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Internationale S a m m I e r - Z e i t u n g,
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Deue Funde in Schöngrabern.
Von Rnton Ch. de ttlailly (Wien).
Bei meinem lebten Besuche in Schöngrabern bei Oberholla
brunn murde ich durch den Konsernator Pfarrer Caurenz ebner
auf zroei bisher oon den Archäologen unbeachtet gebliebene funde
aufmerksam gemacht. Diese sind: Zroei Reliefdarstellungen
an der äußeren südlichen Cängsmauer der romanischen Kirche und
drei männliche Steinhochrelieffiguren.
Die beiden nebeneinander eingelegten Reliefs roaren bis zum
Jahre 1907 iibertünchf und ganz unkenntlich, rooher es kommt,
dafj der bekannte Altertumsforscher Dr. Hei der in seinem Werke
„Die Romanische Kirche zu Schöngrabern“ (Wien 1855) ihrer keine
Ermahnung tut. Auf dem ersten Bilde ist ein lltann (Krieger) dar-
gestellt, der sein Schroert bis zur Parierstange in den Rachen eines
milden Tieres (Eber oder Bär) hineingesteckt hat. Voran lauft ein
Jagdhund, ober dem eine plumpe Sirenen^’slalt die Harfe schlägt,
nach den „Bestiarien“ bedeutet eine Jagdszene im allgemeinen die
Bekehrung zum Christentume, roobei der Jagdhund als Bufjprediger
gilt. Demnach roäre das Bild roie folgt zu lösen: Das Christentum
(der mutige Krieger als sein Repräsentant) siegt über die christen
feindlichen möchte (das milde Tier), roobei der Apostel, der Bufj-
prediger (der Hund), den heilbringenden Weg meist. Die über dem
Hunde schroebende Sirene ist hier eine aus der Antike über
kommene allegorische figur und deutet auf die freude, den Jubel
der himmlischen Scharen über den Sieg des Christentums hin.
Das zroeite Rcliefbild zeigt ein nett stilisiertes Wagenrad, marin
zwischen den Speichen zroei oollständig ausgeführte ITlenschen-
köpfe derart in einen Körper «erwachsen erscheinen, dafj sie nur
zroei Hände und zroei füfje haben, roobei der linke fufj dem rechten
Kopfe und der rechte fufj dem linken Kopfe anatomisch angehören.
Der Körper selbst ist oben und unten an den Radspeichen angebunden.
Zwischen hindurch schlängeln sich zroei Schlangen Vor dem Rade
links sieht man eine wandernde plumpe IJJenschengestalt mit auf
fallend grofjem Kopfe, die in der Hand einen Stab hält. Die figur
ist stark oerroiftert oder beschädigt und daher ziemlich undeutlich.
Rechts oben zwischen diesem Kopfe und dem Rndreife ist eine halb
kugelförmige Erhebung, die auf keine bildliche Deutung führen kann.
Das Rad wird uon einem manne, der einen langen Rock und ein
Oberkleid trägt, graoitäfisch gedreht. Sooiel man an dem leider
uerstüminelten Kopfe erkennen kann, trägt er einen Barl. Jm
religiösen Sinne roäre die Deutung des Bildes etwa die folgende:
Die beiden in einem Körper oerroachsenen nienschen deuten auf
das erste ITlenschenpaar hin. Die beiden Schlangen sind das
Symbol der Erbsünde desselben. Das Rad selbst oersinnbildlicht
das Tebensrad dieser Welt, wozu die Schuld Adams und Eoas den
Anstof? gegeben haben. Die das Rad drehende figur bedeutet den
christlichen Crlösungsgedanken, dessen Weg der alte mann mit dem
Stabe bahnt und sich auf Gott als führer des Cebensrades in
Ewigkeit beziehen dürfte. Die zroeite, mit der ersten aufs engste
uerbundene Cösung, und zwar die naturphilosophische ist folgende;
Die beiden oerroachsenen ITlenschen bedeuten HJann und Weib, als
Repräsentanten des notwendigen polaren Gesetzes, das das Heben
in der Flatur (Rad und Schlangen) bedingt. Das Schicksal dreht
das Cebensrad und die Zeit meist den Weg in das Unbekannte,
Unbewußte.
Will man die beiden Reliefs für tempiarische Wahrzeichen*
halten, so erhält man folgende Cösung: Auf dem ersten Bilde be
zieht sich der Hund auf die Regel des heiligen Bernhard, die den
Templer (der streitende mann) im Kampfe gegen die feinde (das
milde Tier) des Christentums und des Ordens unterstützen soll.
Sollte es sich auf dem Zweiten Relief um zroei HTännerkäpfe
handeln, so hätten wir auch hier eine gute templerische Deutung:
Die in einander oerroachsenen ITlänner uersinnbildlichen den im
Orden hochgeachteten Bruderbund und die Schlangen sind das
Symbol der Erkenntnis, der Gnosis. Die ewig bestehende Brüder
lichkeit wird oon dem geistigen führer des Templertums mit Vor
sicht und Klugheit auf den Weg gedreht, den ihm die Zeit bahnt,
damit der Orden ewig bestehen könne.
Die drei rätselhaften figuren ähneln einander sehr und haben
eine Höhe oon 77 cm und eine Breite oon 25 cm. Alle drei fragen
einen länglichen Bart und sind ohne Kopfbedeckung und fufj-
bekleidung. Sie haben ober einem einfachen, lang gehaltenen Ge
wände einen einfachen Übermantel, der oorne am Halse mit einer
Schließe befestigt ist. Auffallend sind die im Verhältnisse zu
groben Augen und Ohren und dafj alle drei ITlänner in der rechten
Hand einen Stock und in der linken Hand eine Schriftrolle halten,
Bei einem Stabe hat das obere Ende die Kugelform, bei dem
zweiten ist ein Querbalken deutlich sichtbar und das dritte Stab
ende ist roeggeschlagen. Alle drei Stäbe endigen unten in einer
Wanderspitje.
Wo die drei figuren, die der frühromanischen Stilperiode
angehören, ursprünglich angebracht roaren, weif? man nicht,
möglich ist es, dafj es ihrer oier roaren und als Sfütjfiguren bei
frühromanischen Portalen oder blafj als symbolisch-figurafioer
fassadenschmuck gedient haben. Hach der Ausführung zu schließen,
dürften sie höchstens in meterhohe angebracht gewesen sein,
Dafj die drei figuren in erster Cinie eine bestimmte Symbolik oer
decken, steht roohl auljer Zweifel. Ihre auffallende Dreizahl lassen
wir dabei aufjerachf, denn es könnten ja ursprünglich oier oder
mehr figuren gewesen sein. Es ist gut möglich, dafj sie drei
manche (Übte), Propheten, Eoangelisten oder Apostel darstellen,
und damit wahrscheinlich die oam heil. Benedikt gegebene ITtönchs-
regel der Armut und Dürftigkeit (keine Kopfbedeckung, ohne fufj-
bekleidung, mönchshabit) oersinnbildlichen. Der Stab ist ein altes
Symbol oerschiedenster Deutung. Betrachtet man ihn hier als
Wanderstab, so oersinnbildet er die Unterstützung, die Stärke im
Glauben. Die ersten Abt- oder Bischofsstäbe hatten dieselben hier
oorfindlichen formen, und zwar als Stabende eine Kugel oder
einen höchst mannigfach geformten Querbalken und unten eine
Spilje. Die Krückenform (ang. Schächer- oder Antoniuskreuz,
Kralle, T-Schlüssel usro.) der Bischofsstäbe erhielt sich bis um das
Ende des 12. Jahrhunderts. Speziell der Krückenform, die man
bei einem der drei Stöcke ganz deutlich erkennt, liegt eine tiefere
uralte Symbolik zugrunde. Die alten Kulturoölker oerehrten das
„Signum Tau“ als heilbringend und hielten es als das Zeichen,
das die Grundsymbolik des Werkzeuges der Schöpfung in ein
fachster klarster form darstellt, womit die Ewigkeit genährt wird.
Der kugelrunde Stabknopf oersinnbildlicht die Gottheit des Erlösers,
die dem Schwachen und Schwankenden dargebotene Unterstütjung.
Die tiefere Deutung dieser Kugel ist die Einigkeit Gottes; kein
Anfang und kein Ende. Die Schriftrollen beziehen sich jedenfalls
auf die heiligen Bücher und speziell auf das alte Testament. Sollte
es sich hier um drei Rechtssymbole handeln, so weisen Schrift
rolle und Stab auf Gesetj und macht hin.
* In der Tradition lebt bekanntlich dieses Gotteshaus als Templerkirche.