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Seite 120 
Internationale Sammler-Zeitung. 
riummer 8 
Das Ozeanographische (Tluseum in fDonaco. 
Von 6. Vorbusch (tllonte Carlo.) 
Das lachende Stück Erde, als welches das kleine Fürstentum 
nionaco der oergnügungssüchfigen JTlenschheit seit jener Stunde 
gilt, in der zum erstenmale fortunas Glücksrad die heifjersehnfe 
goldene Ernte ausstreute, ist in diesen Tagen der Sammelpunkt 
einer anderen Art ödste, die mit ihrem ernsten kindlich-frommen 
Blick roie weltfremde Pilger oon den lebenslustigen Besuchern des 
Kasinos abstechen. Und Pilger sind es wirklich, die aus allen 
Weltteilen zur Einweihung ihres Heiligtums herbeigeeilt sind. Stolz 
und prächtig steht es da auf eben demselben Felsen, auf dem oor 
lahrtausenden die Phönizier ihren Tempel dem Herakles ITlonoikos 
bauten, dem Eicht- und Cebensbringer, der Gottheit der Stärke, des 
Glanzes und der macht. Gin Wahrzeichen oon Itlacht und Glanz 
ist auch dieser Tempelbau, in dem der Kult einer neuen Wissen 
schaft eine Pflegestätte erhalten wird. Wie für die Ewigkeit ge 
gründet, erhebt er sich auf massigen Steinquadern aus den blauen 
Fluten des Dleeres und oerwächsf im Ansteigen mit dem Felsen. 
Die Wogen schlagen unablässig an seinen Fuf), bald schmeichlerisch, 
bald in gewaltiger Brandung aufschäumend, als wollten sie die 
ihnen entrissenen Schäle zurückerobern, die seltsamen Gebilde und 
Cebewesen der Tiefe, die da oben hinter den mohlgefügten mauern 
die Geheimnisse des ITleeres ausplaudern. Die aber in jenen 
ITlauern den Dienst des Heiligtums oersehen, halten lächelnd in 
ihrer Beschäftigung inne und blicken gedankenooll auf dies trotjig 
Fig. 12. Bameister und Parsons. 
sich aufbäumende ITlcer, das ihnen mit all seinen Wundern ein 
Schöpfungsrätsel nach dem andern lösen hilft. 
Hin 25. April 1899 wurde unter der Patenschaft des deutschen 
Kaisers der erste Stein zu dem imposanten Gebäude gelegt, das 
als Ozeanagraphisches lTluseum eine in der Welt einzigartige 
Schöpfung darstellen sollte. Ursprünglich war es oon seinem 
Gründer, dem Fürsten Albert I. oon ITlonaco, zur Aufnahme der 
Schätje bestimmt, die in 25 gefaltroallen Expeditionen nach tausend 
und abertausend lllühen den dunklen Abgründen der ITleerestiefe 
entrissen waren; aber bald wurde der Plan erweitert, und neben 
den zoologischen Sammlungen wurden auch die für die Erforschung 
des ITleeres unerläfjlichen Hilfsmittel aufgenommen. Abgesehen 
oon der unerreichten Vollständigkeit dieser Kollektionen, denen sich 
ein umfassendes material an Fossilien, Gipsabdrücken, Abbildungen 
und Karten anreiht, soll das Ozeanographische lTluseum mit seinen 
oorbildlich eingerichteten faboratarien und dem eigens zur Er 
forschung der meerestiefe bestimmten Übungsschiff „Eider“ den 
Gelehrten der ganzen Welt die ITlöglichkeit geben, ihren Studien in 
zweckdienlichster Weise nachzugehen. 
Das 100 JTletcr lange Dluseumsgebdude erhebt sich auf einem 
Gelände, das bis dahin als oollkommen unbenutjbar galt. Gerade 
hier, an der äußersten Spitze der Halbinsel, stürzen die Felsen so 
jäh zum Dleere ab, dafj cs einer bautechnischen Ceistung ersten 
Ranges bedurfte, um unter Benutjung der scharf geneigten 
Abdachung die Fundamente in den Fels zu bauen und uer- 
mitfels riesiger Pfeiler die beiden übereinander liegenden Unter 
geschosse aufzuführen, die, oon der fReerseife gesehen, das 
Gebäude um zwei Stockwerke höher erscheinen lassen. Delefortrie, 
der glückliche Erbauer dieses grandiosen JTluseumspalastes, hat 
gerade die ungünstigen Terrainoerhältnisse zu einer überraschend 
monumentalen Wirkung ausgenutjt. 
Das Gebäude besteht aus einem etwas oorgeschobenen 
mittelliau oon 20 ITleter irn Quadrat und zwei doppelt so langen, 
aber nur 15 Dieter breiten Seitenschiffen. Es erhebt sich zwei 
Stockwerk über dem Erdboden zu einer Höhe oon 86 85 Dieter 
über dem llleer. Das oerwendete material ist durchweg der 
überaus widerstandsfähige Kalkstein der Turbie; nur die aus 
einem Stück gehauenen Säulen der Vorhalle und der ersten 
Etage, die bei einer länge oon acht ITletern je 16.000 Kilogramm 
wiegen, stammen aus Brescia. Die Dekorationsmotioe der ein- 
drucksoollen Fassade sind den Tierformen der meerestiefe ent 
lehnt. Der Fries trägt die Hamen derjenigen Schiffe aller 
Elationen, die durch die Resultate ihrer Expeditionen die Dleeres- 
kunde bereichert haben, lieben dem Giebel stehen die Hamen 
der beiden Schiffe, die unter dem Oberbefehl des Fürsten die 
Weltmeere durchforscht haben, des kleinen Zweimasters „Hiron- 
delle“ und des stattlichen Dampfers „Princesse Alice“. Darunter 
zwei mächtige allegorische Gruppen, oon Dussart gemeifjelt: 
Der Fortschritt im Dienste der Humanität und die Wahrheit, die 
der Wissenschaft die llaturkräfte offenbart. Der Giebel trägt 
das Wappen des Fürsten und wird oon einem gigantischen 
Seeadler und Albatrof] überragt. Den Abschluß des Gebäudes 
bildet ein steinernes Geländer, das eine Terrasse oon 100 ITletern 
Cänge und 15 ITletern Breite einschlieljt und an seinen Ecken 
oon kolossalen Himmelskugeln gekrönt wird. 
Das Innere erweckt denselben uarnehmen Eindruck, den 
schon das Aufjere machgerufen hat. Auf einer Freitreppe oon 
13 Stufen gelangt man 53 Dieter über den Fundamenten des 
Gebäudes durch eine schöne, schmiedeeiserne Tür in das Erd. 
geschofj. Die geräumige Vorhalle ist mit einem die „Princesse
	        
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