nummer 6
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 89
Hühnernest mit der Henne, Potpourris in ordinärer und in antiker
form, mit figur auf dem Deckel, Hlundtasse mit Porträt, mund
becher mit Buchstaben und antik, Präsentierschale mit zwei
Koppchen, Punschbrett mit zeuei Käppchen, Wandleuchter, Spiritus
lampe und Strickmaschine zu filet.
Über die marke der Volkstedter Ulanufaktur äußert sich
Prof. Stieda: „Die marke, die Demmin dem Volkstedter Porzellan
beigelegt, ist ein R. inwieweit dies wirklich im Gebrauch gewesen,
bleibe dahin gestellt. Stücke mit dieser lllarke dürften wahr
scheinlicher als Rauensfeiner oder Gothaisches Erzeugnis anzu
sprechen sein. Oder oielleicht ist an Erzeugnisse der älteren
fayencefabrik in Rudolstadt zu denken, über die wenig genug
bekannt ist. Dann wären deren fayenceartikel für geringes
Porzellan anzusehen. Vermutlich hat das Etablissement sich uon
jeher der Gabel, die das Schwarzburger Wappen repräsentiert, zur
lllarkierung seiner fabrikate bedient, die zunächst einfach, V
wie nebenstehend ersichtlich, später jedoch doppelt, die Gabeln
im Kreuz übereinandergelegf, auf den fabrikaten angebracht
wurden. Der preußische Sachuerständige uon 1782 sagt „ihr
Zeichen auf dem Porzellan sind eigentlich zwei Gabeln, die sie
aber denen Sächsischen Churschwertern gleich machen und sogar
einen Stern darunterseßen“. Da er seinem Berichte eine Probe
I zufügte, so wird er offenbar recht gesehen haben, in der Tat
ist ja bekannt, daß die Verwaltung der fabrik unter Hanne sich
eine derartige Verwechslung mit der meißener marke zuschulden
kommen ließ.
Rite Theaterzettel und Uergnügungsanzeigen.
Vom kaiserlichen Rat Benjamin Schier (Wien).
Es gibt uiele Sammlungen uon Theaterzetteln und der
gleichen, daher auch uiele solche Exemplare in allen Sprachen,
aus allen Cändern und allen Zeiten, meine Sa nmlung enthält
aber ein Exemplar, dessen Inhalt die Veröffentlichung uerdient.
Besagter Theaterzettel ist keineswegs alt, kaum älter als zehn
fahre. Er beschreibt die Benefize-Vorstellung des Regisseurs eines
Polnisch-Jüdischen Theaters. Derlei Gesellschaften, welche im
Dialekte der sogenannten polnischen Juden, also deutsch spielen,
reisen nicht nur in großer Anzahl in Rußlpnd und Polen, sondern
auch bei uns in Österreich, in Galizien. Ich selbst habe in Hem
berg wiederholt solchen, größtenteils sehr gelungenen Vorstellungen
beigewohnf. Sie sind ohne frage ernst zu nehmen und werden
es auch genommen, froß des merkwürdigen Dialektes und froßdem
der weibliche Star der größten dieser Bühnen „Zwiefelgschpahs“
heißt.
Doch nun zu dem Zettel der uon dem Regisseur eines an
deren „Jüdischen Theaters" Herrn Herescu uerfaßt ist. Er laufet
wörtlich:
„Der lllenschenfresser“ tituliert sich das neueste Theater
stück, welches bei uns als Houität aufgeführt wird. Dieses ITleisfer-
werk, welches unseren Regisseur Herrn Herescu zum Verfasser
hat, wurde in llew-Dark über tausendmal, wie auch in Hondon,
Glasgow, ITlanchester und Heeds mit durchschlagendem Erfolge
aufgeführt, mister Herescu hat in diesem Werke eine Abhandlung
getroffen, ein Thema gelöst, wo ihm kein Autor bis nun nach-
kommen konnte. Die darstellenden Charaktere sind psychologisch
(Seelenlehre) und dabei aber das Realistische, der Effekt und
Spannung der Handlung, der Hacheffekt der komischen Szenen
nicht oerfehlf. Der Verfasser suchte nicht jene Knalleffekte heroor-
zurufen, welche der Theaterbesucher so gerne sieht, sondern hielt
sich in den Grenzen des modernen. Er sonderte uor allem den
Komiker uam ernsten Schauspieler ab, ließ die Possenreißerei weg,
führt allmählig und kurzfassend in die spannende Jdee und löst
eine der schwierigsten Aufgaben in oollem Glanz auf. Dieses wun
derbare Stück wird unter persönlicher Heitung des Verfassers auf
geführt und regissiert werden.“
Theaterzettel und Ankündigungen anderer Vergnügungen
sind ein Spiegel ihrer Zeit. Es möge daher hier auch eine Ankün
digung des, „Clisiums 1 , eines allbeliebten und bekannten Alt-
Wiener Vergnügungs-Etablissements, das sich in einem großen
Keller in der Annagasse befand, Plaß finden.
„Elisium!
morgen Samstag und jeden Sonntag, Dienstag, lllittwoch und
Samstag große
Wiener faschings-Comödie
oder
llarrenstreiche und ITUinchhausiaden an allen Ecken und Enden der
Unterwelt, mit einem neuen burlesken faschingszug als wandern
der, illustrierter
Kalender ,Charioari!‘
Kunstproduktionen aller Art. Hebende Serailbilder. — mehrere
ITlusik und Sänger-Chöre, minnesänger und dergl. — Californien-
fahrten mit Damenspenden etc.
Anfang 8 Uhr, Ende um 5 Uhr, an Samstagen um 1 Uhr.“
Interesse uerdient auch die Ankündigung eines feuerwerks
des alten Stuwer. Sie lautet:
„Sonntag, den <3. Illai 1847, wenn es die Witterung gestattet,
werde ich die Ehre haben mein diesjähriges erstes feueraerk im
Prater abzubrennen unter dem Titel der Hauptfronte:
,Dic Belagerung und Einnahme uon St. Jean d’Arce“
uon der oftomanisch, englisch-österreichischen flotte
am 3. und 4. llouember 1840.
Erste fronte: ITlaiblumen.
Zweite fronte: feuerregen.
Drifte fronte: Der Talismann.
Vierte fronte: Variationen im Brillant- und farbenfeuer.
fünfte fronte: Die fontainen.
Außer den fallschirm-, Sternen- und Blumenraketen werden noch
ganz andere neue Huftsfücke, worunter auch solche, welche mit
Schießbaumwolle geschossen werden, zur Aufführung gebracht.
Der Anfang ist mit Endigung des Tages.“
Das ffiünzchaos in Palästina.
Die unglaublich oielen lokalen Kursunterschiede sind eine
Kuriosität des türkischen lAünzwesens. ln Jerusalem, wie überall,
unterscheidet man den Regierungskurs uom Handelskurs (sagh
und schurk). Der Regierungskurs ist für den Silberpiaster 50 Paras
(gleich 4 Aschari). Jm Rlarkthurs dagegen gelten 3 Aschari und
V a Kebak für einen Silberpiaster. Die kleinste münze ist der
halbe Kabak; 8 Kabak sind gleich 1 Piaster; 2':, Kabak sind
gleich 1 Aschare. Ein Aschare hat l2’/ 2 Paras. Jn Jerusalem gilt
Die IAedschidie23 Piaster schurk und die türkische Hira 125 Piaster.
Weit mehr als türkisches Gold ist das französische im Verkehr;
daneben das englische und das italienische Gold und der Rubel.
Jn Jerusalem notiert das 20 frc.-Stück mit 109 Piastern schurk,