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int er nationale Sammler-Zeitung.
Hummer 5
Ramenszug francks auf der Rückseite der aus seinem
Besiße stammenden Blätter auch nach heute die Gemähr
einer hernorragenden Abdrucksqualität.
francks Sammlung wurde in der Zeit oom 18. feber
und 24. Juni 1856 in drei Abteilungen oan der Kunst
handlung Artaria oersteigert. Sie coar, nach dem mir
freundlichst zur Verfügung gestellten Auktionsprotokoll zu
urteilen, in der Tat eine der bedeutendsten Porträtssamm
lungen, die je auf dem Kunstmarkte auftauchten und
würde mit ihrer grofjen Anzahl oan Seltenheiten und
ersten Abdrücken heutzutage das größte Aufsehen erregen
und enorme Preise erzielen. Die aus etwa 5000 Stücken
bestehende Sammlung brachte einen Auktionserlös oon
10.972 Gulden und 72 Kreuzern K.-JK.
Eine pathologische JKerkroürdigkeit dieses bedeuten
den Sammlers mar nun seine Idiosynkrasie gegen das
genannte Porträt. Klein Gewährsmann, August Gräffer,
der Reiter des Artariaschen Kunstantiquariates, dessen
handschriftlichen (Erinnerungen ich die nachfolgende nofiz
entnehme, will die krankhafte Aoersion francks gegen das
an und für sich schöne Blatt damit erklären, daß es fast in
jeder Wiener Kupferstichauktion auftauchte. fs schien fast als
wollte franck das Blatt ä tont prix aus der Welt schaffen.
Dies gelang ihm natürlich nicht. Der, wie es scheint, etwas
eitle Graf hat sein Conterfei offenbar in solchen Klengen
abziehen lassen, daß der Zerstörungsoersuch des armen
franck einer Sisyphusarbeit gleich kam. Das Blatt gehört
in seiner meisterhaften und oon der Technik der übrigen
Arbeiten fdelincks abweichenden Ausführung heute, wenn
auch nicht zu den überhoch taxierten, doch jedenfalls zu
den geschätzteren Werken des berühmten französischen
Porträtsstechers.
Gräffer erzählt folgendes über die „ikonoklastische“
IKanie francks:
„Das Porträt des Grafen Kaunitz, 0011 fdelinck in
Kupfer gestochen kam fast in jeder Kupfersfichaukfion,
immer in gleichen Abdrücken oor, so daß es schien, es
wäre ein und dasselbe (Exemplar.*) Der eifrige Porträfen-
sammler Bankier Ritter oon franck hatte deswegen einen
solchen Abscheu dagegen, dal) er beschloß, es aus der
Welt zu schaffen und gänzlich zu oertilgen. Kam das
Blatt nun oor und es ging oft nicht auf 12—15 Kreuzer,
so sagte franck: „Was oerlieren wir die kostbare Zeit
wegen diesen Wisch, ich gebe einen Gulden, nur um es
sicherer zu besitzen“ und der Glückliche hatte es schon,
fr konnte auch nicht erwarten, es in seine Hände zu
bekommen und zitterte oor Verlangen darnach. Alsdann
zerrifj er es zornig in kleine Stücke, warf diese zu Boden,
stampfte mit seinen starken fiifzen darauf herum und
murmelte: „Verdammter Hund! Du Balg! Willst du denn
ewig leben?!" und dergleichen, bis er ganz rot geworden.
War zufällig zum ersten lllal ein fremder bei einer solchen
Szene zugegen, der sah mit starren Augen, offenem ITlunde
und mit staunender Bewunderung diesem Unwesen zu, da
er sichs gar nicht erklären konnte. Ausgesfampft ging der
gute franck hierauf in der Stube umher, sich zu erholen
und wischte sich den Schweif) oon der Stirne, fr hatte
keine kleine IKühe bei seiner Korpulenz zu überstehen
gehabt, denn das Blatt war in Grolj-folia, manchmal auf
gezogen, und im unüberlegten fifer der Zernichtung faltete
oder knitterte er es oielfach zusammen und hatte umso
mehr IKühe, aber auch zugleich JKuf)e übrig, sich aller
seiner Verwünschungen über den unglücklichen Grafen,
bei dieser Bearbeitung zu entledigen, für eine andere
Atmosphäre nun abgekühlt, grüfjte franck die Anwesenden
höflich und ging, froh und zufrieden über sein oallbrachtes
Werk, daoon, denn er war nur deswegen gekommen. Auf
der Treppe noch hörte man ihn im Triumphe sagen:
„finen feind weniger! — fr ist tot! — Vernichtet!“
Die Versammlung lachte einstimmig bei seinem Abgang,
aber auch schon bei seiner Ankunft war dies geschehen
und der humane Ritter selbst hatte mitgelacht, wodurch
dieser Spal), mit frnst oermischt, noch komischer wurde
und jedesmal umso mehr Unterhaltung gewährte.“
So weit Gräffer.
Die fntwertung des Blattes, eine folge der etwas
frioolen Dezimierungsmethode francks, rächte sich übrigens
später auch an seinem figentume. Als das Blatt im
Verlaufe der Versteigerung seiner Sammlung am 25. feber
1836 unter den Hammer kam, erreichte es den Preis oon
| — 40 Kreuzer Konoentionsmünze.
Die Berliner Florabüste.
Vom Reirhsrats-Hbgeordneten Dozenten Dr. Rrtur mahl er (Wien).
Solange die Tiara des Saitaphernes und die flora-
biiste in Berlin als authentisch angesehen wurden, die
eine als Werk des dritten vorchristlichen Jahrhunderts, die
andere als IKeisterstück des grofjen tionardo, war das
Interesse auf den kleinen Kreis der Kunsthistoriker und
den noch kleineren der Kunstliebhaber beschränkt. Das
große Publikum las oder Überschlag auch die betreffenden
Aofizen in den Tagesblättern. Sobald aber Zweifel an
der fchtheif sich erhoben, erwachte auch das Interesse der
weifen Kreise. Dafj der fouore mit 200.000 franks, das
Berliner RJuseum mit V 8000 „hineingelegt“ worden seien,
das erweckte in weiten Kreisen ein, mit einer gewissen
*) Diese Bemerkung Oräffers ist nicht ganz richtig Das
Blatt existiert in zwei verschiedenen Bfats: l. mit der Jahreszahl
1697, 2. die Jahreszahl ausgeschliffen.
Schadenfreude gemischtes Interesse. Der Streit um die
florabüste ist noch lange nicht beendet; „Teonarda oder
Cucas", darum wogt noch immer der Streit und da dürfte
es zu Informationszwecken vielleicht nicht unangebracht
sein, eine kurze Zusammenstellung der Tatsachen und
Daten zu bringen, wie sie Salomon Reinach in der letjten
Rümmer der „Revue archeologique“ gegeben hat.
Am 2. Oktober 1909 meldeten die „Times“, dafj der
Generaldirektor der Berliner IKuseen Wilhelm Bode ein
dem Tionardo da Vinci selbst zugeschriebenes Stück ersten
Ranges in Tondon erworben habe, „fine Wachsbüste in
febensgröße einer nackten frau, die mehreren bekannten
Bildern der L'ionardaschule nahe steht, welche gewöhnlich
seinem fieblingsschüler SalaTno zugeschrieben werden.
Wachsbüsten dieser fpoche sind außerordentlich selten “