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Internationale Sam ml er-Zeitung.
Hummer 18
dazu 98 einzelblätter oder Hutographe und 6 Sammlungen hand
schriftlicher ltachlässe. eine ansehnliche Bereicherung erfuhr
namentlich der Bestand an sainaritanischen Handschriften durch
die Sammlung (35 Hummern), die einer der besten Kenner dieser
Hiteratur, Dr. P. Kahle, in Hlablus selbst gemacht hat. Höchst be
merkenswert sind ferner einige christliche Handschriften in arabi
scher Sprache; die älteste dauon, eine der ältesten, die es aufjer
dem Koran und den Papyrusurkunden in der Sprache überhaupt
gibt, ist eine Pergamenthandschrift aus dein 10. Jahrhundert unse
rer Zeitrechnung; sie enthält neben andern theologischen Traktaten,
namentlich oon Johannes Chrysostomus, das Gespräch zwischen
JTlönch und Hluslim, das der oerstorbene Professor K, Völlers
durch eine Übersefjung bekannt gemacht hat, Der Autographen-
sammlung überwies u. a. Prof. E. Darmstädter den ßriefnach-
lafj des Berliner Professors der Botanik C. S Kunth (f 1850),
namentlich fll. o. Humboldts Briefe an ihn. frl Therese Heng-
stenberg überwies der königl. Bibliothek den umfangreichen Brief-
nachlaf] ihres Groipafers, des Berliner Professors der Theologie
Ernst Wilhelm Hcngsfenberg (f 1869), aus den Jahren 1825 bis
1868. Der Theodor Ulammsensche Briefnachlafj wurde wieder
sowohl um Originale als um .Abschriften uermehrt, Die Reoision
des Handschriftenbestandes, die seit 30 Jahren nicht oorgenominen
war und nach dem Umzuge beabsichtigt wurde, ist für die acci-
denfalischen Fächer durchgeführt. Die ITtusi ksammlung (Direk
tor Prof. Dr. Kopf ermann) erfuhr, abgesehen oon sonstigen
Zuwendungen, namentlich durch die oon dem Sammler Dr. Eeopold
Hirschberg überwiesene, aus zirka 400 Bänden und Heften be
stehende, in ihrer Vollständigkeit einzige Sammlung aller Original
ausgaben Carl Eoewescher Werke eine mcrtoolle Bereicherung,
ebenso kann die Cntwicklung,die die „Deutsche niusiksammlung
bei der königl. Bibliothek“ (Vorsteher Professor Dr. Altmann)
im oierten ]ahre ihres Bestehens genommen hat, im allgemeinen
als eine recht günstige bezeichnet werden. Dankbar gedenkt der
Bericht dabei des fördernden Anteils, den die firma Breifkopf und
Härtel inHeipzig und der Vorsitzende des Vereins der Berliner ITlusika-
lienhändler, Herr Willibald Challier, sowie andere musikuerleger und
sonstige Geschenkgeber an der Weiterentwickelung der Sammlung
genommen haben. Der im Vorjahre angefangene Versuch, Inter
essenten Werke in beschränkter Zahl, meist 3 oder 4, zur häus
lichen Benutzung auf kürzere Zeit anzuuertrauen, wurde fortgesetzt.
Sehr dankbar wurde die ITlöglichkeit anerkannt, Werke nach Hause
mitzunehmen, die sonst oilleicht kaum in Berlin aufzutreiben sein
dürften. Die Kartensammlung (Vorsteher Prof. Dr. meißner)
ist Anfang lAai 1909 in die für sie bestimmten Räume im neuen
Bibliotheksgebäude eingezogen. Konsul Vohsen schenkte zu deren
Ausschmückung mehrere Wandkarten der deutschen Kolonien und
einen großen Globus. Eine andere schätzbare Bereicherung erfuhr
die Abteilung durch eine 569 Blätter umfassende Sammlung großer
Originalphotographien oon Gegenden in Italien und dem Orient,
die eine in Berlin lebende Amerikanerin, IDrs. Edye, nebst einer
Anzahl oon englischen und amerikanischen Prachtmerken zum
Geschenk machte. Durch Kauf wurden u. a. erworben: die zum
ersten IDale oeröffentlichten offiziellen oder mit Unterstützung der
betreffenden Regierungen herausgegebenen Karten oon Chile, Argen
tinien, Brasilien usm., ferner der umfangreich angelegte Atlas zur
Geschichte der Kartographie der japanischen Inseln uom Grafen
Teleki und die grofzen ITtondatlanten oon Coemy und Puiseux
und Weineck.
(Die neue britische Cnzykloplädie.) Die Unioersität
Cambridge hat die Kontrolle und die Rechte der Publikation der
Encyclopaedia Britannica übernommen und wird eine neue und
oollständige Ausgabe Cnde dieses Jahres erscheinen lassen. Diese
neue Ausgabe, an der seit acht Jahren gearbeitet wird, dürfte die
früheren Ausgaben als ueralfet erscheinen lassen. Sie wird aus
28 Quarfbänden bestehen. Die Enzyklopädie hat eine interessante
Geschichte. Sie wurde zuerst oon den Genflemen of Scotland,
einer wissenschaftlichen Vereinigung oor 140 Jahren geplant und
dann in oier Bänden herausgegeben. Die neue Ulethode, wichtige
Gegenstände zusammen pj fassen und zu Sammelartikeln zu oer-
einen, und auf der anderen Seite das Hachschlagen durch zahl
reiche Separatarfikel, die alphabethisch angeordnet wurden, zu
erleichtern, oerschaffte dem Werke bald Berühmtheit. Eine beträcht
liche Erweiterung wurde immer wieder als notwendig anerkannt.
Auflage folgte auf Auflage in schneller Reihenfolge bis die Anzahl der
Bände zwanzig betrug, in welcher Stärke die Enzyklopädie 1815
oon Archibald Constable herausgegeben wurde.
Bilder.
(Ein neuer Israels.) Aus Amsterdam wird berichtet’
Ein neuer Israels ist seit einigen Tagen im Saale der hiesigen
Kunstfirma franz Buffa u. Zonen ausgestellt und, wie kaum
anders zu erwarten gewesen ist, ist diese letzte Schöpfung des
87 jährigen Greises, dessen Arbeitsfreudigkeit und Schaffungskraft
die Jahre nichts anhaben können, der Gegenstand allseitiger Be
wunderung, aber auch einer eingehenden Kritik. Das Bild stellt
eine bereits in die Jahre gekommene frau oor, deren lAodell mir
schon auf oerschiedenen Gemälden des llleisfers begegnet sind,
die dem Künstler aber jetzt nur noch als Erinnerungsbild oorschroebte.
Denn die formen haben sich in Eicht und Ton aufgelöst, auf den
ersten Anblick kostet es mühe, in diesen fast idiotischen Zügen
irgend welches Heben oder eine tiefere Bedeutung zu entdecken,
aber je länger der Blick auf diesem Kopfe uermeilt, desto mehr
drängt sich die überwältigende Schönheit dieser Vision auf, die
alles Körperliche abgestreiff zu haben scheint. Es ist eine Dar
stellung sowohl der Vergangenheit wie der Zukunft: auf diesem
Gesicht spiegelt sich ein an Ereignissen, keinesfalls heiteren und
erfreulichen, reiches Ceben ab, während die auf den ersten Blick
teilnahmslos in die ferne starrenden Augen dem Eingeweihten die
ruhige, gelassene Ergebung oerkünden, mit der diese frau der
Zukunft, auch wenn diese neue Bitterkeiten bringt, entgegenblickt.
Diese Stimmung drängt sich durch die tiefen Schatfenföne, das
warme Grau und das glänzende Gelb auf der Stirne oon selbst
auf, es ist die bezaubernde Harmonie, die an Sphärenmusik denken
läfjt und die den Schleier oon dem Jsraelsschen Geheimnis der
unübertroffenen farbenpoesie lüftet, ln gewissem Sinn kann dieses
Gemälde als ein Seitenstück zu dem oor einigen lahren aus dem
Atelier oon Israels heroorgegangenen „Eebensabend“ betrachtet
werden, wo ein hochbetagter lAann, der seine Eebensrechnung
ebenfalls angeschlosscn hat, noch erhobenen Hauptes und froh des
erfüllten Hebenszwecks durch die Dünen wandelt.
Exlibris.
(Die Exlibris-Sammlung H. E. Stiebei.) Das Auktions-
Institut C. G. ßoerner in Heipzig oersendet folgende Aufteilung;
Ende nooember wird bei uns die Exlibris-Sammlung des in frank-
furt a. m. uerstorbenen Herrn Heinrich Eduard Stiebei oersteigert
werden. Sfiebel besaf; nach der dem „Germanischen Aluseum“
geschenkten Sammlung des Grafen o. Heiningen-Westerburg
die gröfzte existierende Sammlung alter und neuer Exlibris aller
Zeiten und Händer. Die Zahl seiner Blätter wird auf 18—20.000
geschätzt, so dafj fast oon einer Vollständigkeit gesprochen werden
kann. Sein Besitz geht über alles weit hinaus, was in Hand
büchern oerzeichnet ist. Die Sammlung beginnt mit den seltensten
handgemalten und oon Holzstöcken gedruckten Blättern des 15.
Jahrhunderts und endet mit den modernen Erzeugnissen eines
Klinger und Greiner. Eine derartig reiche Exlibris-Versteigerung
hat überhaupt noch nicht sfattgefunden. Auch das Ausland, be
sonders die Schweiz, England, frankreich und Amerika, ist mit
umfangreichen Kollektionen üertreten. — Im Anschlufj an diese
Auktion wird aus Stiebeis Besitz weiter oersteigert: die Sammlung
kostbarer Einbände und die grofze Sammlung oon Titelblättern,
Holzschnitt-Bordüren, Initialen und Druckerzeichen, die man unter
dem Titel „Bücher-Ornamentik“ zusammenfassen kann und
die gleichfalls wohl die umfänglichste existierende ist, da allein die
Druckerzeichen auf 10—12.000 Blatt geschätzt werden.