Internationale Sammler-Zeitung.
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aus welcher Zeit die ältesten ITlumien herrühren, welche überhaupt
in den lltuseen zu finden sind. Die Qräber, in denen ITlumien
gefunden werden, reichen bis in das dritte Jahrtausend u. Chr.
zurück, aber bei den ältesten dieser Reste mußte man immer
wieder die Erfahrung machen, daf3 sie in einem Häuflein Knochen
und Staub zerfielen, sobald man sie nur oom Plaß zu bringen
nersuchte, wenn auch noch so große Vorsicht beobachtet wurde.
Danach kam man zu der Überzeugung, daß die ältesten ITlumien,
die überhaupt noch als erhalfungsfähig zu bezeichnen waren,
höchstens bis zum Jahre 1600 u. Ch. zurückdatiert werden konnten.
1n der Tat findet sich auch in dem berühmten ITluseum in Kairo
und ebenso in den großen Sammlungen oon Condon und Berlin
keine Ulumie, die älter wäre als das sogenannte üeue Reich, um
1580 u. Chr. Jm Jahre 1891 aber fand der bekannte Egypfologe
Sünders Petrie in einem geplünderten Grabe nahe der Pyramide
des Königs Snefru eine UTumie, der sowohl er selbst wie Prof.
UTaspero ein ungewöhnlich hohes Alter zuschrieb. Sie wurde
glücklich nach England gebracht und dort im ITluseum des Chirurgen
kollegiums aufgestellt. Erst jeßt ist es nun durch die Sorschungen
uon Dr. George Reisner sichergestellt worden, daß jene UTumie
aus der fünften Dynastie, d. h. ungefähr aus dem Jahre 2700
u. Chr., stammt. Sie wäre somit elf Jahrhunderte älter als jede
andere UTumie, die sich in irgendeinem ITluseum befindet, und
sogar noch fünf Jahrhunderte älter als jede andere UTumie die
überhaupt in den egyptischen Gräbern bisher entdeckt worden ist
(Ein wieder erstandenes Riesentier der Vorzeit.)
Es gehört zu den fesselndsten Aufgaben der ITaturforschung, eine
möglichst genaue Vorstellung non dem Aussehen und der Beschaf
fenheit der ausgestorbenen Tiere zu gewinnen, und das Interesse
wächst begreiflicherweise mit der Größe dieser Tiere. Die Ehrfurcht
oor der Schöpferkraft der ITatur kann kaum durch einen anderen
Eindruck so gesteigert werden, wie durch die über jedes heute
bekannte UTafj hinausreichenden Riesengestalten der Reptilien und
Säugetiere früherer, noch über die Entstehung des JTTenschen hinaus
zurückliegenden Zeiten der Erdgeschichte. Wenn wir heute schon
den Koloß eines Elefanten bewundern oder den Ceib eines Uilpferdes
oder eines Krokodils, so würden diese doch neben manchen aus
gestorbenen Geschöpfen sich nicht anders ausnehmen, als stamm
ten sie aus einer Spielzeugschachtel. Jet3f wiederum einen neuen
Giganten längst vergangener Zeiten, zunächst im Skelett und dann
auch im oollständigen Bilde seiner äußeren Gewandung wieder
hergestellt zu haben, ist das Verdienst australischer forscher. In
der Gegend des Callabonna-Sees in Südaustralien wurden oor
rund 15 Jahren in einer ausgedehnten Ablagerung eine Unzahl
oon Knochen berschiedener Tiere entdeckt, darunter (verschiedene
Arten oon ausgestarbenen Känguruhs, eines grofjen straußenartigen
Vogels und dann oor allem oon dem riesigen Diprotodon, das dem
Paläontologen in einzelnen Resten schon früher als eines der merk
würdigsten organischen Überbleibsel der Erdgeschichte bekannt
gewesen war. Wie jct3t über jeden Zweifel erwiesen worden ist,
war dieser Riese, dessen Schulterhöhe wenigstens zwei UTeter
betrug, ein Beuteltier, also oielleicht ein Vorfahr des Wombat oder
des Känguruh. Äußerlich mag es dem Wombat in ungeheurer
Vergrößerung geglichen haben, während der Kopf fast eine Ähn
lichkeit mit dem eines Tapir oermuten läßt.
ffluseen.
(Berliner Antikensammlung.) mit Genehmigung der
türkischen Regierung ist eines der heroorragendsten fundstücke
oon den leßtjährigen Grabungen in Pergamon in das Berliner
Alte UTuseum gelangt. Es ist ein kolossaler Herakleskopf aus
parischem UTarmor, der in drei Stücke zerschlagen in die byzan
tinische UTauer am Südabhang des Stadtberges uerbaut aufgefunden
wurde. Während die Grabungen in der Stadt der Jntaliden in den
leßten Jahren mehr wissenschaftliche, zur Erforschung der Stadt-
anlage wichtige Ergebnisse lieferten als funde oon Skulpturen, die
für ein UTuseum geeignet mären, ist der Herakleskopf künstlerisch
um so beachtenswerter. Wie Dr. Schröder in den amtlichen Be
richten ausführt, ist, abgesehen oon der Zertrümmerung und der
etwas zerstoßenen ITasenspiße, der Erhaltungszustand recht gut.
Im Haar bemerkt man Reste rotbrauner Bemalung. Der Kopf
gehörte zu einer Statue, deren Aussehen aus seinem Charakter
noch zu erschließen ist. Herakles ist kurzhaarig, bärtig dargestellt,
mit einem Antliß oon gewaltig beweglen formen. Die Stirn ist
i stark modelliert, die Hase springt weit aus den tiefen Augenhöhlen
• heruor, der UTund mit den Dollen tippen ist ein wenig geöffnet,
j Der Blick der Augen ist aufwärts gerichtet und der Ausdruck oon
einer schönen Schwärmerei beseelt. Der Kopf ist ein gutes Beispiel
j aus der langen Reihe künstlerischer Versuche, den Helden nicht
mehr als UTuster körperlicher Kraft darzustellen, sondern auch
seinen Charakter zu erfassen und ihn in einer Gemütsbewegung
miederzugeben.
(museumsdiebsfahl.) Aus Paris wird uns gemeldet:
Im UTuseum oon Cannes wurde eine „Heilige familie“ oon Carlo
Dolci gestohlen, die Baron Edmond Rothschild der Stadt ge
stiftet hatte.
(Das neue UTuseum oon UTessina.) Während uiele
Kunstschäße noch in den Trümmern oon UTessina der Wieder
erweckung harren, hat man bereits ein neues UTuseum in Aussicht
genommen, das sechsmal größer sein wird, als das frühere und
alle geretteten Kunstwerke aufnehmen soll. Professor Salinas,
der mit der Rettung und Bergung der Werke des zusammengestürz
ten UTuseums beschäftigt ist, hat für das neue UTuseum das
alte Kloster oon Saloatore dei Greci ausgewählt, das dem Staate
gehört und sich in prächtiger Tage, über die UTeerenge oon UTessina
hinblickend, erhebt. Die Rettungsarbeiten werden eifrig gefördert;
die erste Sorge Salinas' hat dem berühmten Triptychon des Anta-
nello da UTessina gegolten, das unter den Schutfmassen aufgefun
den wurde. Das herrliche Werk ist in seinem mittleren Teile gut
erhalten, aber an den Seiten beschädigt. Vorläufig ist dieses
heroorragende Denkmal frühitalienischer UTalerei im ITluseum oon
Palermo untergebracht, oon wo es dann nach dem neuen ITluseum
überführt werden wird. Außerdem sind sieben Kisten mit Silber
sachen und anderen kostbaren kunstgewerblichen Gegenständen
gerettet morden, die oorläufig im Palais des Erzbischofs aubemahrt
werden. Bald nach dem Erdbeben errichtete man in dem Garten
des UTuseums eine Baracke, wo unter sicherem Schuß die meisten
Kunstwerke untergebracht sind, die man aus den Ruinen wieder
heroorgezogen. Doch sind etwa 400 Gemälde nach der Kirche oon
Allemanda und nach anderen Orten transportiert morden. Im
ganzen hat bisher die Summe oon 80.000 Tire für die wichtigsten
Wiederherstellungs- und Bergungsarbeiten genügt. Intensioe mei-
I tere Arbeit galt der Kathedrale, die so uiele Ulcisferwerke der
Kunst besaß. Einen Teil der Ularinorbekleidung des Gotteshauses
aus dem 14. Jahrhundert hat man gerettet. Ulan hat die Verklei
dung der Estrade der Apsis wiederhergestellt, um die UTosaiken
des Inneren und das prächtige Chorgestühl des 15. Jahrhunderts
zu erhalten, die unoersehrf geblieben sind. Jeßt will man weiter
fortschreiten zu einer feilweisen Wiederherstellung der Kathedrale,
um die Erhaltung aller der Werke zu sichern, die noch oorhanden
sind, besonders des berühmten Ciboriums aus (vergoldeter Bronze
und kostbaren Steinen und der UTosaiken der Apsis. Die Kirche
Santa Ular a, die die Krypta der Kathedrale bildet, ist gestiißt
morden, da sie durch den Einsturz der Kathedrale sehr geschädigt
mar. Der kostbare Kirchenschaß aus der Kathedrale ist gerettet
worden und befindet sich jeßt im Palais des Erzbischofs. Um
jeden Diebstahl zu (verhindern, ist die Kathedrale mit einem Gitter
umgeben morden und wird sorgfältig bewacht.
Uom Kunstmarkte.
(Sensations-Auktionen in Wien.) Die nächste Auktions
saison bringt auch für Wien zwei große Sensationen. Die firma
Gilhofer & Ranschburg wurde nämlich mit der Versteigerung
oon zwei hcroorragenden Abteilungen der Sammlungen des Barons
Tanna in Prag, der Aquarelle und Handzeichnungen österreichischer
Künstler, und der alten Drucke und UTanuskripte, betraut. Unter
den Aquarellen befinden sich, wie mir oernehmen, heroorragende,
bisher unbekannte Arbeiten oon Rudolf oon Alt, ?emdi, Petten
hofen, Ranffl, Agricola etc. Unter den Drucken sind sehr be
deutende Inkunabeln und Holzschnittwerke des 15. und 16. Jahr
hunderts, unter den Handschriften erstklassige Spezimina oon
Livres d teures des 14. und 15. Jahrhunderts oertreten. Die
Auktion der Aquarelle ist für Ende Oktober, die der anderen
Objekte für den April 1911 in Aussicht genommen.
(Hclbingsche Kunstauktion in Tuzern.) Am 4. Juli
beginnt in Tuzern unter Ceitung des Kunsthändlers und gerichtl.
oereid. Sachoerständigen Hugo Helbing in UTünchen die Verstei
gerung der 1. Hälfte der Sammlung J. Bossard. Illehr als ein