Rümmer 13
Internationale Sammler-Zeitung.
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ihrer Beziehungen zu Bade sich zurückhielt, hatte bereits im lTlai-
lieft die Erklärung abgegeben, dafj die Herausgeber die feste
Überzeugung geraonnen haben, die Flora sei durchaus das Werk
des Richard Cuckle Lucas. Im Juniheft ueräffentlicht sie nun
„Affidauitsbeschworene Aussagen, des 1828 geborenen Sohnes
tucos, des Hlbrecht Dürer Cucas, der seinen Vater täglich an der
Flora — Tonmodell, Gipsabguß, Wachsmischung — arbeiten sah
und bei Dielen Hantierungen eifrig mit tätig mar. Den Gipsabguß
hat Cucas jjohn allein gemacht. Thomas Whitburn bestätigt,
ebenfalls in beschworenem flffidaoif, einige der Behauptungen des
Cucas Sohn, soweit er daoan meifp Gegenüber diesen lebenden
Zeugen ist jeder Versuch, die Flora für eine frühere Zeit zu reffen,
wohl nutjlas.
(Eine Cocke Goethes zu uerkaufen!) ln den moskauer
Blättern befindet sich folgende Anzeige: „Welcher reiche ITlann würde
eine Cocke des berühmten Dichters Goethe kaufen? Diese Cocke
hat Goethe Ihrer ITlnjestäf der Königin ITlarie geschenkt. Die Königin
hat sie oor ihrem Tode in andere Hände übergeben und im fahre
1804 ein Siegel angelegt.“ Um den Kauf auch Unbemittelten zu
gänglich zu machen, ist der glückliche Besitzer bereit, die Haare
auch einzeln zu uerkaufen.
(Eine ausgegrabene Stadt.) Die Ausgrabungen in Ostia
erregen gegenwärtig in Italien das gröfjte Interesse. Vor einigen
Tagen wurden sie Dom König, oon mehreren ministem und oom
Bürgermeister der Stadt Rom besichtigt. Professor Cuciani, der
den König begleitete, hat einem ITlitarbeiter der Tribuna über das,
was bisher zutage gefördert wurde, sehr interessante ITlitteilungen
gemacht: „Ich glaube“, sagte er, „dafj unter den uielen Entdeckungen,
die uns die lebten fahre gebracht haben, die uon Ostia die aller
wichtigsten sind. Es handelt sich hier um nichts weniger als um I
eine ganze Stadt, die ans Cicht gebracht wurde, um eine nach
einem einheitlichen Plane und nach den Entwürfen eines einzigen |
Architekten gebaute Stadt. Die Entstehung dieser Stadt dürfte in j
das zweite fahrhunderf des Kaiserreiches fallen Ulan kann wohl
sagen, daf3 die Stadt auf Befehl des Kaisers Hadrian gebaut
worden ist und zwar über der alten republikanischen Stadt. Über
den Strafjen und über den Plätjen, die der Republik ihre Ent
stehung oerdankten, erheben sich neue Strafjen und neue Plätje,
deren Anlage auf Befehl des Kaisers geschah. Alan muijte das
llineau der Stadt heben, weil sie sonst oom Tiberstrom überflutet
worden wäre. Zeichen der beiden uerschiedenen Epochen sind
noch oorhanden, oor allem Inschriften aus der republikanischen
Zeit. Die neue Stadt ist nach einem höchst einfachen Plane gebaut,
man könnte sagen, nach dem Typus üieler moderner, besonders
amerikanischer Städte. Alle Strafjen und Plaije sind rechtwinkelig
angelegt. Die Strafjen sind schön und breit; es gibt Strafjen oon
20 llfeter Breite.
((literarische Kuriosa.) nachdem in letjter Zeit mehr
fach oon Gedichten und Erzählungen die Rede gewesen ist, deren
Verfasser kein r gebrauchten, hat ein Berliner Bibliophile eine
Anzahl anderer literarischer Kuriosa zusammengesfellt und uns
mitgeteilt, Cape de Vega hat einen Zyklus Ifouellen geschrieben,
oon denen die erste kein a, die zweite kein e, die dritte kein i,
die oierte kein o, die fünfte kein u enthielt. Caecilus Frey, ein
deutscher Arzt, der 1631 in Paris starb, hinterliefj ein lateinisches
Loblied auf Gaston uon Orleans, worin jedes Wort mit G anfängt.
Von ihm rührt eins auf ITlaria uon ITtedici her, in dem jedes Wart
mit m, oon einem Adookaten in Dreux eins auf die heilige Cecilie,
in der jedes mit C beginnt.
(Eine Wiederbelebung der farbig behandelten Holz-
schnitjereien) wie sic in Sachsen im 15. fahrhunderf blühte,
bezwecken zwei Wettbewerbe, die die sächsische Landesstelle
für Kunstgewerbe mit Unterstützung des ITtinisteriums des Innern
und des euangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums ausschreibt.
Verlangt wird die Ergänzung zweier Altäre zu Höckendorf und zu
Dippoldiswalde Der spätgotische Altar der Kirche uon Höcken
dorf soll einen neuen Aufbau erhalten, für den die jefjt im Dresdner
Kunstgewerbemuseum ausgestellten alten Heiligenfiguren und
kleinen Engelsgestalten zu oerwenden sind; der zu ergänzende
Altar oon Dippoldiswalde, der nur in Resten erhalten ist, stammt
aus der ersten Zeit der Renaissance. „Die neuen Teile“, heiljt es
in den grundsätzlichen Bestimmungen des Preisausschreibens,
„sollen nicht im Stile der alten, wohl aber so gestaltet werden,
nen Ergänzungen soll man als solche erkennen. Die Ausführung
hat in derselben Technik zu geschehen, wie bei den alten Altären.“
Dem Ausgang dieses bemerkenswerten Wettbewerbes, bei dem die
Herren Geheimrat Prof. Gurlift, Prof. Gufjinann, Prof. Dülser, Prof.
Wrba und Prof. Lossow als Preisrichter tätig sind, sieht man mit
Interesse entgegen.
(Ein Album des Zugs der Tausend) oon ITlarsala
ist dieser Tage im fünfzigsten fahre nach der kühnen Landung
Garibaldis in Sizilien dem Bürgermeister oon Rom überreicht worden,
um unter den Garibaldi-Reliquien auf dem Kapitol aufbemahrt zu
werden. Dieses Album, welches die Photographien sämtlicher Teil
nehmer des denkwürdigen Zuges enthält, der die Befreiung Unter
italiens oon der bourbonischen Fremdherrschaft und die Gründung
des Königreichs Italien herbeiführte, ist kurz nach jenen Ereignissen
zusammengestellt morden und war in zwei oder drei Exemplaren
oorhanden, oon denen das in Rede stehende im ßesitje des Arztes
| Garibaldis gewesen ist. Von ihm erhielt es der preußische Konsul
in ITtessina Baron u. Lamberg, dessen Erben es an den Professor
Galli-Dunn in Siena uerkauft haben. Galli-Dunn bewahrte das
merkwürdige Erinnerungsstück einige Zeit in seiner Sammlung oon
Reliquien aus den italienischen Befreiungskämpfen, bis er sich
kürzlich entschlaf;, es dem kapitolinischen Garibaldi-lTtuseum zu
übergeben. Das Album enthält 970 Originalphotographien, die um
1860 1861 in Genua ausgeführt worden sind, und etwa 100 Photo
graphien, die Lamberg nachträglich zur Vervollständigung gesam
melt hat. Bemerkenswert sind u. a. die Bildnisse Crispis, der
damals noch einen dunklen Vollbart trug, seiner zweiten Gemahlin
Rosalie ITtontmasson im Reifrock, des Bruders Pantaleo, der sein
Kloster in Calatafimi uerliefj, um Feldkaplan der Tausend zu
werden, des riesenhaften Genuesers Schiaffino, dessen Bildnis erst
nach seinem Heldentod durch bout konische Kugeln aufgenommen
worden ist, des jungen lüenofti Garibaldi und seines Schwagers
Stefano Canzio.
(Fabriksmäljige Bilderfälschung.) Der Professor der
Kunstgeschichte an der Universität Leiden, Dr. W. Iflartin, macht
im „Bulletin uan der Oudheitkundigen Bond“ auf die Existenz einer
in Holland (wahrscheinlich im Haag) errichteten Fabrik aufmerk
sam, in welcher llachbildungen alter Gemälde, besonders Innen
räume uon Osfade und Stilleben oon Fyt, hergestellt werden.
Seitdem nämlich oor uielen, oielen fahren ein fonkheer des Tombe
im Haag den berühmten ülädchenkopf des Delffschen Vermeer für
einige Gulden gekauft hat, gilt es in weiten Kreisen der Residenz,
namentlich in solchen, in denen man die Kenntnis alter Gemälde
gepachtet zu haben glaubt, als ein feststehendes Dogma, dafj man,
wenn nur der Zufall will oder wenn man die richtige Gelegenheit
am Schopfe ergreift, für „einen Apfel und ein Ei“ einen fan Steen,
Ostade oder Fyt erwerben könne, und oon dieser fixen Idee haben
denn auch Verfälscher den entsprechenden Gebrauch gemacht, Wie
Dr. lllarfin mitteilt, sind ihm allein in den leljten Wochen ein
halbes Dutjend solcher Fälschungen zur Beurteilung uorgelegt
worden; es waren Innenräume und Stilleben, für welche per Stück
einige hundert Gulden bezahlt worden waren. Iflan kann aber auf
den ersten Blick erkennen, dafj diese Fälschungen aus einer und
derselben Fabrik stammen, die nach demselben Rezept zu arbeiten
nehmen und ansprechenden Farbenton, sie sind auf neues Holz
gemalt, dem man auf der Hinterseite durch Bestreichen mit einer
Sauce ein altertümliches Aussehen zu geben oersucht hat, wo
gegen die Fabrik — oermutlich aus Unwissenheit —- oersäumt hat,
die Ränder der oier Seiten schief zu beschneiden. Bringt man auf
die Farbe Alkohol, so uerschwindet sie in kurzer Zeit und wird
zu einem dicken Brei, während der Firnis einen eigentümlichen
I Geruch oerbreitet. Die Innenräume uon Ostade haben stets die
ebenso lächerliche, wie sinnlose Handzeichnung .WO und auf den
Stilleben kommen einige unlesbare Buchstaben oor, aus denen
man mit einiger fllühe den Hamen Fyt entziffern kann.
(Die älteste ITlumie.) Vor dem egyptischen Altertum hat
man mit uollem Recht einen gewaltigen Respekt, und namentlich
die aus jener fern zurückliegenden Zeit erhaltenen flfumien, die
sowohl lllenschen als Tiere in einem wunderbaren Zustand der
„Frische“ bis auf unsere Zeit gebracht haben, erfreuen sich einer
Verehrung, die sich bis zur Entstehung oieier Sagen und manchen
Aberglaubens gesteigert hat. Bisher roufjte man aber nicht genau,