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Internationale Sammler-Zeitung. 
Hummer 19 
und «erblichenen Überzügen der Droschkensiße gewannen. 
Da oiele geschnifjte ITlöbel früher einmal übertüncht, non 
den Sammlern aber wieder abgewaschen und mit Wachs 
eingelassen wurden, damit die Schärfen der Skulptur und 
der Glanz des Holzes wieder zur Geltung gelangen könne, 
gründeten falscher in der flunergne daraufhin eine In 
dustrie. Sie drücken den eingeborenen Bauern und Klein 
bürgern die alten Schränke um ein Butterbrot ab, reißen 
die massioen, dicken, nie gewaschenen füllungen heraus, 
bedecken sie mit gotischem Schnißcoerk oder ITtascarons 
und lassen sie dann mehrmals mit Kalkfarbe überstreichen, 
die, bei langem Trocknen in der Sonne tief in die fasern 
und Poren des Holzes eindringt. Hach längerer Zeit werden 
die Tatein mit Cauge gewaschen. Die in den Vertiefungen 
und Poren zurückbleibende trockene färbe zeugt für das 
Alter der nom alten Anstrich befreiten Schnißerei. Damit 
ist schon mancher Sammler „angeschmiert“ worden, aber 
er hat auch wenigstens ein echtes Stück, wenn auch kein 
gar zu altes oder kostbares für sein gutes Geld erhalten; 
schlimmer ist es, wenn ihm eine aus altem Holz fabri 
zierte Imitation angehängt wurde. Im Verarbeiten wurm 
stichigen Holzes wird mitunter wirkliche frechheit entwickelt. 
Das Schnitjwerk durchschneidet die Wurmgänge gelegentlich 
auch der Hänge nach, so dafj auf der Oberfläche offene 
Kanäle hinlaufen. 
Boule-Arbeiten nach Zeichnungen Berains und Gillots 
kommen in Blasse aus den Werkstätten der Vorstadt Saint 
Antoine. Aber man kann die neuen Ginladungen non 
Schildkrot, nachgemachten natürlich, Kupfer und Zinn leicht 
an den Tier- und lllenschengestalten erkennen, die der Hof 
tischler Hudmig des Vierzehnten, Andre Charles Boule, 
niemals anbrachte. Aus Zelluloid imitiertes Schildpat oerrät 
sich, wenn man einige Tropfen Wasser darauf stehen läßt. 
Cs bilden sich nämlich dann Beulen. 
Von der Gotik bis zur Biedermeierzeit werden die 
ITlöbel aller Stilepochen nachgemacht und gefälscht. Tröstend 
kann man sagen, daß sich zwar die alten Vergoldungen 
aus der Renaissancezeit mit einer Kupfermischung nachahmen 
lassen, die Holzoergoldung aus der Zeit Cudroig des XIV. 
und spätere aber auf keine Weise. Ulan müßte Goldblätter 
oon demselben Korn und derselben Stärke schlagen und 
sie dann alt machen können, was bisher glücklicherweise 
noch nicht gelang. 
f. V. Schmidt und Portais & fix in Wien, Bern- 
heimer in HTünchen liefern allerdings ausdrücklich als Imita 
tionen, alte ITlöbel, die oon einem ganz erstaunlich „echt“ wir 
kenden Aussehen sind, und was die Comp igniede buissculptes 
in bezug auf die Herstellung oon Schnitzwerk oermiltels der 
ITlaschinen schon oor Jahren oermochte, kann man schon 
in den Sälen des Couore sehen, die die Vermächtnisse ITlonsieurs 
Thiers’ bergen. Auch in JTlailand befindet sich eine Ge 
sellschaft, die mittels heißerFRetallmodel Holzreliefs prefjt.Der 
Druck der heilen ITletallmodel erzeugt zugleich eine oberfläch 
liche Verkohlung, die durch kräftiges Bürsten gänzlich beseitigt 
werden kann, worauf das Holz eine hübsche Patina zeigt. 
In der kleinsten Stadt Tirols, dem nur 700 Cinwohner 
zählenden mittelalterlich anmutenden Rattenberg am Inn 
ist einer kleiner Schreinermeister tätig, der außerordentlich 
geschickt aus alten tiroler Bauerntruhen die prächtigsten 
gotischen Kredenzen tischlert, an denen schöne Schlösser 
in Cisenschnitt blinken, die natürlich neu sind, so alt sie 
auch aussehen mögen. Aehnliche Reubeleber der Alttiroler 
Kunsttischlerei sind in Schwaz, Hall, Innsbruck und anderen 
Orten emsig tätig. 
Chronik. 
Ansichtskarten. 
(Vierländer Postkarten.) Huf der gegenwärtig im 
Hamburger ITtuseum für Kunst und Gewerbe stattfindenden Vier 
länder Ausstellung zeigt der Hamburger ITlaler H, Haase eine 
Anzahl non Ansichtspostkarten, die Vierländer ITtotioe überaus 
glücklich oertnerten. Die Karten sind sowohl künstlerisch, wie 
technisch sehr bemerkenswert. ITlan sieht auf ihnen u. a. einen 
alten Kornspeicher aus dem Jahre 1580, den Türeingang eines 
Hufnerhauses aus dem 17. Jahrhundert, interessante üiebelseifen 
desselben Hauses, ferner Stube und Diele des Hardenschen Hufner 
hauses in rieuengamme mit der Jahreszahl 1595. Die schönen in 
Dreifarbendruck hergestellten Ansichtskarten werden in Serien zu 
je sechs Stück oerkauft. 
flutographen. 
(Autographen-Romanzen.) finen hübschen (Anblick in 
das Getriebe der modernen Autographenjagd gibt ein bedeutender 
englischer Autographensammler, A. ITT. Broadley, in einem soeben 
erschienenen Buche, das den Titel: „Plaudereien über Autographen“ 
führt. 6s sei zunächst ein darin abgedruckfer Brief Wellingtons 
angeführt, der oor einigen Jahren für 101 Pfund oerkauft wurde. 
Der Brief ist nach dem Tage der Schlacht bei Waterloo geschrieben 
und zeigt Wellington oon einer neuen Seite: „Der arme Canning,“ 
so lautet der Brief, „hafte gestern in unserer Schlacht meinen kleinen 
Depeschenkasfen, und dieser ging oerloren, als er getötet wurde. 
Jch märe ihnen dankbar, wenn sie mir einen andern oon gleicher 
Gröfje, mit gleichem Schlosse, Schlüssel und Cederdeckel so bald 
wie möglich schicken würden. Was halten sie oon der oollstandigen 
Hiederlage Bonapartes durch die Armee? ln den Annalen der Welt 
hat es nie einen so oerzmeifelten oder so hartnäckig ausgefochtenen 
Kampf oder eine solche lliederlage gegeben. Cs war wirklich eine 
Gigantenschlacht, mein Herz ist gebrochen oon den schrecklichen 
Verlusten, die ich erlitten habe: meine alten freunde, meine Ge 
fährten und meine armen Soldaten! Wie ruhmreich die Schlacht 
auch sein mag, ich werde nicht mit ihr zufrieden sein, wenn sic 
nicht das €nde Bonapartes bedeutet.“ — Zuweilen steigern be 
sondere Gelegenheiten die Preise für an sich wertoolle Autographen 
bedeutend. Als oor ein paar Jahren die 100 Wiederkehr der Schlacht 
oon Trafalgar gefeiert wurde, stieg die Hachfrage nach IJelson- 
briefen bedeutend. Damals wurde ein Brief Flelsons an £ady 
Hamilton für 1050 Pfund oerkauft und einen Rekordpreis erzielte 
bei Chrisfie Flelsons berühmtes ITlemorandum an die flotte am 
Abend oor der Schlacht oon Trafalgar, das oon einem Sammler 
für 5600 Pfund erstanden wurde. Zuweilen jedoch kommen be 
sondere Glückspilze unter den Autographensammlern auf ganz 
billige Weise zu den werfoollsten Briefen. Vor ein paar Jahr 
zehnten z. B. kaufte ein Händler in Hugerford lllarket für 7 Pfund 
für die Tonne einen grofjen Posten altes Papier oon der Verwaltung 
oon Somerset House. Damit hafte er einen ganz aufjerordentlich 
guten Kauf gemacht, denn unter den Papieren fanden sich amtliche 
Berichte aus der Zeit Heinrichs Vir, und Garderoberechnungen für 
die Königin Vlisabefh. Hoch billiger kam der Aufographensammler 
Dr. Raffles zu einem außerordentlich werfoollen Stück: bei einem 
Antiquar erwarb er unter anderen Papieren für 18 Pence, also rund 
1.50 ITlk. die Originalrechnungen über die Ausgaben bei der Hinrich 
tung ITlaria Stuarts, moderne Autographensammler bedienen sich, 
um oon lebenden Berühmtheiten Autogramme zu bekommen, aller 
hand nicht ganz ehrlicher Kniffe, ßroadley oersichert, Sir John
	        
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