Hummer 21
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Internationale Sammler-Zeitung.
Antiquitätenhändler der Val Tellina gewandert sind. Der lllann
ruurde reich daoon und baute sich uon dem Oelde, das ihm das
Kirchengut einbrachte, ein oornehmes Haus mit einem prächtigen
Garten; rings um das Haus ist ein munderbares schmiedeeisernes
Gitter aus dem 17. Jahrhundert gezogen, ein Gitter, das einst den
Hauptaltar einer grofjen Kirche zierte. Ich lueifj uon einem Pfarrer,
der die aus dem 16. Jahrhundert stammenden Wandmalereien
seiner Kirche, um ihnen „ein freundlicheres Aussehen zu geben,“
restaurieren und übermalen lief], und zroar uan einem Koch, ln
einem andern Orte endeckte ich eines Tages in der Kirche unter
dem niauerberourf Hlalereien, die wahrscheinlich aus dem 15. Jahr
hundert stammten. Der Dorfgeistliche mar uan dieser Endcckung
sa entzückt, daf; er, um die JTlalereien freizulegen, die Wand mit
einem ITlaurerhammer bearbeitete. Als dann die uon mir unter
richtete zuständige Kunstkommission eintraf, um sich die Sache
anzusehen, waren die Wandmalereien nur noch elende Trümmer.
Und was soll ich erst uon jenem Expriester einer grofjen lombar
dischen Ortschaft sagen, zu dem ich mich in amtlicher Eigenschaft
begab, um nachzusehen, wie es um ein im ßesif] der dortigen
Kirche befindliches Bild uon Gaudenzio Ferrari bestellt war. Ich
fand das wertoolle Gemälde im Pfarrhause, wo es auf zwei Holz
bücken lag und als Eßtisch diente. Recht originell, aber ein bifjehen
sehr naiu war auch ein anderer landgeistlicher, der eines schönen
Tages heiter und guter Dinge im Brera-IAuseum erschien, um uns
ein Geschäft uorzuschlagen: er wollte uns ein wunderbares Kirchen
bild oerkaufen, schien aber ganz oergessen zu haben, daf] wir selbst
dieses selbe Bild einige Jahre oorher seiner Kirche anoertraut hatten,
damit es ihr zum Schmuck diene. Hohes Hob oerdient dagegen
der Pfarrer Ferdinande ITlanzini oan Roccamalatina bei JTlodena,
der trat] der feindseligen Haltung der Beoölkerung und der Vor
gesehen Tag und flacht mit dem Hammer und mit seinen Finger
nägeln arbeitete, um die entsetzliche Tünche, die die mauern seiner
mittelalterlichen Kirche bedeckte, wieder zu entfernen. Dank seiner
Ulühe ist die Kirche jel]t eines der schönsten fflonumente der
ganzen Gegend.
Uom Kunstmarkte.
(Sammlung Ceonhard, mannheirn.) ln der Galerie
Helbing in ITlünchen wird am 14. llooember und den folgenden
Tagen die zweite Abteilung der Sammlung Ceonhard in ITlann-
heim oersteigert; die erste Abteilung ist, wie erinnerlich, s. Zt.
in Berlin oerauktioniert worden. Die zweite Abteilung ist eine
sehr umfangreiche Vereinigung kunstgewerblicher Erzeugnisse,
oornehmlich des 17. und 18. Jahrhunderts, aber auch der Bieder
meierzeit. Im allgemeinen hat die Sammlung den Charakter einer
bürgerlichen Kunst, die Einrichtungsgegenstände und Schmuck
stücke des deutschen Bürgerhauses oon der Barockzeit bis zirka
1840 umfafjt. mithin ist der Versteigerung nicht nur ein grafjes
kulturgeschichtliches Interesse, sondern auch ein nicht minder-
bedeutendes kunsthistorisches zuzuerkennen. Das gilt auch oon
der Keramik, Hafnerarbeit, Steinzeug und namentlich die überaus
gut oertretene süddeutsche Fayenceproduktion des 18. Jahrhunderts
sind hier ebenso wertooll oom kulturgeschichtlichen, wie oom
Standpunkte des Kunsthistorikers, namentlich Durlach und ITlosbach
sind in kaum wiederkehrender Quantität und seltenster Qualität
oertreten, man findet hier Stücke, die selbst den gröfjten badischen
Sammlungen fehlen, und besonders die Durlacher Zunftkrüge sind
an sich ja Unika, als Geschenke, meist als Hochzeitsgaben auf
direkte Bestellung hergcstellt. Unter den Porzellanen dominieren
die süddeutschen und Thüringer ITlanufakturen. Besonders die
Frühzeit Frankenthals ist reich oertrefen; unter den Thüringer
Produkten ist die grofje Cimbacher Kreuzigungsgruppe geradezu
als Seltenheit allerersten Ranges, wenn nicht als Unikum zu be
zeichnen; ein zweites Exemplar oon so homogener Bemalung
und originaler lllontierung ist mindestens nicht bekannt. Sehr
reich ist auch die Abteilung der Gläser, oormiegend schlesische,
sehr uiele in prächtigem Figurenschnitt, fast alle kulturhistorisch
interessant, dazu sämtliche Objekte, die man jetjt kaufen sollte,
da die Fälscher-Künste bereits anfangen, auch auf dieses Gebiet
überzugreifen, und da das Seltenerwerden und die damit oerbundene
Preissteigerung sehr bald bemerkbar werden dürfte. Sehr oiel
Hübsches findet sich unter den alten Bestecken, sowie unter den
Dosen, Stöcken und Pfeifen, manches Bemerkenswerte enthält die
Abteilung der metallarbeiten, namentlich Zunftsachen und andrer
seits kirchliche Geräte; unter den Galdschmiedearbeifen übermiegt
der Schmuck. Das Zinn, das „Silber“ des kleinen Bürgerhauses
der alten Zeit ist hier besonders durch sonst seltene Geschirre
oertreten, so sind mehrere Garnituren oon hübschen Kaffee- und
milchkannen oorhanden. Ungleich wichtiger ist aber die grofje
Abteilung der Kleinportät-Kunst: Silhouette, miniature, Wachs-
bossierung. Von der Silhouette sind alle Phasen ihrer Entwicklung
anzutreffen, oon dem einfachen, mit dem Federmesser ausge
schnittenen Schattenriß über die gemalte Silhouette bis zur Glas-
Silhouette mit bunter Innenzeichnung. Sehr reich ist auch die
Porfrät-miniature oon zirka 1780 bis zirka 1850 oertreten, oor-
wiegend süddeutsche Arbeiten, oiel Bemerkenswertes und durch
gängig Echtes, Originales. Ein ganz besonderer Schaf] sind
schließlich die Wachsbossierungen. Eine so grofje Zahl dieser
Seltenheiten dürfte nicht wieder gleichzeitig auf den markt
kommen; drei Arbeiten oon Hardy, mehrere oon Hinei und anderen
geschälten Spezialisten bilden eine ganz entzückende, überaus
wertoolle Spezialsammlung. Der Katalog ist durch ein mit dankens
wertem fleifj aufgestelltes, nach Schlagworten geordnetes Inhalts-
oerzeichnis bereichert, sodaij schon durch dieses Register ein
Überblick über den Reichtum der Sammlung gegeben ist; auch
ist bei den bedeutenden Objekten die fachwissenschaftliche fiferatur
angeführt. Von besonderem Wert ist aber der grof]e lllustrations-
apparat: Auf 30 Cichtdrucktafeln ist eine reiche Zahl der be
merkenswertesten Stücke dieser grofjen und interessanten Samm
lung in oorzüglicher Weise reproduziert.
(Die Kunst-Auktion bei Wawra.) Bei lebhafter Betei
ligung oon Sammlern aus dem In- und Austande ging die Auktion
der grofjen Alt-Wiener Kleister durch die Kunsthandlung E. J.
Wawra in Wien oor sich, llamhafte Preise erzielten Carl Agri-
cola, Amor und die schlafende Psyche, 780 K, „Fater, 12 Jahre
alt oon Cairo und Halayaci, 40 Jahre alt oon Cairo,“ 1600 K,
Jacob Alt, Aus Oberifalien, 7500 K (Beer.), Rudolf oon Alt, Ansicht
des Jasephplal]es, 2000 K, ITlotio aus Salzburg, 1550 K, Blick auf
die Kirche lllaria lllaggiore, 1550 K, Albert Decker, Blumen
mädchen, 1250 K, Johann Drechsler, Rosenbukett in einem
Wasserglas, 190 K (Hebel, Wien), Johann En der, Porträt des
Fm. Erzherzogs Carl, 1000 K (Albertina, Wien), Thomas Ender,
der Urtelstein, 1160 (Hofrat August Schaeffer, Wien), Peter
Fendi, Rast der Wallfahrer, 680 K (Hofrat Schaeffer), Fendi,
Kind und alternde Frau, 700 K, V. o. Kininger, Porträfgruppe,
660 K, Josef Kriehuber, Damenporträt, 1600 K, ITlönch, Eiger
und Jungfrau, 1000 K, Hilder sen., Herrn-Porträt, 600 K,
Ranftl, Der Schufjengel, 720 K, Eduard Ritter, Beim ITlarterl,
480 K, Antan Romako, Alter Hof, 450 K, August Schaeffer,
lAofio oon Alt Aussee, 450 K, Albert Schindler, Gerne-Grofj,
1520 K, Bäuerin und Kinder, 1500 K, Karl Schindler, llach der
Fronleichnamsprozession, 600 K, Der Pardon, 530 K. Franz Zeil-
ner, Der Gang oom markt, 520 K, Heimfahrt oom ITlödlinger
Wochenmarkt, 950 K.
(Französische Kunst des 15.—18. Jahrhunderts.) Die
Sammlung J. P. (Pariser Prioatbesil]), die bei Cepke in Berlin
oerauktioniert wurde, schlofj mit einem Ergebnisse oon 5 7.85 0
mark ab. Die Einzelpreise sind folgende: A. Ölgemälde: Hol-
länd. Schule. 17. Jahrh. Ar. 1. Porträt eines bärtigen manches,
Ulk. 86. nach J. B. Huet. Ilr. 2. Ciebespaar, oan einer älteren Frau
belauscht. Alk. 59. CI. Joseph Vernef. Art. nr. 3. Seesturm. Blick
auf die bewegte See, HJk. 130. CI. Joseph Vernet. Art. Ilr. 4. Ge
birgige Candschaft bei Abendbeleuchtung, mk. 71. Französische
Schule. 18. lahrh. Ilr. 5. Porträt. Brustbild eines Fürsten in Rüstung
und Allongeperücke. 111k. 110. Französische Schule. Ende 18. Jahrh.
nr. 6. Allegorische Darstellung. Eine Frau erschreckt eine andere
durch das Vorhalten einer lllaske. Fries auf Holz. En grisaillo ge-