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Internationale Sammler-Zeitung.
Hummer 15
Chronik.
flutographen.
(Briefe uon und an Herder,) Von einem roertuollen biblio
graphischen fund roeifz das „fiterarische Echo“ zu berichten. Der
Wormser Gymnasialprofessor Bonin entdeckte im Genfer Priuat-
besitz dreihundert Briefe non und an Herder. Unter den
Adressanten befinden sich ITlathias Claudius, Georg Förster, Jean
Paul, Cenz und oor allem Goethe. Der Briefwechsel ist zmar teil-
meise schon in den 1850er Jahren oeröffentlicht morden, jedoch in
einer lückenhaften und auch sonst nicht einmandfreien Ausgabe.
Seither galten die Originale der Briefe als nerschollen.
(Cin Rembrandf-Brief.) Im Hem Storker Kunsthandel ist
soeben ein eigenhändiges längeres Schreiben Rembrandts auf
getaucht, das an den holländischen Dichter Konstantin Huygens,
den Sekretär der Prinzen uon Oranien, gerichtet ist Das Schrift
stück, das seit 1871 nerschollen mar, ist in ein Autographenalbum
eingeklebt. Jan Veth und Dr. Valenfiner haben in dem höchst
eindrucksooll geschriebenen Dokument eine ganze Reihe kleinerer
Abweichungen uon der bisher allein bekannten Abschrift gefunden,
die der Rembrandt-Biograph Vosmaer gemacht hat. Die nächtigste
betrifft das Postskriptum, in dem Rembrandf seine Adresse nach-
trägf. Cs lautet: (Ich) rooon naest den syonaeus boereel niuroe
doel straet. Jan Veth hat daraufhin nunmehr das Haus in der
Doelenstraet, in dem Rembrandf im februar 1656 mahnte, heraus
gefunden und mird darüber demnächst ausführlicher berichten.
Bibliophilie.
(fiebermann’s „Samson und Dalila“.) fllax fieber-
manns großes Gemälde „Samson und Dalila“, das 1902 in der
Berliner Sezession Aufsehen erregte, wurde für die moderne Ab
teilung des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt a. 111. er-
morben. Das Bild ist für das technische Können fiebermann’s
ebenso charakteristisch roie für die Grenzen seiner Begabung in
bezug auf starke künstlerische Phantasie.
Bilder.
(Ci n e Bucha ussteIIung.) Alfred Georg Hartmann schreibt
dem „Tag“: Im Städtischen llluseum zu Amsterdam, mo dem
neuen Kunstgeist Hollands ein behagliches Asyl errichtet ist, rourden
dieser Tage für eine grafje nationale Buchausstellung, für die
„nationale Tentoonsfelling uan het Back“, zehn Säle geöffnet.
Ulan nennt die Ausstellung einfach „Het Boek“. Hört man den
Titel, so mahnt man sich oom Zauber schönrythmisierter Buch
deckel umfangen, lllan denkt an die hundertfältigen Zierlich
keiten einer modernen Buchkunst, mit denen nor allem Cngland
und Deutschland im letjten Jahrzehnt die Tristheit unserer Biblio
theken aufheiterten. Was indes das geschäftige und doch so
kunstoolle Amsterdam bietet, ist im Grunde mehr als gut ange-
roandte Ästhetik. Die Grenzen sind roeiter und freier abgesteckf.
Der Horizont ist offener. Ulan mandelt in der Gegenroart und
blickt gleichzeitig in den lichtuollen Bezirk früherer Jahrhunderte
zurück. Diese tockerheit des Umrisses gibt dieser Ausstellung nor
anderen Buchaussfellungen ihre Bedeutung.
Wiemeit Holland an der Crfindung der ßuchdruckerkunst
selbst beteiligt ist, ist ja eine offene frage. Sogar ITtultatuli
hat den Kampfruf „Hie Coster! Hie Gutenberg!“ als unsinnig be
zeichnet. Und die meisten sehen heute das Haarlemer-Cosfer-
Denkmal zu Unrecht in franz Halsens Hachbarschaft. Uur so oiel
ist sicher, das herrliche, meerumspülte fand hat bereits im lebten
Viertel des 15 Jahrhundertes sehr niel Köstliches gedruckt, und
der Cnschede-Saal in der gegenmärtigen Ausstellung, roo Stich
proben aus dieser frühen Zeit (bis herein in unser Jahrhundert)
ausgestellt sind, ist eine Sehensroiirdigkeit ersten Ranges, Was
ist da nicht alles an Kuriosa aufgespeichert! Heben primitioen
Druckerpressen und Seherkästen merden alte Druckstöcke und
ITlatrizen gezeigt Ulan sicht erste Delfter Drucke aus dem Jahre
1498, dann die Übersetzung des neuen Testaments non Erasmus
uon Rotterdam (Delft 1524). Und die markigen Elzeuir-fettem
und rounderuoll gezeichnete Initialen aus dem 16. Jahrhundert
entzücken das Auge ebensosehr roie die schönen alten Hach-
bildungen nach Jan uan Eyck und fukas uan feyden. Aus der
Sijthoffschen Offizin sind die weltberühmten Eodices nach griechischen
und lateinischen Klassikern ausgestellt. Weitere Glanzpunkte sind
Scheltemas und Holkemas tonschöne Reproduktionen nach
Rembrandf, Vermeer, uan Dyck, Jacob IHaris, Israels und Breitner
und Versluy’s Wiedergaben der Werke uan Gayens, Basbooms,
Roelofs’ und uan Goghs. Im Saal des Hederlandschen Pers-
museums, mo man, an die Tagung des Internationalen Verleger
kongresses anspielend, eine Sammlung alter Zeitungen saroie
Bilder heroorragender Journalisten und Verleger untergebrachf
hat, liest man E. de faboulayes Worte als feitmotiu: „Cornptez
les journaux d’un peuple, vous aurez son rang dans T doli olle de
la civil isat.ion ; c’est nn t-hermometre. cpii ne trompe jamais.“
Auch die Kunst selbst hat einen reichen Anteil an der Aus
Stellung. Vor allem soll ja der Verleger-Einband roieder mehr An
mut und Würde bekommen. Und man gibt ihm die, indem man
die Sachlichkeit des IHaterials durch die Kunst einfacher Ornamente
adelt und der Vorherrschaft ruhiger farbenharmonien das Recht
beläfjt. Gute Beispiele für diese Beroegung sind die mirklich
geschmackuall gebundenen Bibeln der Hederlandschen Bijel-Com-
pagnie. Und Bücher roie ITlax Rooses „Van Dyck“ (Elseoir-Gesell-
schaft in Amsterdam) mit seinem in Schroarz und Gold gedruckten
Cineament auf roeifj- und blauem Untergrund, und „De Bocken der
kleine Zielen“, uon fouis Couperus (Veen, Amsterdam) und Hof-
kers „Gedachten und Verbeeldingen“ (uan fooy, Amsterdam),
zeigen ihrerseits, roie die Aufzenbuchfläche durch spärlichen und
diskret angebrachten Zierschmuck angenehm belebt merden kann.
(Cecil Rhodos Cäsaren-Bibliothek.) ln den soeben bei
fangmans und Co. in fanden erschienenen Erinnerungen an Cecil
Rhode s uon Thomas full er merden einige für die Denkvueise
des „südafrikanischen Hapoleon“ sehr bezeichnende ITlitteilungen
über die Entstehung der Bibliothek gemacht, die Cecil Rhodos in
Graote Schuur bei Kapstadt zum dauernden Gebrauch für süd
afrikanische Premierminister anlegen lief]. Den Hauptbestandteil
dieser Bibliothek bildet eine Reihe uon Übersetzungen altrömischer
Geschichtsschreiber, die besonders für diesen Zroeck hergestellt
rourden. Als Rhades 1895 in England roeilfe, lief) er einen bekannten
englischen Philologen, ITlr. f. A. Humphreys, zu sich kommen
und teilte ihm mit, dal) er auf seiner Überfahrt uan Südafrika
Gibbons berühmtes Werk über den Verfall und Untergang des alten
Rom gelesen und dauan einen so starken Eindruck geroonnen habe,
dafz er wünsche, eine Bibliothek zu besitzen, die aus allen uon
Gibbon zu seinem Werke uerroerteten alten Schriftstellern bestehen
solle. Indessen sollten die Bücher alle englisch sein und deshalb,
so roeit nötig, die alten Texte ohne jede Kürzung ins Englische
üersetzf werden. Humphrey brachte auch rasch die nötige Anzahl
uon ITlitarbeitern, etwa zwanzig, zusammen, und es konnte bald
eine gröfzere Anzahl uon Bänden nach Südafrika geschickt werden;
allerdings rourden auijer den englischen Übersetzungen später auch
die Urtexte in den besten Ausgaben hinübergeschickt, um zugleich
mit den Übersetzungen benutzt werden zu können, nachdem im
ganzen einige hundert Bände hinübergeschickt waren, schlug
Humphreys eine Ergänzung des Unternehmens dadurch uar, dafz
die besten febensbeschreibungen und sonstigen Arbeiten, die in
den uerschiedensten Sprachen über die römischen Kaiser erschienen