Hummer 14.
Internationale Sammler- Zeitung.
Seite 219.
gehender zu befassen, und sein öeld in Briefmarken anzulegen,
die nach flblauf eines Jahres aff um 50 Prozent billiger zu
ermerbcn sind, als am Tage Ihrer ersten Ausgabe am Postschaltcr.
öeht man miede rum den Ursachen dieser „Heuheiten-Epidemic“
nach, so kommt man langsam, aber sicher zur Überzeugung, daß
diese betreffenden Staaten die Philatelie dazu benützen, um das
heimische Post-Budget, dem man mahrscheinlich mit den regulären
Einnahmen nicht gerecht roerden kann, auf diese nicht sehr ein-
mandfreie Art oor einem Defizit zu bemahren. Zu diesem Zroecke
merden Perträge mit großen Händlern des Auslandes abgeschlossen,
die ganze Emissionen aufkaufen und durch das Zurückhalten der
selben die Preise unglaublich in d e Hohe Ireiben. Genau dasselbe
gilt für die marken gewisser siidamerikanischer Repub 1 iken,
deren Vorgehen allzu rasch lTachahmung in Europa gefunden hat.
Ceider stehen die Sammler dieser Erscheinung machtlos gegenüber
und müssen unerbittlich den Strom non fleuheiten über sich ergehen
lassen. Ganz übersehen kann man letztere freilich nicht, weil sie
regelrecht postalisch Verwendung fin en und in die Alben aufge
nommen sind. So sieht sich der Sammler genötigt, entweder
Cücken in seine Kollektion einreißen zu lassen oder dieselbe mit
Produkten der Spekulation in fast oollsfändig wertloser Weise
auszufüllen. — Heuesfens geht uon England, dem ITtutlerlande der
Philatelie, eine Strömung aus, die dahin gerichtet ist, sich ein
gehender mit „Übersee“ zu befassen, was allerdings durch den
großen Kolonialbesiß des Königreichs gerechtfertigt ist. Außerdem
ergibt sich mit der Zeit bei der stetig zunehmenden Zahl uon
Sammlern ein minus an alteuropäischen IHarken, so dafj der
Sammler genötigt wird, seine Aufmerksamkeit auch den Cändern
zuzumenden, die er bisher unbeachtet gelassen hat. Wir denken
da speziell an die Republiken Zentral- und Südamerikas und die
indischen Raubstaafen, ein Umstand, der gewiß uon den Händlern
freudig begrübt werden wird, E. D.
Porzellan.
(Straßburger Porzellan.) meißner und Seuresporzellan
kennt man wohl, aber uon Straßburger Porzellan hat man in
weiteren Kreisen bislang kaum etwas gehört und doch hat es in der
JTUinsferstadt einst eine Porzellanfabrikation gegeben und sie hat
sogar auf ziemlich bedeutender künstlerischer Höhe gestanden.
Paul und Josef Hannong, Vater und Sohn, waren die Vertreter
der jungen Kimstindustrie im Elsaß, und der erste dokumentarische
Beleg für ihre Tätigkeit stammt aus dem Jahre 1745, wo Hannong
Vater um die Erlaubnis zur Erbauung einer Glasurmühle bei der
französischen Regierung einkam. Die zuständigen Behörden befür
worteten sein Gesuch und fügten hinzu, daß er „mit der Gnade
Gottes noch weiteres zu bringen oerhoffe, ja gar das durchsichtige
porcellain zu wege zu bringen oermeine, wenn ihm der Plaß für
die llJühle, die er, um die materialien zu gedachtem porcellain
darauff zu mahlen, höchst nötig habe“. Seine Fabrikationsfähig-
keit hatte dann aber oiel Hinderung zu erleiden - da die fran
zösische Regierung die Vorzüglichkeit seiner Erzeugnisse nicht oer-
kanntc und alsbald Schritte tat, die ITlanufaktur in Seures gegen
die „ausländische“ Konkurrenz zu Schüßen. Schon im Februar
1754 kam an Hannong das Verbot des Königs, Porzellan zu fabri
zieren und zugleich der Befehl, seinen Ofen binnen 14 Tagen ab
zubrechen! Über den Umfang der Hannongschen Fabrikation ist
heute Genaueres nicht festzustellen, doch ist er gewiß nicht un
bedeutend gewesen. Die schönsten Stücke bewahrt das Straßburger
Kunstgewerbemuseum auf und unter ihnen fällt besonders eine
Deckelterrine mit Untersaßplatte auf Auch die bayrischen Schlösser
bewahren eine Anzahl Porzellane auf, bei denen die Ausführung
und die Farbengebung keinen Zweifel daran läßt, daß sie uon
Hannong in Straßburg hergestellt wurden. Ilach ihm seßte sein
Sohn Josef die Porzellanfabrikation fort. Er begann, nachdem
1765 das ITlonopol uon Seures auf gegeben morden war und stel te
in den folgenden Jahren nicht weniger als 3600 HJassen her, deren
jede er in zehn uerschiedenen Bränden erprobte. Das heißt also,
seine späteren Ergebnisse beruhten auf 56,000 Experimenten. Als
Josef Hannong soweit war, seine ITlagazine zu öffnen, dekretierte
man in Paris, daß bei der Einführung Zoll zu zahlen sei. Da
dieser Zoll nach Gewicht und nicht nach Qualität berechnet wurde,
so war Josef Hannong oollsfändig aufs Trockene geseßt. Er ließ
nichts unoersucht, um sich über Wasser zu halten, und fand auch
in dem Kardinal de Rohart einen Geldgeber. Aber er konnte doch
nicht oerhüten, daß seine Fabrik schließlich Bankerott machte. Die
in den ITlagazinen aufgestapelten, zum Versand fertigen Porzellane
repräsentierten allein in Straßburg annähernd 16.000 Times Das
Hauptstück der erhaltenen Porzellane ist eine ruhende Venus, die
auch ihrerseits wieder einen Beweis für die hohe Kunst der bei
Hannong tätigen HJodelleure ist.
Uersrhiedenes.
(Römischer Fund in Cinz.) Jn Hinz wurde bei einer Erd
aushebung an der Böschung des Römerberges gegen den Tiefen
Graben ein interessanter römischer Fund gemacht, der auch um
seines Kunstwertes willen merkwürdig ist. Es handelt sich um
eine reich skulpfierte Vase aus weißem HJarmor oon etwas üßer
18 cm Höhe, die bis auf den fehlenden Fuß und eine kleine Be
schädigung am Rande der Uliindung tadellos erhalten ist. Den
Ü ergang zwischen dem leicht eingezogenen Hals und dem bau
chigen Körper des Gefäßes, den sonst die Henkel markieren, oer-
mitteln hier zwei oollrund gearbeitete Widderköpfe oon sehr schöner
Ausführung. Von den gew udenen Hörnern der Widder hängt auf
den beiden Seiten der Gefäßwand je eine mit den bekannten
wollenen Opferbinden ;vittae) umwundene Girlande serta) herab,
die hier aus Feigen und Feigenblättern besteht und in der mitte
je eine rosettenförmige Blüte aufmeisf. Die freiflatternden Enden
der Opferbinden sind oortrefflich zur Füllung des Raumes uermendet.
lim den Hals der Vase, der sich mit einer schmalen Kante gegen
den Gefäßkörper abseßf, schmiegt sich in schwachem Relief ein
lorbeerzweig mit Früchten oon schöner Weichheit der Arbeit. Von
unten strebt am Vasenkörper ein dichter, steiler Corbeerkranz
empor (ein für diesen Teil des Gefäßes charakteristisches, auch
aus der griechischen Vasenmalerei bekanntes Schmuekmofiü); auch
hier hat der Bildhauer das Spröde und Knittrige der Corbeer-
blätter trefflich zu charakterisieren uerstanden. Bezeichnend für
die römische marmorarbeit ist die häufige Anwendung des Hand
bohrers, mit dem nicht nur die Augen, Ohren und Stirnlocken der
Widder eingetieft sind, sondern der auch an den Rändern der
Blätter und Blüten zur Erzielung der uon Wickhoff sogenannten
„illusionistischen“ Schattenwirkungen zur Anwendung kam. Der
Plaß, wo dieser schönste bisher in Cinz gehobene römische Fund
gemacht wurde, liegt in der nächsten nähe des e. st,rum (der
heutigen Schloßkaserne); die Erheblichkeit des Fundes gibt zu
weiteren Hachforschungen Anlaß. Die Vase selbst gelangte in den
Besiß des dortigen ITluseums Francisco Carolinum.
(Die Hauserschen Dilüoialfunde.) Den paläolithischen
Skelettfund, den 0. Hauser am 26. August 1900 in der Höhe der
Station Co mbe-Capelle bei ITlontferrand in Perigord aufdeckte
und der jeßt für das Berliner ITluseum für Völkerkunde erworben
wurde, bestimmt soeben Professor Dr. H. Klaatsch in der Prä
historischen Zeitschrift. Das Skelettmaterial ergibt die Vorstellung
eines kräftigen männlichen Jndiuiduums, dessen Eigenart als typisch
für den Vertreter einer bestimmten Rasse gelten darf. Der Homo
Aurignacensis Hauseri besißt eine nicht sehr große Körperhöhe.
Jn dem lllißuerhältnis des relatiu kurzen Oberschenkels zu dem
langen Unterschenkel liegt einer seiner charakteristischen Züge und
zugleich ein frappanter Unterschied uom Heandertaltypus. Diese
Differenz wirkt um so überraschender, als in den absoluten und
relatiucn maßen der Cänge des Armes und seiner Abschnitte die
beiden fossilen ITlenschenformen nicht wesentlich uon einander uer-
schieden sind; auch dürfte ihre Stehhöhe annähernd die gleiche
gewesen sein. Gegenüber den anderen paläolithischen Funden zeigt
der Homo Aurignacensis darin uielmehr gemäßigte Proportionen;
das Verhältnis seiner Stehhöhe zur Kopfgröße wird mehr dem