MAK
Zentralblaff für Sammler, Eiebhaber und Kunstfreunde 
Herausgeber: Herbert ehrlich und 3. Hans Prosl. 
2. Jahrgang. 
Wien, 1. ITouember 1910. 
Hummer 21. 
Die 5ammlung Hans 5chu;arz. 
Von ITlax J. friedländer (Berlin.) 
^>)er Wiener Kunsthändler Hans Schroarz, der uor 
Jahresfrist dahingerafft courde, roar Händler 
und Sammler, fr hielt auf reinliche Scheidung 
zroischen geschäftlichem Beruf und häuslicher 
Passion. Wie er als Händler im Kreise der 
Berliner Kunstfreunde heimisch mar, da er oft 
herkam, stets gern gesehen rourde und manches 
Qute unserm Privatbesitze zuführte, — als 
Sammler roar er minder bekannt, da er mit 
fast scheuer Zurückhaltung seiner IJeigung lebte. 
Durch das oäterliche Geschäft mit den 
besten Traditionen des Wiener Kunsthandels 
verknüpft, betätigte sich Hans Schroarz roie sein 
Vater Friedrich Schroarz hauptsächlich auf dem 
Gebiete der niederländischen Rlalerei des 17. Jahr 
hunderts, einkaufend mit Besonnenheit und 
Geschmack, oerkaufend auf gerade Weise und 
ohne oiel Worte zu machen. Seinen Kunden 
konnte er ein erfahrener und zuverlässiger 
Berater sein. Rls „Kenner“ produzierte er sich 
nicht. Zu klug, Sicherheit stets zu fühlen und 
nicht eitel genug, Unfehlbarkeit zu heucheln, 
brachte er die Überlegenheitsgeste nicht auf und schmieg 
oft, roenn minder Befugte redeten. In den lebten 
Jahren sah er mit Unruhe einen neuen Stil im Kunst 
handel — den amerikanischen Stil aufkommen und 
die Sorge beschlich ihn, ob für ruhige und rechtliche Art 
Raum und Crfolgsmöglichkeit bleiben würde. 
Wie Hans Schroarz auf reinliche Scheidung hielt 
zroischen Beruf und Passion, roendete er seine Reigung 
Gebieten zu, auf denen er als Händler nicht interessiert 
roar. Von der Seelenlosigkeit der fabrikerzeugnisse ab- 
gestaljen, roünschte er sich non Jugend auf mit Hervor 
bringungen aus alter Zeit zu umgeben und hat oielerlei 
an IRöbeln, Geräten, Glasgemälden und Waffen zur Aus 
stattung seiner Häuslichkeit zusammengebracht. Jn Wien 
und auf Reisen, besonders in Paris, in den Riederlanden 
und in IRünchen roar er, roie die Umstände eS irgend 
gestatteten, ein eifriger Käufer. Gr beschränkte sich nicht 
auf diese oder jene Spezialität. Die Kenner roerden je^t, 
da sein Rachlafj der Kritik preisgegeben ist,*) bestätigen, 
*) Hm 8. d. JTl. findet bei Cepke in Berlin die Versteige 
rung statt. 
dafj er mit sicherem Instinkte für das Cchfe auf dem roeiten 
Seide des Kunstgeroerblichen geroählt hot. 
Seine innigste Hiebe gehörte den deutschen Bildroerken 
des 15. und 16. Jahrhunderts. Heute, da sich die IRode 
diesen Dingen zugeroandt hat und der Wettstreit der 
deutschen Rluseen sich hier betätigt, roird nichts in der 
reichen Sammlung lebhaftere Beachtung finden als die 
Skulpturen. Unter dem berühmten Ramen „Riemenschneider“ 
sind in dem Katalog der Sammlung nicht roeniger als drei 
Werke oerzeichnet, dabei die „mater dolorosa“ (Rr. 56) 
aus der Hefner-Alteneck-Sammlung, die 1904 auf der Ver 
steigerung 10100 IRark brachte, mährend das oiel schlech 
tere Gegenstück, der Johannes um 3060 IRark für das 
städtische UJuseum in frankfurt a. FR. gekauft rourde. 
Ramenlos, roie die allermeisten Schöpfungen der deutschen 
Holzschnitzerei, ist die roeibliche Heilige (Rr. 63), die roun- 
derooll leuchtet in ihrer originalen Vergoldung und eine 
feierliche IRonumentalität besitzt roie wenige deutsche Bild 
werke. Das Steinrelief mit der Anbetung der Könige 
(Rr. 70) ist um 1450 roohl in RJitteldeutschland ent 
standen und hatte ursprünglich wahrscheinlich seinen 
Plat) am Sockel einer RJadonnenstatue roie ein stilistisch 
verwandtes Relief in der Andreaskirche zu Halberstadt. 
Den grofzen tirolischen Altar (Rr. 73) und das verwandte 
Fragment einer Geburt Christi (Rr. 55) hat Hans Semper 
dem historischen Zusammenhang einzufügen uersucht, als 
diese Stücke auf einer Teihausstellung in Innsbruck erschienen. 
Roch einige Bemerkungen über die Gemälde. Vor 
der niadonna in Halbfigur mit feingliedriger, gemalter 
Architektur (Rr. 22) roird von den Spezialkennern des ita 
lienischen Quattrocentos, roie ich denke, die Bennung Gio 
vanni Boccatis anerkannt roerden. Von diesem Umbrier 
gibt es sehr roenige Arbeiten. Die hübsche, kleine RJadonna 
auf der Rlondsichel (Rr. 20) zeigt den früheren Sfil Barthel 
Bruyns. Die Darstellung Christi mit der Chebrecherin 
(Rr. 27) hebt sich durch die Signatur: HK (aneinander 
gefügt) 1530 — aus der ungeordneten Rlasse des Cranach- 
schen Schulgutes heraus und roird, namentlich roenn es 
gelingen sollte, die Wappen zu deuten, zur historischen 
Aufklärung beitragen. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat 
der zu Teipzig tätige Hans Krell, der „5ürstenmaler“, 
diese Tafel geschaffen. Cine stilistisch nahe verwandte, 
ebenso signierte und 1547 datierte Zeichnung rourde bei
	        
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