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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 15/16
Reihe gegenüber dem Tore durch eine halbrunde Apsis unter
brochen wird, ein Meines sacellum genanntes Heiligtum. In
der Mitte liegt ein offener Hof, in dessen Südostecke eine
Zisterne aufgefunden wurde, und den ein gedeckter Umgang
mit niederer Brüstungsmauer versehen umgibt. Dieser galerie
artige Umgang hat 14 in die Wohnräume führende Türen.
Die Wohnräume sind durch Holz- oder Fachwerkverbände
abgeteilt, abgesehen von einem in der Südwestecke liegenden
auf allen Seiten von massivem Mauerwerk umgebenen Raum,
den außerdem auch noch ein 2 m breites Tor — die übrigen
Türen sind nur 1 m breit — auszeichnet.
(Kriegsausstellung in Lemberg.) Aus Lemberg
wird uns geschrieben: Zum Andenken an die Befreiung der
Stadt wurde hier eine Kriegsausstellung der II. Armee
eröffnet. Die Ausstellung repräsentiert sich sehr reichhaltig
und enthält sehr vieles Material über das Schicksal Lembergs
während der russischen Invasion sowie über die Ereignisse
gelegentlich dessen Befreiung. Beim Eingang ist ein großes
Standbild des Befreiers, des Generalobersten von Böhm-
Ermolli, postiert. Die Ausstellung erfreut sich großen In
teresses und zahlreichen Zuspruches.
(Der Goldfund von Nagyszentmiklos.) Der aus
kostbaren Krügen, Schalen und Opferschüsseln bestehende
Goldfund von Nagyszentmiklos bildet schon seit einem
Menschenalter ein vielumstrittenes Rätsel der Kunstforschung.
Josef Hampel hat ihn auf gotisch-gepidische Herkunft
zurückführen, Geza von Nagy darin auf Grund der byzanti
nisch geschriebenen Inschriften des Schatzes ein Werk byzan
tinisch-avarischen Ursprungs sehen wollen; später glaubte
man, die bisher undeutbaren Teile der Inschriften als gotische
Runen deuten zu können und nahm den Schatz als ein Haupt
werk germanischer Kunst der Völkerwanderungszeit in An
spruch. Was den künstlerischen Charakter des Goldschatzes
betrifft, so hatte besonders Hampel darin um jeden Preis
unmittelbar antike Einflüsse vorzufinden geglaubt. Indes
hat G. Supka in Budapest bereits früher eines der Ziermotive
dieser Gefäße, das sogenannte Ganymedes-Motiv auf die nord
indische Gandhare-Darstellung zurückzuführen vermocht und
derselbe Forscher ist nun in der Lage, auf epigraphischer
Grundlage das Rätsel des Goldschatzes von Nagyszentmiklos
endgültig zu lösen. Er macht es nämlich in hohem Grade
wahrscheinlich, daß die bisher unlesbaren Inschriften der
einzelnen Stücke in alttürkischen Lettern geschrieben und in
alttürkischer Sprache verfaßt sind, sowie daß ein Teil davon
sich auf die Verfertigung des Schatzes selbst bezieht. Er ist
mithin weder antiker noch griechischer, gotischer, gepidischer
oder gemeingermanischer Herkunft, sondern vielmehr das
Werk einer einst blühenden innerasiatischen türkischen Kunst.
Diese Kunst hatte schon Jahrhunderte früher die unter
„skythischer“ Flagge gehenden herrlichen Werke geschaffen
und erreichte in den Erzeugnissen dieses Goldschatzes einen
beträchtlichen Höhepunkt. Konnte es früher als verwunderlich
erscheinen, daß sich auf einem in Ungarn gefundenen Gefäße
eine nordindische Darstellung findet, so wird dieser Umstand
jetzt ganz verständlich. Die Ergebnisse, zu denen Supka
gelangt ist, liefern eine sehr bedeutsame Bestätigung der
bekannten Forschungen von Josef Strzygowski, der zuerst
die ganze Wichtigkeit der orientalischen Einflüsse in der
mittelalterlichen Kunstgeschichte gegenüber den früher ein
seitig überschätzten antiken Einflüssen erkannt hat. Wie
weitreichend die Ergebnisse Supkas sind, ist daraus zu ent
nehmen, daß nach seiner Entdeckung — worauf übrigens
StrzygowsM schon vor längerer Zeit hinwies — das Gesims
am Theodorich-Grabmal zu Ravenna kaum mehr als Erzeugnis
der Germanenkunst behandelt werden darf; hier kommen
auf bisher unerklärte Weise mittelasiatische Einflüsse zu Worte.
(200 Jahre Kleiderkunst.) Aus Berlin wird uns ge
schrieben : Der Verein Moden-Museum will im Herbst dieses
Jahres mit einer großen Ausstellung hervortreten und unter
dem Titel; 200 Jahre Kleiderkunst, 1700 bis 1900, eine Aus
wahl echter Kostüme aus deutschem Besitz zeigen. Der Ma
gistrat der Stadt Berlin hat dazu das ehemalig Ermclersche
Haus zur Verfügung gestellt, dessen im Jahre 1762 ausge
schmückte, gut erhaltene Räume dabei zum ersten Male der
Öffentlichkeit zugänglich sein werden.
(Der größte Schmetterling.) Als größter Schmetterling
galt bisher der in China vorkommende Atlasspinner. Jetzt
hat aber ein schwedischer Forscher, Dr. Mj oberg in Queensland
(Australien) eine Schmetterlingsart gefunden, die noch größere
Exemplare aufweist; er hat sie „Herkules“ getauft. Ein Her
kules erreicht eine Flügelspannweite von 230 mm, die Flügel
messen 215 mm. Sie sind schokoladebraun mit weißen Ringen
und Flecken; bei den Weibchen läuft um die Ringe noch eine
violette Kante. Die Tiere fliegen trotz ihres Viertelmeter
durchmessers völlig geräuschlos; sie entwickeln einen starken
Geruchssinn.
(Württembergische Jubiläums-Kunstausstellung.)
Zu Ehren des 25 jährigen Regierungsjubiläums des Königs
Wilhelm II. von Württemberg findet von Oktober 1916
bis Jänner 1917 eine Ausstellung württcmbergischer Kunst
im Königlichen Kunstgebäude in Stuttgart statt. Die Aus
stellung soll die Entwicklung der württeffibergischen Kunst
auf dem Gebiet der Malerei, Bildhauerei und zeichnenden
Künste während der letzten 25 Jahre (1891 bis 1916) zeigen.
Sie wird also Werke von Künstlern umfassen, die in diesem
Zeitraum als solche berufsmäßig tätig waren und entweder
in Württemberg geboren sind oder dort ihren Wohnsitz gehabt
haben. Anmeldungen müssen bis spätestens 15. September d. J.
erfolgen.
(Eine bedeutende archäologische Entdeckung.)
In Berceto, auf der Höhe der Apenninen, in der Nähe von
Parma, befindet sich die sehr alte Kirche S. Moderanno.
Die erste Kapelle, rechts beim Eingang, ist dem hl. Burcliard
gewidmet, der von 742 bis 749 Bischof von Würzburg war. An
einer Wand dieser Kapelle hing das Bikl von zwei Mönchen.
Als nun dieser Tage der Bischof von Parma, Monsignor
Conforti, Nachforschungen in der Kirche S. Moderanno
vornehmen ließ und man das genannte Bild von der Wand
entfernte, fand man dahinter eine große Wölbung und in deren
Hintergrund das marmorne Grabmal des hl, Burchard
und darauf die Inschrift: Carolus Imperator fecit fieri hoc
opus S. Brochard MCCCLV. Über der Inschrift befindet sich
der kaiserliche Adler. Das Grabmal, das der böhmische Fürst,
der spätere Kaiser Karl IV., errichten ließ, ist 1-85 m hoch,
1-55 m lang und 0-8 in breit. Über dem Altar ist eine Bleitruhe,
auf der in gotischen Buchstaben folgende zwei Inschriften
zu lesen sind : „Am 18. Juni 1355 ließ der Fürst Karl, römischer
König und König von Böhmen, als er sich nach der Stadt
Braczet, in der Diözese von Parma begab, das Grab des heiligen
Burchard, des Bischofs „herbipolensis“ eröffnen und fand
darin die Gebeine des Heiligen in einer Kiste aus Blei; anwesend
waren bei diesem Fund viele adlige Herren, Bischöfe, Herzöge
und Grafen.“ „Als Bertrando Rossi, Graf und Herrscher von
Berceto, 1501 in der Regierungszeit Kaiser Maximilians, den
Tempel restaurierte, ließ er die von Kaiser Karl errichtete
Leichentruhe des hl. Burchard in diesen Raum, über den
Altar, stellen.“ Die Entdeckung hat große archäologische,
künstlerische und geschichtliche Bedeutung. Der hl. Burchard
wurde vom Papst Bonifacius (dem Märtyrer) zum Bischof
von Würzburg erwählt. Er hatte einen wichtigen Anteil an der
Absetzung Childerichs III. und an der unter Papst Zacha
rias vollzogenen Wahl Pipins zum König von Frankreich.
(Die Ausgrabungen in der Kyrenaika.) Aus Rom
wird berichtet: Im „Notiziario Archeologico“ des Kolonial
ministeriums berichtet Professor Ghislanzoni, Leiter der
Ausgrabungen in der Kyrenaika, über die jüngsten italie
nischen Ausgrabungen in Kyrene, denen neben anderen wert
vollen Werken eine jetzt im römischen Thermenmuseum be
findliche wunderbare Aphrodite Anadyomene zu verdanken
ist. Die Hauptaufmerksamkeit der italienischen Archäologen