Hummer 2
Internationale Sammler-Zeitung
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in dem das Grau des rohen Kartons fabelhaft roirksam
in die Komposition der färben hineinspielt), — erst das
ITlappenroerk Cautrecs erschließt die Übersicht über das
rastlose Schaffen dieses Genies, das elend im 40. Cebens-
jahre zu Grunde ging und zeitlebens nach einem im kind
lichen fllter erlittenen Unglücksfall zum Krüppel oerdammt
mar. Der Aristokrat pur sang, heroorgegangen aus den
Gesellschaftskreisen des faubourg St. Germain, beroegt sich
am liebsten in den Cokalen des ITlontmartre, steigt oft
und gerne in dunkelsten Dirnenquartieren ab, logiert studien
halber einmal oier Wochen in einem solchen Hause und
endigt als Säufer. Die Umgebung, in der er sich beroegt,
bringt ihn im innersten oornehmen Kern seiner Ratur doch
nicht herunter, er bleibt Künstler bis in die fingerspißen. In
allen Darstellungen - gleichuiel ob es sich um trostlose
Bordellszenen handelt empfinden mir die geniale In
spiration des Künstlers, der uns nicht das Gemeine,
sondern das menschliche Darstellen roill. Ihm ist der oer-
söhnende Humor des Alloerstehers eigen, dem — zu dem
Y :—
! Vera d ei ine atio MonaÜesii D. La.uren.tii sub Miclm’V
Ord: Er«miL:S Auguslint.yuomodo llluci. Anno M.DG.Xl.
die XVII Feb: hora XII.una cum Ecclesia, ubi etiam in
mortuorum cineres.e.tossa crudeiiter soeuitum esbimpid-
'Foe.x kornmura deuaSbu.it,
fiej. 4. Hfl. Sadeler.
Plünderung des Augustiner-Klosters St. Cciurenz bei JTlelnih
Zu Artikel: Hustriaca und Viennensia,
inneren Reichtum seiner eigenen Begabung die Gesell
schaft den Stoff liefert zu der Gestaltung einer comedie
humaine. Cautrec beherrscht die Technik des Zeichners roie
kein anderer, er erfüllt dabei die forderung, die einmal
ITlax Ciebermann aufgestellt hat: „Zeichnen heifjt roeg-
lassen.“ Aus der fülle der Typen, die er geschaffen, er
schliefjt er uns — Paris. Paris heifjt die forme] für das
Cebensroerk des Künstlers. Paris ist die Bedingung, aus
der heraus er schaffen konnte.
führt uns Cautrec in das Paris oon heute, so zeigt
uns Konstantin Guys die pariserische Kultur im Kostüme
derZeit uor der Republik (1850 1870), die Hapoleon’sche
Epoche, roo die kaiserliche Geste herrscht, die sich der
Krinolinentracht anpafjt. Das sichere Empfinden für Tan-
oaleurs, die Vornehmheit des Wurfes, und die meisterliche
Zeichnung haben in unserer Zeit Guys neue Anhänger
zugeführt. ITleier-Gräfe hat ihm das erste Kapitel seiner
„Impressionisten“ gewidmet. Schon früher nannte ihn
Baudelaire den „peintre do ia vic moderne.“ (Aufsatz in
l’art Romantique). Da heifjt es treffend:
„Guys fixiert die grofje Geste und feier
liche Haltung, nichtsdestoweniger besitjt
er den Sinn für das Groteske in der
ITlenschenatur. Oft ist er bizarr, heftig
und exfraoagant ■ immer poetisch.“ Von
ihm, dem Vorgänger Cautrecs, besitzt
Heymel die gräfjte Sammlung Don Zeich
nungen in Deutschland.
Van Gogh bedeutet selbst nach
Cautrec die Temperamentssteigerung, die
geroaltig ins Explosioe mündet. In der
Untersträmung erkennt man oiel bittere
Cebenserfahrung. Der Germane in ihm
schürft tiefer. Krankheitssymptome Der
be egen sich in seinen genialsten Kunst
offenbarungen. Von ganz gewaltigem
Eindruck ist der „Irrenhausroächter“ bei
Heymel. Der sitzende fTlann, der sich
beide fäuste in die Augen prefjt, um das
Elend in seiner Umgebung nicht zu sehen.
Ein Dokument, das die Tagebuchblätter
Don Goghs ergänzen hilft.
Einen Erfolg für den ITlünchner
Walter Piittner bedeutet die Tatsache, dafj
er die Rachbarschaft oan Goghs und
Cautrecs nerträgt. fünf seiner Werke hängen
in einer Reihe, darunter das „Porträt des
Vaters“, die „Puppenstube“, und der am
Kopfe uerbundene „Arbeiter in der De
stille“. Püttners herbe farbigkeit und die
malerische Kraft in seinen Arbeiten sind
gediegenerer Art als die der anderen
Schollekünstler. Er strebt langsam und
sicher oorroärts.
Was man sonst noch alles bei Heymel
zu sehen kriegt? Einen rounderoollen
Renoir, zroei Werke des Hans non ITlare'es,
darunter das bekannte Selbstporträt in
der schwarzen ITlalerkutte, und die Rosita
Alaun uon CRanet, die kürzlich in der
nianetaussellung bei Tannhauser bekannt
und gerühmt wurde. Der „Cautenspieler“
doii Daumier charakterisiert ebenso roohl
den Zeichner roie den ITlaler, der den
Pinsel zu Peitschenhieben antreibt, Köst
lich ist die „femme ä la crinoline“ non
ITlanet. Im kleinen Arbeitszimmer Heymeis
thront sie in der Rütte üieler Köstlich
keiten. Da findeüman Dinge, die heute
bereits einen historischen Reiz besitzen.