Zentralblatt für Sammler, Ciebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Herbert Ehrlich und J. Hans Prosl.
5. Jahrgang.
Wien, 15. Jänner 1911.
Hummer 2.
Aufstellungs-Behelfe.
Von Wilhelm Freiherr non Werhbecher (Wien).*
V?ine wichtige Ralle im technischen Betriebe der
niuseen spielen die Behelfe zur Hufstellung der
Bestände, also der ganze Apparat oon Vitrinen,
Pulten, Schautischen, Sockeln, Rahmen etc. Auch
in diesem Belange haben die Ansichten sich in
der lebten Zeit gründlich geändert. War näm
lichfrüher, gemäß dem Bestreben einer möglichst
eindrucksoollen Aufstellung, die mächtige Vitrine,
der auffallende, reichgegliederte Sockel, der prunk-
oolle Rahmen usro. an der Tagesordnung, so
fordern die heutigen, geklärten Anschauungen
kategorisch, dal] die Aufstellungsbehelfe voll-
ständig hinter den Gegenständen selbst zurück
treten, sich ihnen unterordnen und die Objekte
an sich zur möglich besten Geltung kommen
lassen. Die Tendenz auf derartige Vereinfachung
der Aufsfellungsbehelfe wird rücksichtlich der Vitrinen und
Pultkasten nicht zum geringsten dadurch unterstützt, daß
auch die Fortschritte in der Glasfabrikation nach Gräfte und
Tichtdurchlässigkeit der Tafeln und ebenso die Vervoll-
kommnung der ITletalltechnik in Bezug auf die Kombina
tion oon Glas und nietall wesentlich grazilere und prak
tischere Konstruktionen oon Vitrinen und Schaukästen er
möglicht haben. An Stelle der unförmlichen, mitunter
non der bedenklichsten Stilgebungsmanie beeinflußten Vi
trinenungeheuer im ITluseum alten Stiles treten allgemach
gefälligere, kleinere und nor allem weit zweckentsprechen
dere Behelfe.
Was die Bilderrahmen anbelangt, so herrscht in
nielen Galerien der uniforme Rahmen nor, der zwar oom
Standpunkte der Beschaffung und der Bilderreoidenz seine
unleugbaren Vorteile hat, aber andererseits zu der die
künstlerische Wirkung so sehr schädigenden ITlonofonie
derartiger Gemäldesammlungen nicht wenig beiträgt. Unser
feineres Empfinden oerlangt heute geradezu, daß, wenn
möglich, auch der Rahmen stilistisch zu dem Bilde passe.
Da andererseits unser Gefühl sich aber ebenso gegen die
* Der geschaßte Verfasser hat in der Wiener Vereinigung
für Staatsroissenschaftliche Fortbildung einen Zyklus uon (nun in
Buchform umliegenden) Vorträgen gehalten, in denen er sich in
lichtuoller Weise über den ganzen, großen Komplex der llluseums-
fragen uerbreitet. Die folgenden, überaus insfruktiuen Ausführungen
sind dem Abschnitte über Aufsfellungsprinzipien entnommen, den
in seiner Ganze zu reproduzieren mir uns leider aus Raumrück
sichten uersagen müssen. ITlusealleiter und Sammler seien aber
darauf speziell aufmerksam gemacht.
Rachahmung, rekte Fälschung alter Rahmen auflehnt, führt
dieser Widerstreit zu der „idealen Forderung“, ältere Bilder
mit guten, echten Rahmen aus der Zeit, zu oersehen —
eine Forderung, deren Erfüllung freilich, je weiter zeitlich
zurück, desto mehr an den Kosten wie an der Schmierig
keit der Beschaffung die größten Hindernisse findet. Die
Berliner Galerie im Kaiser Friedrichs-ITluseum war in der
Erwerbung oon Renaissancerahmen für ihre Gemälde be
sonders tätig und glücklich.
Das schon vorhin berührte Thema der ITluseumsvi-
trine gehört zu den in neuererer Zeit mit Vorliebe dis
kutierten. Es ist natürlich ganz ausgeschlossen, dafür eine
Horm aufzustellen und etwa zu einem allgemein gültigen
fflusterfypus zu gelangen. Alles wird oielmehr davon ab-
hängen, welche Gegenstände im einzelnen oder in Gruppen
in den Vitrinen unterzubringen sein werden, wie die Räume
beschaffen sind, in denen sie zur Aufstellung kommen
sollen, wie es sich mit der Belichtung verhält usf. Jm
allgemeinen werden heute, namentlich für einzelne, be
sonders kostbare oder typische Gegenstände, kleinere Einzel-
oitrinen oorgezogen. Wichtig ist dabei auch die Rolle, die
den Untersäßen als Reseroeräumen zukommt. In manchen
Fällen (wohl aber mehr für Zwecke oorübergehender Ex
positionen) haben sich bei solchen Vitrinen für besonders
kostbare Gegenstände eiserne, feuerfeste Untersäße em
pfohlen, in welche der obere gläserne Teil samf dem Ob
jekte mechanisch versenkt werden kann. Als Haupterfor
dernis einer guten Vitrine wird zu verlangen sein, daß sie
ihren Inhalt möglichst gut und gefällig sichtbar darbiete,
wobei insbesondere auch Stoff und Farbe des Hintergrundes
(unter Umständen Spiegel) wichtig sind. Ferner ist auf
staubdichtes Schließen und einfachen, doch verläßlichen
und für Uneingeweihte nicht benußbaren Verschlußmecha
nismus zu sehen. Doch soll die Staubdichtheit wieder
nicht volle Cuftdichtheit bedeuten. Denn für die meisten
Gegenstände ist eine richtige Ventilation unentbehrlich. So
mußte im Kunsthistorischen Hofmuseum in Wien bei ge
wissen Vitrinen, welche in dieser Beziehung empfindliche
Gegenstände, wie z. B. alte ITlusikinstrumente, ent
halten, eigens durch Anbringung von Cuftlöchern an den
Seitenwänden oben und unten für Tuftzirkulation gesorgt
werden, weil die abgesperrte dumpfe Tuft den Objekten
sonst ernstlichen Schaden gebracht hätte.
Der Verschluß führt uns zu der vom administrativen
Standpunkte belangvollen Frage des Einheitsschlüssels