nummer 14
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 217
macht, nicht etwa nur ein Autogramm, sondern einige besondere
Bemerkungen, die sich auf das Werk oder auf den Verfasser be
ziehen Von Jugend auf hat sich young mit diesem Plan beschäftigt.
Er ist oicl gereist, hat fast alle großen Bibliotheken Europas besucht
und dabei gefunden, daß in den meisten Biichersammlungen der
Ehrgeiz in dem Wunsche gipfelt, möglichst niele Bände zu besitzen.
Im Gegensaß dazu mailte er eine Bibliothek begründen, deren
Endziel nicht in einer großen Zahl, sondern in einem möglichst
hohen Wert der einzelnen Bücher bestehen sollte, und daraus ent
stand auch der Gedanke, uon jedem Autor eine handschriftliche
Eintragung in das Buch zu uerlangen. Erst im Jahre 1891, so be
richtet lAarie Anne de Bauet in einem englischen Blatte, konnte
young dazu schreiten, seine Absicht in die Wirklichkeit umzusetjen.
Er stieß anfangs auf große Schmierigkeiten, man hielt ihn für einen
Autographenjäger, mit der Zeit aber begann sich eine Reihe
uon Gelehrten und non berühmten Schriftstellern für die Sammlung
zu interessieren, die Bibliothek muchs an, schließlich mußte young
den Büchern ein ganzes Haus in lllinneapolis einräumen, und heute
ist die Arbeit bereits so gemaltig angemachsen, daß der Biblio
thekar mit seinen acht Assistenten ihr kaum gerecht roerden kann,
ln den Hauptstädten aller Tänder hat young seine Agenten, und
unter der Förderung der akademischen Kreise Amerikas ist heute
eine Weltbibliothek uon uielen hunderttausend Bänden zusammen.
Die Autoren, die in die Bibliothek aufgenommen werden sollen,
erhalten zunächst ein Zirkular, in dem ihnen Zweck und Wesen
des Unternehmens dargelegt roird. Stimmt der Verfasser zu, so
kauft der Agent der Bibliothek die Bände, gemöhnlich roird die
erste Ausgabe gesucht, roenn möglich eine Tuxusausgabe. Die
Bücher gehen an den Autor, der seine Eintragung macht, worauf
die Werke der Sammlung einoerleibt merden. „Die Eintragung
muß charakteristisch sein und durch irgend eine Art mit der Per
sönlichkeit des Verfassers oerknüpft sein. Am besten sind Bemer
kungen über das betreffende Werk.“ young roird ooraussichtlich
seine Büchersammlung einer der großen amerikanischen Unioersi-
täten oermachen. Ulan hat ihm bereits oorgeschlagen, die Kollektion
der Kongreßbibliothek in Washington zu überweisen, roo sie mit
angemessenen Beschränkungen der Wissenschaft und der Öffent
lichkeit zugänglich gemacht roerden soll.
Bilder.
(Unbekannte oan Dycks in Amerika.) ln amerikanischen
Sammlungen befindet sich eine Reihe oon ?rühroerken Anton oan
Dycks, die, rnie Dr. W. Valentiner oom llero-yorker ITlefrapolitan-
niuseum in der „Zeitschrift für bildende Kunst“ mitteilt, der Kunst
forschung bisher entgangen untren. Voran stehen zroei Bilder aus
den Apostelfolgen, die der Künstler mit 16 Jahren schuf, Brust
bilder, welche die ITtänner wie Schauspieler auffassen, die in ge
wagten Drehungen mit ausladenden Gesten posieren, mit kühn
umgeroorfenen Draperien und in wallenden Haaren und Bärten.
Jm Zusammenhang mit der Apostelfolge steht der Studienkopf
eines alten Alannes (aus der Sammlung Johnson in Philadelphia),
den der Künstler für den Petrus im Berliner Kaiser friedrich-
lAuseum oerroerfete ln der gleichen Sammlung befindet sich die
klagende AJagdalena, in der der junge Künstler seine roeltschmerz-
liche Stimmung oöllig zum Ausdruck bringt. Da treten die Cltarak-
ferzüge des Kleisters besonders deutlich heroor, die Begeisterung
und die Sinnenfreude, die lAelancholie und die Sensibilität, die sich
in dem unruhigen, die Gestalt umkreisenden finiengeroirr aus-
drücken. Im Typus sucht oan Dyck an Üppigkeit der formen
Rubens noch zu überfreffen, roenn er auch nicht die robuste Sinnen
freude seines Vorbildes hat. Jm nero yorker ITluseum befindet
sich das bisher sehr zu Unrecht als Schulmerk bezeichnete Bildnis
einer Dame oon sprühender Technik, lieben diesen Werken oor
1620 finden sich drei seiner schönsten Bildnisse, die aus der leßfen
Periode oor dem italienischen Aufenthalt stammen, die Porträts des
Ulalers franz Snyders und seiner frau (in der Ilero yorker Samm
lung frick) und das Damenbildnis bei Johnson. Besonders das
Snyders-Porträt, das der Künstler dann für das bekannte Kasseler
i Doppelbildnis oerarbeitete, ist ein ITleisterroerk, in das oan Dyck
[ ein gut Teil seines eigenen Wesens legt. Denn man würde schwerlich
j den nialer brutaler Tierkämpfe und üppiger fleischauslagen hinter
dieser hageren Gestalt mit dem melancholischen Blick und der
neroösen Silhouette oermuten. Auf oenezianische Töne gestimmt
ist das frauenbildnis, das die Dargesfellte in einem oon warmem
nachmittagslicht erfüllten Raume zeigt und oon dem Künstler 1662
nach dem Tode seines Vaters in Antwerpen gemalt wurde. Dicht
roeniger als 36 Werke oan Dycks befinden sich zur Zeit in ameri
kanischem Besiß, besonders solche aus seiner Genueser Zeit, die
aus dem Palazzo Eattaneo in Genua in die Sammlung Widener in
Philadelphia übergingen, und sechs weitere sind im Ilero yorker
Kunsthandel.
(Der umstrittene oan der Goes.) Der Streit um das
Gemälde oan der Goes', das den Äskulapbrüdern uon lllonforte
um den Preis oon 1,265 000 Pesetas für das Berliner ITluseum
abgekauft wurde, dauert fort. Wie aus ITladrid gemeldet wird,
hat der Unterrichtsminister erklärt, die Regierung werde jeßt unter
keinen Umständen die Ausfuhr des Bildes gestatten. Die Regierung
will sich inzwischen Dokumente oerschafft haben, durch die sie
ihr Verfügungsrecht über das Bild begründen will.
(Alte Wandmalereien.) lllan schreibt der „Züricher Ztg.“:
Als am 20. Juni 1909 die Antiquarische Gesellschaft die historischen
Stätten der Gemeinde Töß besuchte, wurde sie im Bläsihof auf
die in der dortigen ehemaligen Kapelle oorhandenen Reste oan
fresken aufmerksam gemacht. Seither hat der auf diesem Gebiete
wohlbewanderte Herr Ehr. Schmidt, Dekorationsmaler in Zürich,
die in Betracht fallenden Wände oon der Tünche befreit, und es
sind dabei eine Reihe, zum Teil gut erhaltene Wandmalereien zum
Vorschein gekommen. Die besten Arbeiten, die in Zeichnung und
färbe beachtenswerte Teistungen sind, befinden sich am Eharbogen,
wo die klugen und die törichten Jungfrauen, aus gotischen Blumen
entwickelt, dargestellt sind. Die neun Bilder an den Wänden des
Thors führen die Teidensgeschichte des heiligen Blasius, des Schuß
patrons der Kapelle, oor. Einige Darstellungen sind stark uer-
dorben; in diesem Zustande befanden sie sich jedenfalls schon
oor der Weißelung, die längere Zeit nach der Aufhebung der Kapelle
erfolgt sein muß. Die ülalereien stammen aus dem Anfänge des
16. Jahrhunderts. Das kleine Gotteshaus ist alt; es wird schon
im Jahre 1255 erwähnt. Jm Jahre 1570 wurde es samt den Gütern
und Einkünften dem Kloster Töß inkorporiert. Die Reformation
entfremdete die Kapelle ihrem ursprünglichen Zwecke, indem sie
aufgehoben und als Speicher oerwendet wurde. Jm Jahre 1894
mußte ein Teil des Schiffes einem Wohnhaus Plaß machen; der
übrige Teil der Kapelle ist wenigstens in seinem obern Teile un-
uerändert geblieben
(Whitechapels Gemälde-Galerie.) Aus Tondon wird
berichtet: Seit neun Jahren besteht in Whitechapel eine Gemälde
galerie für die Ärmsten der Condoner Beoölkerung, die in dieser
Zeit einen ganz heroorragenden Einfluß sowohl nach der moralischen
als auch nach der sozialen und intellektuellen Seite ausgeübt hat,
ein Einfluß, der sich sogar nach dem Westen Tondons ausgebreitet
hat, dank dem Enthusiasmus und dem guten Geschmack uon
Charles Aifken. Der Bericht des Verroaltungsrates stellt fest, daß
im Taufe des oergangenen Arbeitsjahres fünf Ausstellungen in der
Galerie oeranstaltet wurden, die oon etwa 500.000 Personen besucht
wurden, wodurch die Gesamtsumme der Besucher seit der Eröff
nung der Galerie auf fast 5 ITlillionen gebracht wurde. Dieser
Erfolg resultiert zum großen Teil daraus, daß nicht nur auf die
künstlerischen Qualitäten der Ausstellung Rücksicht genommen
wurde, sondern daß ihnen auch eine erzieherische Tendenz unter
gelegt wurde Jn diesem Jahre z. B. gab es u. a einen festzug
uon Kindern, der Episoden aus der Geschichte Stepneys, einem
Stadtteil im Osten Tondons, darstellte und es hat sich herausge
stellt, daß durch derartige llebenoeranstaltungen der Besuch der
Gemäldeausstellungen ungemein oermehrt wurde Es gab ferner
eine Ausstellung oon Blumenbildern und eine solche oon histori
schen Gemälden Etwa 7000 Schulkinder besuchten die Galerie und
wurden oon fachleuten herumgeführt, die ihnen die Bilder erklärten
und einen ihrem Verständnisse angemessenen Vortrag hielten.
Teider stehen die Einnahmen nicht im rechten Verhältnisse zu den
Ausgaben und während der neun Jahre hat sich ein Defizit uon
etwa £ 550 angesammelt. Der Verwaltungrat fürchtet, daß die
Anzahl der Ausstellungen beschränkt roerden muß, wenn dieses
Defizit nicht beseitigt wird. Die Summe ist nicht sehr groß, be-