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Seite 154 
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Nr. 14 
dem Bund zufallen. Denn Schlüssel und Schlösser, 
Ringe, Fächer und dergleichen haben mehr kul 
turellen als materiellen Wert und würden bei einer 
Auktion, zumal wenn sie zersplittert würden, relativ 
wenig abwerfen. 
Für Wien von großem Vorteil ist, daß die Auf 
lösung der Sammlung Dr, Figdor hier vor sich gehen 
wird. Es sind, wie wir hören, im ganzen vier 
Versteigerungen in Aussicht genommen, 
mit deren Durchführung die Kunstauktionshäuser 
Glückselig und Artaria betraut wurden. 
Obwohl die Vorbereitungen für diese Auktionen 
schon im Gange sind — Geheimrat Falke unter 
zieht sich bereits der Aufgabe, die Objekte zu kata 
logisieren — ist nicht mehr damit zu rechnen, daß 
die Versteigerungen noch in diesem Jahre stattfin 
den. Die erste dürfte im kommenden März abge- 
halten werden. 
Jlembrandt oder JSarend tfabritius? 
Mit dem falschen Rembrandt, von dem in 
der vorigen Nummer die Rede war (siehe Seite 146 
und 147), befaßt sich nun die Berliner Polizei. In der 
Angelegenheit weilte dieser Tage ein Berliner Poli 
zeikommissär in Wien, der da feststellte, daß das 
Gemälde nicht aus Wiener Privatbesitz, sondern aus 
einer Wiener Kunsthandlung stamme. Diese übergab 
es einem Maler, von dem es auf dem Umweg über 
eine andere Persönlichkeit an einen Berliner Kunst 
historiker gelangte, der es einer rheinischen Gruppe 
verkaufte. Er hatte vorher eine Expertise von 
Bode eingeholt, der das Bild als echten Rem 
brandt erklärte und ihm die Bezeichnung ,,Die heilige 
Familie“ gab. Die rheinische Gruppe glaubt aber 
jetzt allen Grund zu haben, daß der hervorragende 
Rembrandt-Kenner Bode sich in der Beurteilung des 
Gemäldes geirrt habe und daß das Bild kein Rem- 
brandt-Werk sei. 
In dieser Meinung werden die Käufer auch die 
Mitteilungen bestärken, die, wie man uns aus A ra 
ste r d a m berichtet, Bodes einstiger Mitarbeiter, 
Dr. Hofstede de G r o o t, wie Bode selbst ein 
anerkannter Rembrandt-Kenner, jetzt veröffentlicht. 
Dr. Hofstede de Groot sagt, daß es sich bei der An 
gelegenheit nicht um eine Bildfälschung, sondern le 
diglich um die Frage handelt, ob das Gemälde von 
Rembrandt oder von seinem Schüler Barend 
F a b r 11 i u s, dem Bruder des weit bekannten Karel 
Fabritius, stammt. Das Bild, sagt der holländische 
Kunsthistoriker, ist echt wie Gold. Es ist um 1650 
gemalt und kam aus dem niederländischen Kunsthan 
del vor einigen Jahren nach Berlin, wo es in einen 
Rembrandt „getauft“ wurde, Bode und andere Per 
sönlichkeiten des Kaiser-Friedrich-Museums glaub 
ten in ihm ein eigenhändiges Bild Rembrandts zu 
I erkennen, „Das Werk wurde mir“, erzählt Hofstede 
de Groot, „im Haag und in Berlin zur Begutachtung 
übergeben. Bei dieser Gelegenheit zeigte sich der 
damalige Eigentümer des Bildes so wenig überzeugt 
davon, daß es sich um einen echten Rembrandt han 
dele, daß er dem Kaufreflektanten, einem der ersten 
Kunstsammler in Europa, nur einige Stunden Be 
denkzeit geben wollte und Zahlungen in Banknoten 
verlangte. Er sträubte sich, einen Scheck anzuneh 
men.“ 
Die Tatsache, daß Bode ein für Barend Fabri 
tius sehr charakteristisches Bild für einen Rem 
brandt halten konnte, sei nur dadurch erklärlich, 
daß Bodes Sehvermögen in den letzten Jahren infolge 
des Alters schwer gelitten haben müsse. Aus diesem 
Grunde sei er von gewissen Kunsthändlern, die, wie 
Hofstede de Groot meint, sein geschwächtes Urteils 
vermögen in spekulativer Weise auszunutzen ver 
suchten, gebeten worden, seine Gutachten nicht 
mehr zu datieren. Dem holländischen Kunsthistoriker 
sind sogar Fälle bekannt, daß Daten von Bodes 
Gutachten entfernt worden seien. 
Soweit die holländische Meldung. Daß Wilhelm 
von Bode in den letzten Jahren seines Lebens mehr 
denn je von Kunsthändlern bestürmt worden ist, 
Gutachten abzugeben, ist ebenso bekannt, wie die 
Tatsache, daß er sich wiederholt gegen das Exper 
tisenwesen gewandt hat. Aber daß das Auge des 
großen Kenners nach dem. 80, Lebensjahre nicht so 
, scharf war wie früher, ist weniger verwunderlich als 
die Art, in der sich heute sein einstiger Mitarbeiter 
Dr. Hofstede de Groot über ihn ausspricht. Irren ist 
menschlich. Und auch Hofstede de Groot, von dem 
Tausende von Expertisen im Kunsthandel schwim 
men, ist nicht unfehlbar. 
2>er zweite Jeil der Musikbibliothek Wo/fheim. 
Zur Versteigerung des zweiten Teiles der Mu 
sikbibliothek W olffheim, über die wir in der 
letzten Nummer berichtet haben, schreibt uns Herr 
Martin Breslauer: 
„Das Ergebnis der Versteigerung war über Er 
warten gut. Es betrug annähernd über eine Vier 
telmillion Mark, Der erste Teil, der vor 
Jahresfrist versteigert wurde, ergab den gleichen 
Betrag. Um die ganze Sammlung bemühten sich vor 
der Versteigerung einige deutsche Institute, leider 
aber ließ sich eine Erwerbung nicht ermöglichen, 
trotzdem die Forderung geringer war als das Er 
gebnis aus der Versteigerung. Das Glanzstück der 
Sammlung, das den Katalog eröffnete, die Perga 
ment-Handschrift aus dem 11. Jahrhundert, enthal 
tend eine Vereinigung von vier der bedeutendsten 
musiktheoretischen Traktate des Mittelalters, 
brachte RM. 11,000, Es wurde von der Firma Paul 
Gottschalk im amerikanischen Auftrag 
erworben. Die Beschreibung dieser Nummer, die 
sieben Seiten umfaßt, darf als eine Musterleistung 
wissenschaftlicher Antiquariatsarbeit bezeichnet 
werden. 
Die Preußische Staatsbibliothek, vertreten 
durch den Direktor der Musikabteilung Professor 
Johannes Wolf, trat als einer der bedeutendsten 
Käufer auf, und konnte sich erfreulicherweise wert 
volle Bereicherungen sichern. So ging der Codex 
Bakfark-Nauderus, der berühmte Lauten- 
Codex aus dem 16, Jahrhundert an sie über, 
ferner der Prachtdruck der von Johann vom 
Berg und Ulr. Neuber, Nürnberg 1550 herausgege 
benen Gesänge. Zahlreiche musikhistorische Semi 
nare, wie die von Heidelberg, Königsberg, Breslau, 
Leipzig und Berlin, ergänzten aus dem überaus reich 
haltigen musikgeschichtlichen und biographischen 
Abteilungen ihre Bestände. Die Dresdner Landes 
bibliothek, die Leipziger Stadtbibliothek, die Uni-
	        
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