Seife 356
Internationale Sammler-Zeitung.
Hummer 23
Grad technischer Vollkommenheit, der dem Beschauer Sug
gestionen — direkt eine Aminierung des Tastsinnes —
oermittelt. Unwillkürlich denkt man oon hier aus an das
stupendeste Stillebenbild des 19. Jahrhunderts, an HJanets
„Spargelbündel“ bei Utax Ciebermann. Das schöne Still
leben des Griechen Flikolaus Gysis bei nieder fällt daneben
ab. Dahingegen lernt man die malerische Kultur dieses
Griechen (des einzig bekannt gewordenen JTlalers seiner
Ration im 19. Jahrhundert) in einem Genrebildchen (Illutter
strickend am Bett des kranken Kindes) schälen, etwas
aom Geiste (Renzels lebt in einem kleinen Rokokointerieu
non C. non Hagn. Aus Aleisfer Uhdes später Zeit ist ein
Bild seiner „Töchter mit dem bekannten Hunde im Garten“
zu registrieren. Interessanter ist das früh in Paris ent
standene Bild „Der Schimmel“ (früher im Besitz des Hof-
kunsthändlers Riegner), abzielend auf den Effekt in Weil)
gegen den dunkelgrünen Hintergrund. Ulan spürt hier
Uhde als Kollegen Tiebermanns, beide als Schüler lAurt-
kacsys. Derselben Rasse angehorend, geliert sich Gott
hardt Kühl in einem prächtigen, 1873 entstandenen
Interieur non sprühender farbenlust. Unser lieber Haber
mann ist nur einmal und im kleinen Format, aber munder-
noll charakteristisch oertreten. Den in Zeichnung, Charakter
und Tönung mit Sicherheit hingeworfenen Kopf einer JAon-
dainen (Rüstern, Rlund und Augen oibrieren oor Ceben-
Die Zeitungsmeldung, dal) in Buenos Aires eine Bibliothek
in einer Rächt non Ameisen zerstört morden sein soll, gibt dem
„Buchhändler-Börsenblatte“ Veranlassung zu einem sehr hübschen
und inhaltsreichen Aufsaße über die Tätigkeit non Insekten als
Bücherfeinde, aus dem einige hier besonders anziehende Einzel
heiten mitgeteilt sein mögen.
Dal) manche Insekten in heißen und feuchten Eändern, z. B.
auf den Antillen, den Philippinen, in Südamerika usm. außeror
dentliche Verheerungen unter Büchern anrichten können, ist Tat
sache; Houlberf berichtet uon einem falle, roo eine Sammlung
oon mehreren tausend Büchern in der Zeit non zmei Jahren der
Tätigkeit uon Insekten uöllig zum Opfer gefallen ist. Unter diesen
bücherfeindlichen Insekten ist ja nun der altberühmte oder oielmehr
altberüchtigte Bücherwurm die klassische Gestalt. Der Bücher
wurm wird oan den Bücherfreunden schon seit Jahrhunderten mit
ihrem aallen Hasse beehrt. Bereits Eucian und andere antike
Schriftsteller sprechen uon ihm, Parnell hat ihm eine nicht gerade
wohlwollende Ode, Pierre Petit 1685 ein langes lateinisches
Schmähgedicht gewidmet. Um so merkwürdiger, daß besagter
Bücherwurm im ganzen sehr lange, ja bis in die allerjüngste Zeit
hinein eine recht rätselhafte und chamäleonartige figur geblieben
ist. Die früheste Beschreibung des Bücherwurms findet sich in
Hookes 1665 zu Eondon auf Kosten der Royal Society gedruckter
„micrographia,“ aber diese Beschreibung ist wunderlich durch ihren
Reichtum an Gegensäßen. Sie Bereinigt nämlich die genaueste
mikroskopische Beobachtung mit den derbsten Schnißern und im
Ganzen scheint das Tier, das Hocke beschreibt, dem Silberfisch
chen oder Zuckergasf (Eepisma saccharina £.) nahe zu stehen.
Die Entomologen haben der llafurgeschichte des Bücherwurms an
scheinend nicht oiel Aufmerksamkeit geschenkt und selbst über die
ihm zukommende zoologische Bezeichnunng hat noch bis in die
neueste Zeit hinein nieinungsoerschiedenheit geherrscht.
Den wissenschaftlichen Ausgangspunkt der Kenntnis dieses
Bücherfeindes bildete der Kampf, den die Unioersitätsbibliothek
Göttingen 1775 gegen die Bücherwürmer unternahm, als sie ihre
Schäße oon ihnen bedroht sah. Sie eröffnete nämlich ein Preis
ausschreiben für die beste Beantwortung folgender fragen ; „Wieoiel
digkeif) ziehe ich den meisten Porträts uor, die mit mehr
Prätention Habermanns Geschmack an der Schlangenlinie
oerraten wollen. Der pikante Reiz des IRederschen Kopfes
liegt nicht am wenigsten in der Tönung durchaus in
schwarz-tue iß, nur einmal unterbrochen durch die rote
Rose im Haar. Von einer sehr delikaten Skizze zu „Jairi
Töchterlein“ non Albert non Keller, aus der Serie derer,
die unsere Sezessionsgalerie schmücken, läßt sich Ähnliches
behaupten. Sie ist anreizender als ausgeführte große
Bilder Kellers. Wenn ich schließlich noch Adolf Hengelers
dinerse Candschaften mit figuren, Sleuogts „Damenporträt“
und sein „Zirkusinferieur“, des Weimarer Thedy wunder-
oalle Stiere und nicht zu oergessen eine skizzenhafte
Waldhütte (hinter der kein IRensch sofort den signierten
Defregger ahnen würde), als prächtige Enterbungen geiten
lasse, möchte ich es damit genug sein lassen. Ich habe
uielleicht schon mehr aufgezählt, als dem Ceser — in der
Erinnerung zu behalten — zugemutet werden darf. Das
mißliche, uon Bildern zu sprechen, ohne sie gleichzeitig
in der Abbildung oorzeigen zu können, wird uielleicht
mehr noch oam Referenten als uon den Cesenden empfun
den. Wirklichen Interessenten aber ist die Galerie dank
dem liebenswürdigen Entgegenkommen des Besitzers ja
leicht erreichbar.
111. Allcj. Z.
Arten uon Insekten gibt es, die den Bibliotheken und Archioen
schädlich sind? Welchen Teil der Bücher greift jedes Insekt oor-
zugsmeise an? Welches sind die besten lllittel zur Vertilgung der
Insekten?“ Die drei in diesem Wettbewerbe siegreichen Preisschrif
ten wurden 1775 zusammen ueröffentlicht und bilden die erste
solide Untersuchung unserer frage. Weitere Preisausschreiben darüber
sind 1842 und im Anschluß an den Kongreß der Bibliothekare in
Paris im Jahre 1000 erlassen worden; die erfolgreichsten neueren
Untersuchungen stammen uon dem bereits ermähnten Houtbert.
Es steht heute fest, daß wir es nicht mit einem Bücherwurme,
sondern mit einer ganzen Anzahl uon Bücherschädlingen zu tun
haben. Die Illehrzahl daoan, besonders die Koleopteren und
Eepidopteren, leben im Zustande der Earoe oiel länger als in dem
des ausgebildeten Insektes und richten daher ihre Hauptoer-
müsfungsarbeit während ihrer Earuenperiode an lllit besonderer
Vorliebe werden Holzgestelle und Holzmöbel in alten Bibliotheken
zur Ablage der Eier solcher Insekten gewählt und nach dem Aus
kriechen nähren sich die Earoen oon Zellulose, fressen in den
Trägern, Pfosten, Wänden usw. gewundene Gallerien und wenn
sie auf ihrem Wege an Bücher kommen, so fressen sie sich auch
durch diese durch. Einer der Hauptübeltäter ist der Brot- oder
Bücherkäfer (Anobiuin paniceum) also genannt, weil er 1721 oan
dem Pastor frisch in Berlin zum erstenmale in einem Stücke oer-
trocknefen Roggenbrotes gefunden worden ist. Die Earoen dieser
Käfer haben einen besonderen Appetit auf stärkehaltige Stoffe, also
wie niehlkleister, geleimtes Papier, Oblaten usm. und um diese
Eeckerbissen zu erlangen, bahren sie zuweilen sehr lange Stollen
durch harte Körper, die ihnen fast gar keinen llährwert bieten.
Dr. Hagen hat ein ganzes fach oon mehr als 200 Jahre alten
Büchern gesehen, die ihrer ganzen Breite nach oon der Earoe dieses
Käfers durchbohrt waren.
Eine sehr hübsche Erzählung oan der Tätigkeit der Earoen
oon Öcaphora pseudosperetella und oon Anobium pertipax als
Bücherschädlinge hat Blades gegeben: er hat nämlich einen
Schofferdruck oom Jahre 1475 gesehen, wo eine ganze Brutsippe
dieser Würmer ein richtiges Wettfressen angestellt hat. Es ist
genau zu beobachten, wie schon in den ersten zehn Blättern die
Der Bücherwurm.