Internationale
Rammler-Zeitung
Zenfralblaff für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Morberf ehrlich und J. Hans Prosl.
3. Jahrgang. Wien, 1. februar 1911. JTummer 3.
11 11
UUinke für mineraliensammler.
Von Or. Wolfgang Btendier (3itfau).*
ßer mineraliensammler ist in gewisser Beziehung
besser daran als der Sammler uon Schmetter
lingen, Käfern und anderen lebenden Raturge-
bilden; denn mährend dieser nur in dermärmeren
Jahreszeit auf Ergiebigkeit seiner Exkursionen
rechnen darf, kann jener fast das ganze Jahr
hindurch, sofern das Wetter einen Rufenthalt
im freien gestattet, nach Rlineralien suchen;
selbst der Winter roird, falls die Schneeoerhälf-
nisse günstig sind, das Suchen in den Stein
brüchen usro. nicht beeinträchtigen.
Vor allem roird der mineraliensammler die nähere
Umgebung seines Wohnortes auf ihre Ergiebigkeit an
mineralien hin durchforschen, und namentlich roerden
etroaige Steinbrüche, Kies, Sand — Ton — und Tehm-
gruben forfgeseßt das Ziel seiner Aufmerksamkeit bilden;
denn es kommt oft oor, daß man bei ständiger Beobach
tung und unermüdlichem Wiederaufsuchen solcher immer roeiter
fortschreitender „Aufschlüsse“, selbst roenn dieselben bis
her noch nichts Sammelnsroerfes an mineralien geliefert
haben, schließlich doch einmal einen glücklichen fand tut;
auch Brunnen- und Bahnbauten, soroie sonstige Ausschach
tungen liefern bisweilen willkommene Objekte.
für alle fälle ist es oorteilhaft, sich mit den in den
Steinbrüchen und Gruben beschäftigten Aufsehern und Ar
beitern ins Einoernehmen zu seßen, oem denen der eine
oder andere geroiß gern bereit sein roird, gegen geringes
Entgelt interessante Stücke bis zu unserem nächsten Be
such der betreffenden fundstätte aufzuberoahren.
IJur oerfalle man dabei nicht in den fehler, die in
ihren forderungen anfänglich meist bescheidenen Ceute
durch überreichliche Trinkgelder usro. zu verwöhnen und
auf diese Weise die Preise für gute Stücke des betreffenden
mineraloorkornrnens zu einer dem wirklichen Wert keines
wegs entsprechenden Höhe hinauftreiben zu helfen, roas
leider sehr oft geschieht, roenn Unkundige, denen es auf
ein Goldstück nicht ankommt, für recht augenfällige, große
Krystalldrusen, die nach den Angaben der Arbeiter ja dann
immer, „sehr selten“ sind, jeden oerlangten Preis bezahlen,
nur um in den Besiß des heißbegehrten Stückes zu gelangen.
* Wir entnehmen den Rutsch] des Verfassers überaus
instruktioem, jedem mineraliensammler empfehlenswerten Buche
„mineraliensammlungen, ein Hand- und Hilfsbuch für Anlage und
Instandhaltung mineralogischer Sammlungen“, Verlag uon Wilhelm
Engelmann in Teipzig.
Späterhin roird man seine mineralogischen Exkur
sionen auch auf entferntere Punkte der weiteren Umge
bung ausdehnen, oon denen man sich eine vorteilhafte
Ausbeute oerspricht, und schließlich auch einmal — das
Häßliche mit dem Angenehmen oerbindend — eine mine
ralogisch besonders interessante Gegend des engeren oder
weiteren Vaterlandes als Ziel einer Erholungsreise wählen,
um die werdende Sammlung immer roeiter ausbauen zu
können.
Vor Antritt einer solchen größeren Exkursion roerden
mir uns zweckmäßig genaue Kenntnis oon den für die
betreffende Gegend charakteristischen Rlineralien und deren
bekannten fundstätten zu oerschaffen suchen, indem roir
die uns zur Verfügung stehenden einschlägigen Werke
daraufhin durchmustern. Auch die Benützung der oon
manchen Gegenden existierenden oortrefflichen geologischen
filhrer (z. B. der im Verlage oon Gebr. Bornträger,
Berlin, erschienenen), die öfters nebenbei für uns roertoolle
Rotizen über IRineralfundstätfen enthalten, ist anzuraten.
Ebenso roerden roir auf unseren Reisen die Bekanntschaft
oon oerständigen Tokalsammlern und genauen Kennern der
betreffenden Gegend zu machen suchen, um oon ihnen
roertoolle Aufschlüsse über die Fundorte der Gegend zu
erhalten und vielleicht auch einen Rlineralienaustausch
einzuleiten.
Dem Besißer besonders lieb und roert sind natürlich
immer die selbstgesammelten Stücke, selbst roenn sie
weniger schön sind, als andere, durch Tausch oder Kauf
erworbene. Knüpfen sich doch an jedes oon ihnen Erin
nerungen betreffs der Ratur und Beschaffenheit des Fund
ortes und tausend kleine Freuden, die ihm jene nicht ge
währen können. Freilich ist man gerade auf Reisen oft
genötigt, zum Kauf oder Tausch seine Zuflucht zu nehmen,
sofern man bestimmfe, für den betreffenden Fundort cha
rakteristische lllineralien in guten Exemplaren zu besäßen
wünscht, da ergiebige Funde schöner Stücke meist nur
ab und zu gemacht roerden, und man nur selten so glück
lich ist, an der Hebung eines solchen Schoßes teilnehmen
zu können.
Der angehende Sammler roird billigerroeise alles,
roas er nur bekommen kann, auch in weniger guten
Exemplaren gern nehmen, später aber, roenn ihm ein
besseres Stück oom selben Fundort zur Verfügung steht,
dieses an Stelle des ersteren seiner Sammlung einoerleiben,