Rummer 21
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 325
Die Exlibris-5ammlung Stiebei.
einrich Eduard Stiebel’s Exlibris-Sammlung, die
bei C. C. Boerner in Ceipzig zur Versteigerung
kommt, rangiert mit ihren zirka 20.000 Blatt
an zweiter Stelle der bekannten deutschen Samm
lungen: nach ihrem inneren Wert und der Zahl
kostbarer Seltenheiten, die sie umschließt, dürfte
sie überhaupt non keiner anderen Sammlung
übertroffen werden.
Der Katalog mit 272 Seiten stellt ein um
fängliches Werk dar, das nicht nur für den
Sammler, sondern auch für den forscher oon
Sig. [3.
größtem Interesse ist. Viel wissenschaftliches material tritt
in diesem Katalog zum erstenmale an die Öffentlichkeit.
Denn infolge seiner tust an eigenem Publizieren seiner
funde und Erkenntnisse liebte Stiebei es nicht, anderen
zu gleichem Zwecke dauon lllitteilung zu machen, so daß
führende lllänner der Exlibriskunde, wie Graf Bei ningen-
Westerburg und friedrich Warnecke seine Sammlungen
so gut wie gar nicht gekannt haben.
Der Sammlung Stiebei fehlt so wenig zur Vollständig
keit, daß der Vermerk „fehlte der Sammlung Stiebei“ in
späteren Katalogen gewiß als Beiwort höchster Seltenheit
gelten wird. Beginnen wir mit den deutsch-österreichischen
Exlibris, deren Entstehung zeitlich fast mit „der Erfindung
des Buchdruckes“, wie man die durch Gutenberg einge
führten Reuerungen fälschlich bezeichnet, zusammenfällt,
so stoßen wir in der Sammlung auf das Wappen des
Hildebrand oon Brandenburg, einen um 1480 entstandenen
Holzschnitt, der bis jeßt als das älteste Exlibris galt. In
dem Holzschnitte für den Kaplan Johannes Knabensberger
sehen wir ein eigentliches Besißerzeichen. Rach der Hnsicht
Stiebeis ist dieses Blatt noch älter als das Hildebrands,
er oerlegt es in das Jahr 1450. Ein weiteres Exlibris des
15. Jahrhunderts ist das der Rohrbach’schen Eheleute. Es
wurde wahrscheinlich zu deren, am 19. September 1466
erfolgten Hochzeit angefertigt, ein prächtiger Kupferstich
oon Barthel Schön. Eine Probe aus der friihzeit des
Exlibris gibt fig. 13. Der Kleister ist unbekannt, der
Eigner war K. oon Simon Dang. Die Darstellung ist fol
gende: Gefeilter Schild, im unteren Drittel ein schwarzer
Sparren mit drei grünen Sternen, darauf emporsteigend
ein Ritter mit bloßen firmen, die Rechte in die Hüfte ge
stützt, während sich die erhobene Hinke auf einen Stab
stüßt. Umgeben oon einem prächtigen Wappenmantel und
Schildhaltern. Der äußere, zirka 4 cm breite Rahmen wird
oon Allegorien ausgefüllt. Im unteren Spruchband die
Inschrift: Quindecimo Decemb: Anno Christ]' 1579.
Im 16. Jahrhundert fand das Bücherzeichen in Deutsch
land, dem Ursprungslande, seine höchste Vollendung, ln
dieser Zeit beti tigen sich zahlreiche unserer besten Künstler,
ein Albrecht Dürer, Cucas Cranach, Jost Amman, Barthel
und Sebald Beham, Virgil Solis, der Kleister J. B. und
oiele andere auf diesem Gebiete. Von Albrecht Dürer be
finden sich zwei der berühmtesten Blätter in der Sammlung :
Das Exlibris Willibald Pirkheimers und das des Propstes
Hektar Poemer. Auch oon Cucas Cranach werden drei
Bücherzeichen beschrieben: das ursprünglich als Buch
illustration bestimmte für die Predicatur zu Oehringen, das
für Scheurl und Tücher und das für die Unioersitäts-
Bibliothek Wittenberg. Von Jost Amman finden sich fol
gende Blätter: Baumgärtner, Rürnberg; fürer oon Heimen-
dorf; Geuder oon Herolßberg; Veit August Holzschuher
und Pfinzing oon Henfenfeld; oon Barthel Beham das
Exlibris Hieronymus Baumgartner, welches zu den schönsten
Exlibris-Stichen des 16. Jahrhunderts gehört; oon Hans
Sebald Beham sein eigenes Wappen-Exlibris.
Aus der Reihe der Seltenheiten des 15. und 16. Jahr
hunderts heben wir heroor das Exlibris des Justus Jonas,
des freundes Cuthers (fig. 14). Das bisher nirgends be
schriebene Blatt enthält eine Darstellung des Walfisch-
fig. 14,
Abenteuers des Propheten Jonas. In der linken oberen
Ecke sehen wir das Wappen des Justus Jonas, ein Corbeer-
Bäumchen im Kübel, darunter oier Zeilen aus dem Eoan-
gelium Cucas, XI. Kapitel,