Hummer 5
Internationale Sammler-Zeitung.
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kaiserliche Braut ITlaria non Burgund. Zu diesem Werk lief] Kaiser
Ulaximilian eine eigene Type schneiden, deren Schönheit und Vor
nehmheit non keiner anderen übertroffen mird. Den Buchschmuck
lief] er oon Künstlern roie Burgkmaier, Scheuffelin und Jobst de
Hecker hersteilen. Von diesem monumentalen Werk rourden 300
Exemplare gedruckt und im Aufträge des Kaisers an uerdiente
Persönlichkeiten des Adels und an heruorragende Gelehrte oer
schenkt. 1319 uiurde eine zroeite Ausgabe desselben Werkes oer-
ansfaltet, melche auf weniger gutem Papier gedruckt und in den
Handel gebracht wurde. Der „Theuerdank“ oon 1517 ist eines
der bedeutendsten und seltensten Druckwerke aller Zeiten und
jeder ernste Bibliophile trachtet in den Besitj eines möglichst gut
erhaltenen Exemplares dieses Werkes zu gelangen. Besonders
wertooll und nur in ganz wenigen Exemplaren oorhanden ist die
auf Pergament gedruckte Ausgabe. Eine solche, munderooll koloriert,
befindet sich u a. in der k. k. Hofbibliothek in Wien. Eine grofje
Anzahl ähnlicher Werke wie „Der Weifjkunig“ oon Treitjsauerwein,
„Die Heiligen aus der Sippschaft Kaiser ITlaximilians“, „Der
Triumphzug ITlaximilians I.“ und „Die Triumphpforte“ oon Dürer
geben eine annähernde Idee oon den auf Veranlassung und unter
reger ITlitarbeiferschaft dieses kunstfördernden ITlonarchen ge
schaffenen Werken.
Eine derartige Verehrung und Ciebe zu den typographischen
Künsten, ausgehend oon der höchsten Persönlichkeit eines Candes,
konnte seine Wirkung nicht anders äußern, als in dem Erwachen
des Verständnisses für den inneren Wert und den hohen Zweck
des gedruckten Buches bei den dem Hofe zunächst stehenden
Ständen. Der Adel begann seine bis dahin mit Waffen und
Kriegsgerät ui gefüllten Schlösser auch mit Büchern und Stichen zu
schmücken und der Grund zu so mancher heute heroorragenden
Bibliothek wurde mit dem oom Kaiser geschenkten „Theuerdank“
gelegt. Auch die dem grofjen Ulaximilian nachfolgenden ITlonarchen
bekundeten ein reges Interesse und Verständnis für Bücherschälje
und die fortwährende Vermehrung der oon Kaiser Ulaximilian I.
angelegten Hofbilbliothek beweist dies am deutlichsten. Ins
besondere unter Rudolf II., Karl VI. (Einoerleibung der Bibliothek
des Prinzen Eugen oon Saooyen), Jllaria Theresia und löset 11.
wurden ihr weitere Schäle zugeführt.
Das grofje Interesse, welches auch in jüngster Zeit oon
Angehörigen des Kaiserhauses den Büchern gewidmet wird, ist
allgemein bekannt. Die Biicherschätje, welche die Prioatbibliothek
Sr. lllajestät des Kaisers franz losef bilden, sind oon ganz
besonderer Kostbarkeit. Die ebenfalls an künstlerisch bedeutenden
Werken reiche Sammlung der „Albertina“ oerdankt ihre Ent
stehung dem Herzog Albert oon Sachsen-Teschen (1728 1822),
ging dann in den Besitj des Erzherzogs Karl, später in den des
Erzherzogs Albrecht über und ist jetjt Eigentum des Erzherzogs
friedrich. Heroorragend an schönen alten Einbänden und an
seltenen kostbaren Werken über die oaterländische Geschichte ist
die Prioatbibliothek Sr. kaiserlichen Hoheit des Thronfolgers Erz
herzog franz ferdinand, während die Sammlung des Erzherzogs
Eugen durch ihren Reichtum an lllilitärkostümmerken und seltenen
musikalischen Drucken heroorragt.
Von älteren österreichischen Bibliophilen seien erwähnt: Aus
der Umgebung des Kaisers Ulaximilian der berühmte gekrönte
Dichter Conrad Celtes (1459—'508). (Herausgeber des oon Dürer
mit Holzschnitten geschmückten Werkes „Liber amorum“ sowie der
„Opera Roswithae“.) Hach seinem Tode fiel seine Büchersammlung
an die Hofbibliothek. Johann Alex. Brassicanus (1500 — 1539),
dessen Bibliothek nach seinem Tode in den Besitj des hochgelehrten
Wiener Bischofs Johann faber (1478 — 1541) überging, „lllit
grofjem Eifer sorgt faber für Anlage einer Bibliothek, in die er
auch seine Werke spendet, um damit Zeugnis zu geben, für den
Geist seiner Studien“ (Deutsche Biographie, Band 14). Zacharias
Geizkofi er (1560 1617); er war in Tirol geboren, lebte jedoch
lange in Augsburg und starb in Prag. Ein beredtes Zeugnis seiner
grofjen Büchersammlung und seiner treuen Ciebe zu den Büchern
bilden die zahlreichen schönen Bücherzeichen, die sich oon diesem
Bibliophilen erhalten haben. Wolfgang Cazius, der Geschichts
schreiber Wiens und der Historiker Johannes Snmbucus waren
im Besiije sehr bedeutender Bibliotheken. Eine der umfangreichsten
war die des Grafen oon Windhag (1600—1678). Er uermachfe
sie den Dominikanern, doch wurde sie 17S4 der Unioersitäts-
bibliothek übergeben, deren Grundstock sie bildet.
Ein Bibliophile oon erlesenem Geschmack und mit reichem
Kunstsinn begabt war Prinz Eugen oon Saooyen. Seine Bücher-
sammlung enthielt uornehmlich französische Prachtwerke, jedoch
auch Inkunabeln und wissenschaftliche Werke. Besonderen Glanz
oerliehen dieser Sammlung die herrlichen Einbände, die er mit
grofjen Kosten anfertigen liefj. Die kostbare Bibliothek befindet
sich jeijt in den Räumen der k. k. Hofbibliothek.
Einen heroorragenden Platj müssen wir dem gelehrten Ceib-
medicus Karls VT., Pius Hikolaus Ga relli (1670—1739), ein
räumen. Dieser feinsinnige UTann fand neben seiner wissenschaft
lichen Tätigkeit und der dem leiblichen Wohl seines ITlonarchen
gewidmeten Zeit, genügend lllufje, um eine der herrlichsten Prioaf-
bibliotheken anzulegen, melche nach seinem Tode zum Teil der
Bibliothek des k. k. Theresianums und zum Teil der Hofbibliothek
in Wien einoerleibt wurde. Der Katalog dieser Sammlung erschien
im Jahre 1780 in zwei Bänden und ist oon Denis bearbeitet.
Hier ist auch der geeignete Platj, der Persönlichkeit des Dichters
und Bibliographen HJichael Denis zu gedenken, wenn auch dieser
lllann nicht gerade als Büchersammler betrachtet werden kann.
Von seinen oerschieden beurteilten dichterischen Schöpfungen ab
gesehen, hat jedoch Denis durch seine profunde Bücherkenntnis
der Bibliophilie unschätjbare Dienste erwiesen. Sein Hauptwerk
bildet die „Buchdruckergeschichte Wiens bis 1560“, in zwei Bänden,
Wien 1782—1795 erschienen. Er gibt darin die genaue Beschreibung
und kritische Würdigung oon nicht weniger als 832 Wiener Drucken,
beginnend mit dem Jahre 1482. (Die im Jahre 1885 oon Anton
Hlayer uerfafjte Buchdruckergeschichte Wiens bringt die Beschreibung
der oon Denis nicht gekannten Wiener Drucke.) Seine „Supple
mente zu den typographischen Annalen niaittaires“ sowie „Die
Ulerkmürdigkeiten der Garellischen Bibliothek“ sind gleichfalls
fundgruben der Bibliographie.
Im XVIII. und beginnenden XIX. Jahrhundert uerdienen
folgende Bibliophilen besonderer Erwähnung: der Kardinal Graf
Eh. B. Anton ITligazzi (1714—1803), Graf J. fuchs zu Puch
heim, dessen Büchersammlung mehr als 8000 Bände umfafjte,
B. freiherr oon Knorr, Staatskanzler fürst El. Eothar oon
IJJe tte mich, dessen Sammlung hauptsächlich französische JTlemoiren-
merke, Reisen und naturwissenschaftliche Werke enthielt. Die be
deutendsten Bibliophilen des XIX. Jahrhunderts waren: der Philo
loge und Historiker Th. G. oon Karajan (1810- 1875); seine
reichen und erlesenen Sammlungen, deren Hauptbestandteil eine
kostbare Viennensiasammlung bildete, wurden teils in Wien und
teils in Ceipzig oersfeigerf und zerstreut. Der feldzeugmeister
franz R. oon Hauslab (1798 - 1885), dessen Sammlungen nach
seinem Tode der fürstlich ßechfensteinschen Bibliothek einuerleibt
wurden. Hauslab war einer der eifrigsten und im Erfolge einer
der glücklichsten Büchersammler. Er gelangte durch geschickte
Ausnütjung seiner Kenntnisse in den Besitj der gröfjten Kostbar
keiten oft in mehreren Exemplaren. Der Wert seiner Sammlungen,
nach heutigen Taxen gemessen, würde mehrere llJillionen Kronen
ergeben. Der Gastwirt Haydinger in Wien, eine markante
Persönlichkeit, hinterliefj eine Bibliothek oon mehr als 40.000 Bänden,
die zumeist auf Wien und die österreichischen Kronländer bezüg
liche Werke und Schriften enthielt. Ein grafjer Kenner alter Werke
mar der Antiquar Kuppitsch, und sein geschäftlicher Betrieb
hinderte ihn nicht, eine umfangreiche Prioatbibliothek oon Selten
heiten anzulegen, die nach seinem Tode zum Teil an die Hof
bibliothek fiel Heroorzuheben märe auch der ehemalige Bürger
meister oon Wien, Dr. Eaj. fei der, der auch als Haturhistoriker
wissenschaftlich tätig war; der Jurist Dr. Spiljer, ein schwärmerischer
Ciebhaber und Sammler alter, besonders illustrierter Werke. Er ist
erst oor wenigen Jahren gestorben. Seine Sammlungen wurden
oersfeigerf.