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Internationale Sammler-Zeitung.
Hummer 9
handelt es sich um keine fälschung, der Han de Uelde ist
echt. Ich geh ihn nicht um uierzigtausend lllark zurück.“
„Aber, Unglücksmensch,“ unterbrach mich mein freund,
„Du mufjt ihn zurückgeben und ztoar sofort, du wirst
sogar auf das Geld, das du dafür gezahlt hast, oerzichten
müssen.“ Ich machte ein sehr erstauntes Gesicht, er aber
gab mir in kurzen Worten die Aufklärung. Das Bild coar
aus der Brüsseler Galerie gestohlen, es trug ja auch, wie
mir gesehen hatten, auf der Rückseite die Siegel, die
dieses noble Pedigree bestätigten. Kurzum, es stammte
non einem grofjen Diebstahl und ich muljte, wollte ich
nicht in eine höchst unliebsame Affaire oerwickelt werden,
das Bild gleich meinem freund zurückstellen. Das geschah
auf der Stelle und ich oerlor bei diesem Anlafj die Summe,
die ich dem Bekannten meines freundes gegeben hatte,
das heifjt, er stellte mir einen Schuldschein aus, den er
natürlich niemals einlöste.
Das hübscheste Stück meiner Pechoogel-Sammlung,
es liegt auf dem besten Plat3 nächst meinem Schreibtisch,
ist eine Skarabäe, unzweifelhaft echt und alleroornehmsten
LhSprungs, aber trotzdem die Erinnerung an das gröfjte
Pech, das ich hatte. Vor einem Jahr lernte ich den Be
sser einer ITlumie kennen, die nach ausführlichen
Schilderungen die Überreste einer egyptischen Königstochter
enthalten sollte. Ich liefj die ITlumie mit Röntgenstrahlen
durchleuchten und hatte den Erfolg, dafj in der ganzen
Welt oon dieser zum ersten IJJale stattgehabten Unter
suchung gesprochen wurde. Wir fanden gewisse dunkle
Stellen, die nach Angabe des Experimentators nur oon
Schmuckstücken herrühren konnten. Ich zögerte keinen
Augenblick, den Besser der ITlumie darauf aufmerksam
zu machen, dafj seine ITlumie zweifellos Edelsteine und
Schmuckstücke oon allerhöchstem Wert auf dem Körper
trage und dafj es daher äufjerst lohnend wäre, die ITlumie
zu untersuchen. Es sei ganz gut möglich, dafj die
egyptische Prinzessin Schmuck im Wert oon Hundert
tausenden bei sich trage.
nach langem Zögern entschlofj sich der Eigentümer,
dem oon mir empfohlenen Experiment, das sehr kostspielig
und sehr gefährlich war, beizustimmen. Aber, ach, das
Resultat war trostlos, die Prinzessin hatte fast gar keinen
Schmuck an sich, die dunklen Punkte waren die Flagel,
mit denen der Stoff befestigt war. Au Stelle der kost
baren Edelsteine nichts anderes als Hüllen und Hüllen.
Ein einziges Stück lag auf der Brust der Königstochter,
deren Ceib im Übrigen, trolj der zwei Jahrtausende, die
sie schon schlummerte, wunderbar erhalten war, eine
Skarabäe, die man ihr mit auf die letjte Reise gegeben
hatte. Diese Skarabäe erhielt ich oom Besitjer der ITlumie
mit einem liebenswürdigen Schreiben, sie zur Erinnerung
an ein interessantes, aber leider mifjglücktes Experiment
zu behalten. Und diese Skarabäe, als Radel gefafjt, ist mir
das liebste Stück meiner Sammlung.
Wie man zwischen den Zeilen lesen dürfte, ertrage
ich die Ungunst meines sammlerischen Schicksals mit
Ruhe. Sollte man einmal eine Ausstellung oeranstalten,
in der auch Sammler-Pechoögel zu Wort kommen, so
stelle ich mich dem Komitee hiermit zur Verfügung.
löeen eines Sammlers,
Vom Kustos Dr. fllois Karpf (Wien).
Vom Anbeginn meiner Tätigkeit in der kaiserlichen
Bibliothek schwebte mir der Gedanke oor, wie die reichen
Schätje oon Bücherwerken, Porträten, Tandkarten und
Plänen, an topischen und naturwissenschaftlichen Illustra
tionen, sowie an Kunstblättern in den Dienst des Unter
richtes der kaiserlichen Prinzen gestellt werden können.
Ich dachte hierbei nicht an die Erteilung fachlichen
Unterrichtes, wie dies die Tehrbücher besorgen, sondern
an die sich in ähnlicher Weise, wie bei der Benütjung
eines mit einem systematischen Inhaltsverzeichnis ver
sehenen Konseroations-Texikons darbietende Gelegenheit,
das Quellenmaterial für ein mehr oder weniger eng be
grenztes Wissensgebiet in übersichtlicher Weise unter festen
Gesichtspunkten und mit einer gewissen Zuversicht mög
lichst rasch und oollständig vereinigen zu können. IlJit
anderen Worten: Bücher und Abbildungen benähen lernen,
um das für einen bestimmten Zweck nötige herausfinden
und zusammenstellen zu können.
Es ist selbstverständlich, dafj hierbei die Benütjung
zu forschungszwecken, oon der Benüljung zu fach
unterrichtszwecken wohl zu unterscheiden sei. Hierbei
ist zu bemerken, dafj dem forscher eigentlich stets eine
au fait gehaltene fachbibliothek zu Gebote stehen sollte
Anders beim Unterricht, wo eine, wenngleich in ihren
Teilen nicht oollständig ausgebaute, enzyklopädische Biblio
thek einen bessern Ilutjen gewähren wird. Also nicht in
der Komplettheit, sondern in der JTlöglichkeit der Gewin
nung einer Übersicht liegt für den Schüler der bedeutende
Tehr- und Cernwert etwaiger, temporärer Beteiligungen an
bibliographischen und bibliothekarischen Arbeiten.
Der Schüler sollte eben in Ergänzung des Unterrichtes
in gewissem IJJafje auch zur Erwerbung bibliographischer
Kenntnisse herangezogen werden, wobei in der Regel nur
zerstreute Rlannigfaltigkeiten in Betracht kommen im Ge-
gensatj zu den eigentlich fachwissenschaftlichen, welche
sich fast immer auf in einem gewissen Sinn zusammen-
gedrängfe Rlannigfaltigkeiten beziehen.
Ohne die oberwähnte Absicht bekannt gegeben zu
haben, wurden oon mir behufs Herausforderung der öffent
lichen Kritik über meine auf den Unterricht und die Biblio
graphie Bezug habenden Anschauungen, beispielsweise im
Wissenschaftlichen Klub in Wien, Diskussionen eingeleitet
und oerschiedene Aufsätje publiziert.
Zunächst im Verfolg dieses Gedankens fand auch
meine lebhafte Beteiligung an den kulturell bedeutenden,
insbesonders den wissenschaftlichen Ausstellungen statt.