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Seite 232. 
Hummer 15. 
Internationale S 
geschaffenes; theoretisch nämlich. Praktisch roird es oft 
besser ausfallen, roeil das Bewußtsein, daß das Werk 
einen gesicherten Zroeck hat, die Arbeitslust erhöht. 
Schreibt der Auftraggeber einen Termin oor, so be 
deutet dies schon eine Einschränkung, roeil der Künstler 
gerade innerhalb der gegebenen Zeit roeniger leistungsfähig 
sein kann. Ein allgemeiner Zroang, derjenige, überhaupt 
arbeiten zu müssen, ist notwendig, soll das Höchste er 
reicht roerden, doch nicht der, mit irgend einer Arbeit zu 
einer bestimmten Zeit fertig roerden zu müssen. Wie sehr 
ein Termin anderseits die Heistungsfähigkeit steigern kann, 
haben roir noch aus der Zeit der Prüfungen in Erinnerung. 
Diese Steigerung der Willenskraft ist aber oerschieden oon 
der gesteigerten Energie des Künstlers. Sie ist eine 
registrierende, fertige Daten und Tatsachen aufnehmende, 
ein Verstehen und merken gegebener Produkte anderer, 
während sie beim Künstler eine schöpferische ist. Er hat 
seinem Werk in jedem Stadium erst abzulauschen, was es 
oerlangt und dann zu oersuchen, zu schaffen, im reinsten 
Sinne des Wortes, bis zum letzten Strich, den er daran 
macht. Aie roeiß er uarher, roieoiel Arbeit ihm eine Auf 
gabe geben roird, roeil er sie erst während der Arbeit 
kennen lernt. Wird einer künstlerischen Arbeit ein Termin 
gesetjt, so roird durch denselben die Verarbeitung jener 
Erfahrungen, die der Künstler während der Arbeit an 
seinem Werke macht, eingeschränkt, roenn nicht gar ab 
geschnitten, oorausgeseßt, daß der Termin ein kurzer ist. 
Der Künstler hat ja gewöhnlich die menge der innerhalb 
des bestimmten Zeitraumes zu leistenden Arbeit aufs 
äußerste bemessen und sich sein Programm zurechtgelegt, 
mufj daher nicht nur oieles, was er eoentuell noch zum 
Gedeihen der Arbeit unternehmen könnte, unterlassen, 
sondern auch, sich während der Arbeit oft oon selbst 
ergebende, überraschende, oielleicht sehr roertoalle JTla- 
mente unberücksichtigt lassen und an seinem Programm 
festhalten. Er könnte daher in solch einem Werke immer 
nur, und zroar ebenfalls, die Stufe seines leßtoorher- 
gegangenen Werkes erreichen; es läßt sich aber nur ein 
Teil der bei dem einen Werke gemachten Erfahrungen auf 
das andere anroenden und der Künstler steht jeder neuen 
Aufgabe wieder als Hehrling gegenüber. Kann er dann 
nicht auch alles das, was er an dem Werke selbst lernt, 
daran gleich uerroerten, und so seiner Aufgabe oollkammen 
gerecht zu roerden, so kann ein bedeutendes Werk nicht 
zustande kommen. Der wahre Künstler fügt sich natür 
lich nicht ohneroeiters den feindlichen Verhältnissen und 
er überanstrengt sich eher, als daß er roichtige ITlomente 
außeracht ließe. Anstatt sich an jeder Arbeit zu oerooll- 
kommnen, roird der immer mit Termin Kämpfende an jede 
ein Stück seines Hebens hängen, ohne damit besonderes 
erreicht zu haben, fast nie roird ihm die Befriedigung 
zuteil, ein ganzes Werk geschaffen zu haben, und damit 
der Erfolg, der ihm Kraft zur nächsten Arbeit geben soll; 
er ist der Sklaoe der Verhältnisse. 
Stellt der Auftraggeber eine bestimmte Aufgabe, ein 
bestimmtes Thema, so ist der Künstler in einer ähnlichen 
Hage roie der Kunstjünger, dem zu seiner allgemeinen Aus 
bildung auch bestimmte Aufgaben gestellt roerden. Hat der 
Künstler jene Anlagen und Fähigkeiten, welche die Durch 
führung der Arbeit erfordert, mit einem Worte: liegt ihm 
dieses Thema, dann ist die Vorausseßung, daß er ein be 
deutendes Kunstwerk zustande bringt, gegeben. Andernfalls 
roird ihm dies nur auf oielen Umroegen, durch Drehen 
und Wenden der Aufgabe und mit etroas Glück gelingen. 
Er roird dabei aber kaum sein ganzes Wesen ausleben 
und sein ganzes Können zeigen können, überdies bedeutet 
diese spekulatioe und berechnende Tätigkeit auch einen Ver 
lust an Energie und frische, mit welcher der Künstler 
einer Aufgabe gegenüber stehen mufj, um seine momen- 
ammler-Zeitung. 
tanen Eingebungen günstig oerroerfen zu können. Er soll 
den sich immer modifizierenden Anforderungen gerecht 
roerden können, ohne Angst, dafj das Resultat, roenn es 
auch ein anderes roerden sollte, als das programmgemäß 
angestrebte, oielleicht der Bestellung nicht entsprechende. Ein 
Kunstwerk entsteht aber nicht allein aus dem Wissen, 
Können und der Veranlagung des Künstlers. Diese fak- 
toren müssen erst aktuell gemacht roerden durch die 
Stimmung, jene Segen spendende, phantastisch schöpferische 
und gestaltende Kraft, roelche alle Schwierigkeiten spielend 
überroindet und ohne roelche die Entstehung eines großen 
Werkes nicht denkbar ist. Sie ist es, die nur Ausgezeich 
netes schafft und roelche bewirkt, dafj jedes Stück, jeder 
Strich und jede Idee, die sie zeitigt, ein roertooller Bei 
trag zum Aufbau des ganzen ist. Sie hängt aber non 
einer IHenge oon Äußerlichkeiten, Zufälligkeiten und 
Kleinigkeiten ab und niemand kann sie gerade dann herbei- 
zroingen, roenn er sie braucht, und der Künstler roird bei 
gegebenem Thema, roie bei gegebenem Termine mehr auf 
sie zu roarten haben als sonst. Wir sehen, je mehr An 
forderungen oon aufjen her gestellt roerden, desto begrenzter 
roird die HRöglichkeit zur Entstehung eines bedeutenden 
Werkes, roas ja die Kunstepochen aller Zeiten bestätigen. 
Die Schwierigkeit, ein gegebenes Thema zu bewäl 
tigen, findet ihre höchste Steigerung dann, roenn der Inhalt 
eines Werkes und die Art der Behandlung oder auch nur 
eines oon beiden durch ein bestimmtes Programm gebunden 
roird, ein solches nämlich, welches nicht oom Künstler 
selbst ausgearbeitet ist. 
In diesem falle roürde ein Kunstwerk nur dann noch 
entstehen können, roenn das ganze Programm so roäre, 
arie roenn es der Künstler selbst ausgearbeitet hätte, 
während im anderen falle diese ITtöglichkeit ausgeschlossen 
ist und nicht einmal die Hoffnung auf den Zufall mehr 
bleibt; es ist also das Entstehen eines ganzen Kunstwerkes 
ausgeschlossen. Der Künstler ist nur mehr ITlitarbeiter, 
ausführendes Organ jener Person, roelche das Programm 
ausgedacht und dadurch die erste schöpferische Arbeit ge 
leistet hat. Er kann hier noch roeniger roie bei blofj ge 
gebenem Thema, welches seinen speziellen fähigkeiten 
nicht zusagt, sein ganzes Können zur Geltung bringen, 
er kann nur das rein Äußerliche, seine technischen fähig 
keiten, seinen dekoratioen Sinn oerroerten. Flur teilweise 
und zroar im Detail, roird er oielleicht Gelegenheit haben, 
auch seine künstlerischen Empfindungen auszudrücken. 
Historische Gemälde, Denkmäler etc. etc., liefern hiezu 
denkwürdige Beispiele. 
Bei diesen ist immer das Hemmnis des Termines 
sowie das des gegebenen Themas, oft sogar das größte 
Hemmnis, das des Programmes, oorhanden. Wieroohl nie 
mand in Abrede stellen roird, daß Konkurrenzen ab und 
zu ganz heroorragende Resultate zeitigen — die Wiener 
Votiokirche ist ein leuchtendes Beispiel dafür — so roird 
doch im allgemeinen bei Konkurrenzen fast immer das 
Schlechteste geleistet, roas die ganze Epoche zeitigt. Kein 
Wunder! Beteiligt sich doch fast jeder Künstler, der gerade 
roenig zu tun hat, daran und behandelt die Sache als 
Hotterie, ob er nun für die Aufgabe geschaffen ist oder 
nicht, „Kunst ist Kunst“, bekommt man da zu hören, 
„roarum soll ich nicht auch einmal so etroas machen“ I 
Zugegeben. Es ist oon größter Bedeutung für den Künstler, 
sich auch einmal außerhalb seines Spezialfaches zu be 
tätigen. Geroiß roird er mit erhöhtem Interesse an solch 
eine Aufgabe heranfreten und sich an ihr erfrischen. Aber 
eine Konkurrenz ist nicht die richtige Gelegenheit hiezu. 
Er darf nicht oergessen, daß ein anderer, der die Aufgabe 
fachgemäß beherrscht, über oiele ITlamente nicht mehr 
nachzudenken braucht, über die er, der auf diesem Gebiete 
rieuling ist, lange nicht hinroegkommen roird, ohne daß
	        
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