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Internationale Sammler-Zeitung.
rtummer 21
des heurigen Jahres in der Schtneiz roieder aufgefundenen, im Be
säße eines flachkommen non öoethes freundin Barbara Schultheß
befindlichen ersten fassung non „Wilhelm Uleister“, kann als beendet
angesehen tuerden. Wie roie erfahren, wird das Buch bereits in
den nächsten Wachen im alten Goethe-Verlage Cotta, und zwar
unter dem Titel „Wilhelm ITleisters theatralische Sendung“
erscheinen. Zunächst wird nur eine Cuxusausgabe für Bücher
freunde ueranstaltet, der unmittelbar oar Weihnachten nach eine
wohlfeile Ausgabe folgen soll, Die Sache schob sich deshalb so
lange hinaus, roeil die Crben Goethes, sich auf den § 29 des deut
schen Urheberrechtes stülpend, anfänglich grafje Schmierigkeiten
machten. Hach diesem Paragraphen genießen nämlich auch solche
Werke, die noch 50 Jahre nach dem Tode des Verfassers auftauchen,
sofern sie zum erstenmal ueröffentlichf werden, eine geseßliche
Schußfrist oon zehn Jahren, ln deutschen Verlegerkreisen entspann
sich nun um die Gewähr des Abdruckes des „Urmeisters“ ein
ungemein heftig geführter Wettkampf. Schließlich errang Cotta
den Sieg, in dessen Cigentum nunmehr auch „Der Unneister“ oder
wie Goethe selbst die erste fassung seiner Dichtung nannte, „Wil
helm ITleisters theatralische Sendung“ übergegangen ist.
(Cin Cxemplar des Crsten „Werther“) Kurt Wolf
berichtet in der „Zeitschr. f. B “: Cin bibliophiles Rarissimunr und
Unikum taucht in Ceipzig im Antiquariat der Buchhandlung Alfred
Corenß auf. Der erste Druck der „Ceiden des jungen Werthers“,
Ceipzig, in der Weygandschen Buchhandlung 17 74 mit dem Druck-
fehleruerzeichnis, hat oon jeher einen hohen Preis auf dem Anti
quariatsmarkt gehabt, zumal wenn es sich um eines der wenigen
Cxemplare auf starkem Papier handelte, wie bei dem oorliegenden:
aber auf Auktionen und in Katalogen kam und kommt der Druck
oerhältnismäßig häufig oar Hier handelt es sich doch noch um
etwas ganz anderes: das Cxemplar weist 19 eigenhändige Korrek
turen Goethes auf, und am Cnde des ersten Teils (S 112) findet
sich oon seiner Hand der Vierzeiler:
Jeder Jüngling wünschet so zu lieben
Jedes JTlädchen so geliebt zu seyn.
Ach der heiligste oon unsern Trieben
Warum quillt aus ihm die glimme Pein?
Der Goetheforschung war dies Cxemplar nicht unbekannt, nach
dem der frühere Besser in den Grenzbofen 1892 5, 47 oon seiner
glücklichen Akquisition Aufteilung gemacht hatte, wurden die zum
Teil bedeutsamen Korrekturen Goethes oon Bernhard Seuffert in
die Cesarten zu den „Ceiden des jungen Werthers“ in der Weimarer
Ausgabe (ogl. 1. Abt. Bd. XIX 5. 313 und 353 ff.) aufgenommen
Auch der oben mitgeteilte Vierzeiler weicht oon der späteren fassung,
wie sie sich auf dem Titelblatt der „zweyten ächten Auflage“ findet,
ab. Aber es ist kaum das fexfkritisch Bedeutsame, oias den
Bibliophilen und speziell den Goethe-Sammler, der wohl auch immer
ein Goethe-Cnfhusiast sein wird, erregen mag, wenn er dies Buch
in die Hand nimmt: es ist der Werther, das Buch, das zuerst oor
uns steht, wenn mir an den jungen Goethe denken, das Buch, das
einer literarischen Cpoche den Hamen gab, einer ganzen Zeit seinen
Stempel aufdrückte und an dem der Dichter hing wie an keinem
anderen seiner frühen Werke. Das Crlebnis, das er im Werther
hatte begraben wollen, lag ihm noch lebendig in der Seele: „Cofte,
wie, lieb mir das Büchelgen ist, magst du im Cesen fühlen, und
auch dieses Cxemplar ist mir so werth als mär’s das einzige in
der Welt. Du sollts haben, Cotte, ich hob es hundertmal geküßt,
ich habs weggeschlossen, daß es niemand berühre“. Und dieses
Cxemplar, was uns hier oorliegt, ist durch Goethes Hand gegangen,
oon Goethe gelesen, in achtsamster Sorgsamkeit sind Druckfehler
und Versehen beseitigt, und dann mag er’s an freunde geschickt
haben. An welche? Das wird kaum sicher zu beantworten sein.
Vielleicht an Sophie oon Ca Roche, an die er am 19. September
1774 schrieb: „Donnerstag früh geht ein Cxemplar Werther an Sie
ab. Wenn Sie und die Ihrigen es gelesen, schicken Sie’s weiter
an friz, ich hab nur drei Cxemplare und muß also diese zirku
lieren lassen“. Vielleicht ist’s auch sein eigenes Handexemplar,
das oon ihm später oerschenkt wurde oder abhanden kam? Von
Zeit zu Zeit, aber immer seltener, tauchen solch einzigartige Dinge
auf, an die mir Bibliophilen zuerst nie glauben wollen, weil es zu
unwahrscheinlich erscheint, daß so etwas noch existieren kann,
und wenn wir dann die Bestätigung daoon hören, dann bauen
wir Cuffschlösser und hoffen, auch einmal derartiges zu finden
auf der Dult in ITtünchen oder Augsburg, fiir ein paar Groschen
natürlich: Gott, cs wäre doch möglich: das faustfragmenf oon 1790,
Goethes Handexemplar, unbekannte Paralipomena, Schema zum
zweiten Teil . . . Die Buchhandlung Corenß fügt dieser ITtitteilung
folgendes bei: „Die Kostbarkeit ist in ihrem bescheidenen Original
bande belassen worden. Um ihn wurden Umschläge oon Rohseide
und weichem maroquinleder gelegt und darum eine ITtaroquinkapsel
gefertigt, die in einem Pappetui ruht.“
Bilder.
(Cin gestohlener Rembrandt.) Aus Warschau wird
berichtet: Aus der Gemäldegalerie des Grafen Branicki ist ein
Werk Rembrandfs, darstellend einen Greisenkopf, das einen
Kunstwert oon 40.000 Rubeln hat, gestohlen morden.
(Cntdeckung eines Tizians in Ungarn.) Aus Buda
pest wird berichtet: Der pensionierte Kurialrichter Karl Haoas
beauftragte den lltaler Rudolf ITloretti mit der Restaurierung
mehrerer, in seinem Besiße befindlicher Gemälde. Unter den Bildern
befand sich auch eines, das im Jahre 1838 anläßlich der Hoch-
wasserkatastrophe aus einem oom Hochwasser bedrohten Kastell
entfernt wurde Der lltaler machte nun die Cntdeckung, daß das
Gemälde, welches eine oenezianische Schönheit, auf einem Ruhe
bette liegend, darstellt, ein Tizian sei. Haoas hat oon dem inter
essanten fund die heroorragendsfen Künstler oerständigf.
(Cin Reiterporträt aus dem Jahre 1848.) Die firma
Wilhelm Herrnfeld, Wien, 1. XVollzeile 9, macht uns Alitteilung oon
der Crwerbung eines historisch und künstlerisch interessanten
Aquarells. Cs ist ein Reiterporträt des Gardeadjutanten fichtl,
der sich in den Jahren 1848, 1849 und 1850 heroorgetan hat. Unten
am Bilde rechts ist zu lesen: „Garde Adjutant fichtl der Ceobner
Dioision.“ Die Inschrift unter den Vorderfüßen des Schimmels
lautet, soweit sie schon entziffert ist: „Angriff in der lllichaeler
Au am 8. Juni 1848 — national Garde auf Zug oon Baludiner. —
Im Hintergrund sieht man Kanonen und kämpfende Soldaten in
blauen Röcken und hohen Csakos mit Adler. Das Aquarell, das
sich in hübschem oergoldeten Rahmen befindet, sollte sich das
Ceobner niuseum nicht entgehen lassen.
(Verkauf eines echten niurillo.) ln Cioerpool hat, wie
englische Blätter berichten, ein katholischer Geistlicher einen echten
IHurillo, der eine bemerkenswerte Vorgeschichte hat, billig er
worben. Das Bild stellt eine llluttergottes oor und befand sich
zweifellos mehr als hundertfünfzig Jahre in Cioerpool. Vor achtzig
Jahren mar es Cigentum eines Antiquitätenhändlers im seiner-
zeitigen spanischen Viertel Cioerpools. Hach seinem Tode oerkaufte
sein Sohn das Gemälde einem freunde, einem Bürger der Oranje
republik. Als die Glaubenskämpfe in Cioerpool wüteten, wollte
leßterer das Bild nicht länger in seinem Hause behalten und es
wurde neuerdings zum Kaufe angeboten. Pater Jeanrenaud, der
Pfarrer der römisch-katholischen Kirche oon St. Philipp lleri, hörte
daoon, eilte herbei und, entzückt oon der Schönheit des Gemäldes,
machte er ein Angebot und erstand es für eine oerhältnismäßig
kleine Summe. Die Ceinwand war in einen alten Holzrahmen ge
nagelt und oielfach besudelt. Als er eines Tages das Bild genauer
prüfte, fand Pater Jeanrenaud die Initialen „B. C.“ auf der Rück
seite des Rahmens. Die Buchstaben waren augenscheinlich schon
oor oielen Jahren hingeschrieben morden. Der Priester schien den
Wert des Bildes zu ahnen und betraute einen Sachuerständigen
mit dessen Prüfung Dieser kam zu dem Schlüsse, daß es ein
echter niurillo und die Buchstaben auf dem Rahmen jene Bartolme
Csteban lAurillos seien, llach Ansicht eines Kunsfsachoerständigen
hat das Bild einen Wert oon 2000 £.