Kulturgeschichte“, Spiele, korrespondierend fanden
sich einige Blätter mit Jagdfiguren oam Puppenspieltheater
aus dem Engelbrechtschen Verlag in Rürnberg.
Der „Ehronologie“ gegenüber sollten das Bildnis des
Xenophon (f 354 n. Chr.) und die Aufzählung der Werke,
zunächst des ihm zugeschriebenen Buches non der Jagd,
dann des flaoius Arrianus 136 n. Ehr., Statthalter oon
Kappadokien, des Werkes yw^yerixa oon Oppianus aus
der Zeit des Kaisers Garacalla (f 217 n. Chr.) usw. zum
chronologisch und wohl auch synchronistisch Schauen
lernen die Anregung geben.
für die Beziehungen auf die „Ethnographie“ waren
die Bilder: Vogeljagd der alten Ägypter, Wandgemälde aus
den Gräbern der XII. Dynastie, eine in fast allen Dörfern
der Bihe'nos anzufreffende Jagdtrophäe, „Buschmänner auf
der Straufjenjagd“, nach einer Bildertafel ferd. Hirts, „Der
fang einer Seekuh in Reu-Kaledonien“ aus Schweiger
llerchenfeld „Von Ozean zu Ozean“ und ein Tiroler Gems
jäger angebracht.
Der „Jagdliteratur“ gegenüber befanden sich unter
anderem einige Kupfertafeln über das Jagdwesen aus
Diderots Encyclopedie 1751—65.
Der griechischen „Ulythologie“ entsprachen die Abbil
dungen der Artemis und des IReleagros mit den Tafeln 6 (8)
und 9 a, 4. fortsetjimg, aus dem Werk „Stammfafeln der
Götter und Heroen“ nach Apollodor’s IRythologischer
Bibliothek.
für die „Theologie“, Hagiologie fungierte die Ab
bildung des Glasfensters oon 111. Ch. Desgranges „Ca le
gende de Saint-Hubert“.
Der „Cogik“ gegenüber befanden sich zunächst behufs
Anregung zu der Gedankenoperafion des Vergleichens,
also des Aufsuchens der bemerkenswerten Übereinstim-