Zentralblaff für Sammler, Eiebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Blorbert ehrlich und 3. Hans Prosl.
2. Jahrgang.
Wien, 1. Dezember 1910.
Hummer 23.
moderne Altertümer.
Von Hmbros Crbstein (Weidlingau bei Klosterneuburg).
II. (Schluß,
Zeichnungen, die alten holländischen oder italien
ischen ITleistern zugeschrieben werden, sind so
häufig, dafj bei jedem Stücke die sorgfältigste
Prüfung notwendig ist. Zu Ende des 18. Jahr-
iS hunderts gab es in Bologna eine Schule für
Aachahmer der alten ITleister, die eine BRenge
Bilder auf den ITlarkt brachte und dies teilweise
im Hinblicke auf die angekündigfe Reise nach
Italien des damals bekannten Kunstmäzens Bord
Johns tat. Van diesen Zeichnungen sind noch
heute oiele in englischen Häusern zu finden.
Solche Fälschungen sind aber unschwer zu entdecken,
wenn man eine genauere Kenntnis des Papierkornes
und der Wasserzeichen non einst und jetjt besitjt. Anderer
seits sind die für alte Zeichnungen gezahlten Preise so
hoch, dafj die riachahmer ihre Kunst auch auf das Papier
ausdehnen, wenn das Suchen in alten Büchern nicht
unbeschriebene Blätter aus der gewünschten Zeit bringt.
Ein riachtönen mittelst Kaffeesuds, ein Anbrennen der
ücken des Papiers usw., sind die Vorarbeiten des Zeichnens,
das oft nicht mehr als den ersten Entwurf eines berühmten
Gemäldes oortäuschen soll. Solche Zeichnungen werden
in der Regel auf dem besten Karton aufgezogen, um etwa
nach Wasserzeichen neugierigen Sammlern die Freude zu
oerderben. Dalj solche riachahmungen selbst zu Bebzeiten
eines Künstlers geschehen, beweist ein Erlebnis des be
rühmten französischen Zeichners Gaoarni, der einmal
zufällig zu einer Versteigerung in einer entlegenen fran
zösischen Prooinzstadt kam und dort eine größere Anzahl
seiner Werke zum Verkaufe anbieten sah. Gaoarni, der
die seinen Ramen tragenden Zeichnungen als Fälschungen
erkannte, protestierte gegen diesen Unfug, doch sein Ein
spruch erweckte ein höhnisches Gelächter, und als er seinen
namen nannte, wurde er als ein oerrückter Stänker aus
dem Saale gedrängt. „Wenn diese Zeichnungen wenigstens
gut gewesen wären,“ pflegte Gaoarni zu sagen und nannte
die hohe Summe, die für sie gezahlt wurde.
Auch Aufagraphensammler sollen stets auf der Hut
sein. Freilich, jeder fällt nicht so gründlich hinein wie
michel Chasles, der berühmte Geometer, dessen Fall oor
das Gericht kam. Br kaufte eine Sammlung oon ungefähr
27.000 Stück, darunter Briefe oon Jesu Christi, Kleopatra,
Alexander dem Grofjen, Bazarus, ITlaria lllagdalena, Pilatus,
Judas, Alkibiades u. a. und zahlte dafür ein Vermögen.
* Siehe 11 r. 22,
Der Gerichtshof ahndete diesen Betrug mit zwei Jahren
Gefängnis. Der Verteidiger des Betrügers hatte geltend
gemacht, dafj der größere Teil der Schuld durch die Beicht
gläubigkeit des Käufers geschah, der überdies den Auftrag
zur Beschaffung dieser Briefe gegeben hatte. Dringende
Rachfragen haben zumeist auch die geschickt gemachten
Fälschungen der BRanuskripte aus der Zeit der Renaissance
gezeitigt, wie auch der Wunsch, die Bibelmissenschaft zu
erweitern, das britische llJuseum beinahe dazu gebracht
hat, die berühmten Fälschungen Schapiras, die aus mehreren
Varianten des alten Testaments bestanden, für eine BRillion
ITlark zu kaufen. Schapira hat auch in Berlin eine Samm
lung unechter BRaabiter-Töpfe an den Alarm gebracht und
dem Bouore die berühmte Tiara des Saitaphernes angehängt.
Bei den Handschriftenfälschungen leistet die Photo
graphie oorziigliche Dienste. Cine einfache ITlethode zur
Erprobung, ob ein Schriftstück mittels Tinte oder Drucker
schwärze hergestellt ist, besteht in dem Eintauchen der
Schrift in eine der Säuren, die wohl die Tinte, aber nicht
die mehr fetthaltige Druckerschwärze angreifen. Doch diese
ITlethode hat den Rachteil, daij dabei echte Stücke gänzlich
uerdorben werden können. Die Photographie leistet aber
auch den Sammlern gute Dienste. Will man an einem
Pergament erkennen, ob nicht schon früher einmal darauf
geschrieben wurde, so braucht man blofj eine photographi
sche Aufnahme zu machen und entdeckt dann in dem
Regatio die Überbleibsel der ältern Schrift. Aber wie
schwierig das Unterscheiden des Echten oom Falschen auf
diesem Gebiete auch für Kenner ist, beweist der Umstand,
dafj in der größten Versteigerungshalle der Welt, im Hotel
Drouot in Paris, für die Untersuchung oon Schriftstücken
acht Tage benötigt werden, während über die Echtheit
andrer Dinge binnen zwei Tagen Zeugnis gegeben wird.
Das Bearbeiten eines bereits beschriebenen Pergaments,
um darauf eine neue Schrift anzubringen, erfordert grofje
Sorgfalt, denn das Waschen oerdirbt die Oberfläche, die
sodann keine neue Schrift annimmt. Aber auch die gröfjte
Alühe schreckt die Fälscher nicht ab. Übrigens werden
alte, unbeschriebene Pergamente noch immer ziemlich häufig
gefunden, besonders in Italien, oder durch Abreisen alter
Buchdeckel gewonnen. Der Schwindel mit alten Büchern
geht so weit, dafj die mit besonderer Sorgfalt ausgeführten
und reich oerzierten ersten und letzten Seite alter Klassiker
neueren und weniger kostbaren Ausgaben eingefügt werden,
um dadurch diesen Büchern ein BRerkmal zu geben, das nur