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Internationale Sammler-Z ei tu ng.
Seite 279
Erwerbungen öer Berliner königlichen filuseen.
Unter den neuerroerbungen der Berliner königlichen niuseen,
die das soeben erschienene Augustheft der „Amtlichen Berichte aus
den königlichen Kunstsammlungen" bespricht, sind an erster Stelle
sechs Silbermedaillons aus der römischen Kaiserzeit zu er
mähnen, die für das münzkabinetf erworben meiden konnten.
Die sagenanten Uledaillons, Schaumünzen, unterscheiden sich uon
den eigentlichen Kurrentmünzen durch ihre Größe und Schwere so
wohl als durch ihre sorgfältigere und prunkhaftere Ausführung.
Das älteste und zugleich hcruorragendste Stück der neu erworbe
nen Silbermedaillons zeigt uns auf der Vorderseite das Bildnis des
Kaisers Domitian mit dem Corbeerkranz, dem Abzeichen der kaiser
lichen Würde. Das scharfgezeichnefe Profil des Herrschers mit der
über dem Hosenbein stark heroorschwellenden Stirn und den cin-
gepreßten mundwinkein erweckt den Bindruck non Grausamkeit und
Tücke, der dem oom Geschichtsschreiber entworfenen Bilde dieses
Kaisers entspricht. Die Aufschrift auf der Vorderseite gibt seinen
riamen und Titel an, mährend uns die Rückseite über das Jahr
der Prägung, 92 n. Chr., orientiert. Die Rückseite zeigt das Bild
der Athene, für die der Kaiser eine abergläubische Verehrung
hegte. Die Göttin ist dargesfellt mit Helm, Schild, Aegis und Wurf
speer. ln ihrem Typus schließt sich unsere münze den drei bis
her bekannten Silbermedaillons des Domitian im Britischen ITtuse-
um an. — Vier weitere Silbermedaillons stellen die Kaiser Gordi-
anus III., Philippus und zweimal den Valerianus dar. Sie gehören
sämtlich dem dritten Jahrhundert n. Chr. an und zeigen auf der
Rückseite die gleiche Darstellung: drei Göttinnen mit dem Abzeichen
der Aquitas-Wage und Süllhorn. Dieser ITlünzfypus, der schon
in der frühesten Kaiserzeit nachzuroeisen, wird häufig seit
Seuerus. Die Dreizahl der Göttinnen, die auf die drei ITtünz-
metalle hinzuweisen scheint, sowie der oon einer jeden auf-
geschichtete Haufen gemünzten llletalles, lassen sie als Personifi
kation des lllünzmesens erscheinen, — Wir finden die drei lllünz-
göftinnen auch auf dem sechsten ITledaillon wieder. Hier indes ist
ihr erscheinen überraschend, da die münze bereits dem Anfang
des 4. Jahrhunderts angehört, einer Zeit, in der dies Bild selten
geworden, für Silbcrmedaillons gar nicht mehr im Gebrauch war.
Die ITtiinze oerdient besondere Beachtung auch wegen des Bildes
auf ihrer Vorderseite: sie zeigt das Relief des Prinzen Crispus, des
ältesten Sohnes oon Konstantin dem Großen, in einer sehr reichen
Ausstattung. Jm Hinblick auf die große Seltenheit der Silber
medaillons zu allen Zeiten ist diese Bereicherung unserer Samm
lung mit besonderer Freude zu begrüßen.
Die Papyrussammlung hat eine besonders interessante
griechische Papyrusurkunde aus römischer Zeit erwarben, die
in der Prooinz Fajum, dem alten arsinotischen Gau, gefunden
wurde. Obgleich die Zahl der amtlichen Schriftstücke, die uns
über ägyptische Verwaltung in griechisch-römischer Zeit Kunde
geben, sehr grofj ist, so waren uns doch solche, die aus der
Sfafthalferkanzlei heroorgingen, bisher nur in Kopien erhalten.
Hier haben wir es nun mit einer Originalausferfigung oom 27. De
zember des Jahres 209 n. Chr. zu tun. Das Schreiben ist uon dem
Statthalter Subafianus Aquila an Theon, den Strategen des arsinoi-
tischen Gaues, gerichtet und meldet die Freilassung eines Sträflings,
der zu fünfjähriger Zwangsarbeit im Alabasterbruch oerurteilt wurde,
flach seiner äußeren Form ist das Papyrusblatt interessant durch
die hier angewendete Kanzleischrift, die mit ihren schmalen, hohen,
mit dünnen Strichen ausgeführten Buchstaben oon der Kursio- und
der Buchschrift abweicht. Ferner ist wie bei größeren Bücherrollen
an das Papyrusblatt links ein gleich hoher Pergamentsfreifen ange
klebt, der beim Zusammenrollen des Schriftstücks als Schuß dienen
mochte. Anfangsadresse und Haupfteil der Urkunde ist oom Kanz
listen ausgeführt. Von dieser äußerst korrekten und säuberlich
ausgeführfen Kanzleischrift stient die nur flüchtig hingeworfene
Schlußformel ab, die oon der Hand des Statthalters selbst herrührf.
Von einem andern Beamten ist ein Vermerk unter die Urkunde
gesetzt, wiederum uon einem andern das Datum an dem untern
Rande des Blattes. — Über die Persönlichkeit des Statthalters
Subatianus Aquila sind wir oon oerschiedenen Seiten orientiert.
Als Heiter der oom Kaiser Seoerus in Alexandria angeordneten
Christenuerfolgung ist sein üame oerquickt mit dem des berühmten
Kirchenoaters Origines, dessen eifrige Tätigkeit Aquila zu unter
binden suchte, und mit dem namen der uon ihm gerichteten
fllärtyrerin Potamiaina. Der Inhalt des Schreibens ist besonders
merkwürdig deshalb, weil wir in ihm oon der Freilassung eines
zur Zwangsarbeit in Steinbrüchen oerurteilten Sträflings erfahren.
Denn die Verurteilung zu dieser Arbeit in Bergwerken und Sfein-
brüchen, die schwerste Strafe nach der Todesstrafe, wurde gewöhn
lich auf Cebenszeit oerhängt. Verbrechen, die diese Strafe herbei
führten, waren zum Beispiel: Tempelraub bei Tage, Brandstiftung
an der ernte, Verabreichung oon Ciebestrank, Verrat oon Urkunden.
Das Cos dieser Sträflinge war nicht eigentlich furchtbar durch die
Arbeit an sich, zu der auch Freie hinzugezogen wurden, sondern
durch die grausame Behandlung, der die Gefangenen ausgeseßt
waren. Sie trugen dauernd Fesseln an Händen und Füßen und
waren allem eiend preisgegeben. Häufig sind Christen zur Zwangs
arbeit in Bergwerken und Steinbrüchen oerurteilt worden. Doch
wäre es durchaus falsch, anzunehmen, daß man diese Grausam
keit nur ihnen und besonders ihnen gegenüber betätigt habe. Von
dem schrecklichen Schicksal der lebenslänglich Gefangenen unter
scheidet sich weit das Cos der nur für geraume Zeit Verurteilten.
Diese wurden wahrscheinlich nicht allein mährend ihrer Strafzeit
milder behandelt, sie konnten auch nach Ablauf dieser Zeit alle
an persönliche Freiheit geknüpften Rechte wieder erlangen.
I
Die Pfahlbauten im flttersee.
Kaum 6 Dezennien ist es her, als infolge eines ungewöhnlich Überreste alter, menschlicher Siedelungen zu entdecken, auf welche
niederen Wasserstandes, wie es seit Jahrhunderten nicht der Fall er die antiquarische Gesellschaft in Zürich aufmerksam machte,
mar, die Schweizer Seen ein Geheimnis der ITlenschheit enthüllten, Bin Alitglied derselben, Dr. Ferdinand Keller, widmete sich oon nun
welches seit Jahrtausenden in ihrer bergenden Tiefe geschlummert. ab dem Studium dieser Überreste und hat die Brgebnisse seiner
Dem Cehrer Aeppli zu Obermeilen am Zürichersee war Forschungen in sieben Pfahlbauberichten der „lllitteilungen der
es oergönnt, im Winter 1853,4 in der Höhe seines Wohnhauses antiquarischen Gesellschaft in Zürich“ niedergelegt. Bin achter Be-