Tnfernafionate
Zentralblatt für Sammler, Ciebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Jlorbert ehrlich und J. Hans Prosl.
3. Jahrgang. Wien, 15. ÜTai 1911. Hummer 10.
Zwei Wiener 5ammler.
Vom Hofrat Hugust oon Schacfer (Wien).
,ie bei Wawra* zum Verkaufe kommende Kollektion
oon Gemälden, zumeist erster Qualität, rührt oon
zroei Sammlern her, roelchesocoohl toasihre mittel,
als auch roas ihr Kunstoerständnis betrifft, in
der tage mären, bei ihren Ankäufen immer eine
bedeutsame und interessante Wahl zu treffen
und die es auch in bezug auf die Prooenienz
der Kunstmerke gut oerstanden, sich zu orientieren.
Die beiden Sammler, in Kunsfkreisen mohl-
bekannte Wiener Persönlichkeiten, der Groß
industrielle Illoriß Klayer, der hauptsächlich in
den Siebziger- und Achtzigerjahre seine Kunstliebe betätigte
und nicht nur Jakob Emil Schindler in mancher Weise
förderte, sondern auch mit Klakart befreundet aiar, und
£eo Ritter o. Hertberg, der ein Hauptkäufer auf der zu
Ende der Siebzigerjahre oerauktionierten Gsellschen Samm
lung gewesen, hat der oerflossene Winter aus dem Heben
abberufen, wodurch ihre Erwerbungen gegenwärtig auf
den markt gelangen.
Die Galerie Gsell war, wie bekannt, eine der bedeut
samsten Prioatsammlungen oon Wien, und wer sich an
das herrliche Gesamtbild derselben erinnert, wird es noch
immer lebhaft bedauern, daß seinerzeit nicht mittel und
Wege gefunden werden konnten, dieselbe oielleicht in einer
der heroorragendsfen Galerien Wiens für alle Zeiten zu
fixieren. Bilder, welche aus dieser Sammlung stammen,
sind schon dadurch bestens empfohlen, womit jedoch nicht
gesagt werden soll, daß nicht auch die anderer Prooenienz
begehrenswerte Ankaufsabjekte darstellen, oielmehr reprä
sentieren die meisten der hier oorliegenden Gemälde be
deutsame Kunstwerte und oerdienen somit oolle Beachtung.
Die beiden zur Versteigerung gelangenden Samm
lungen, in ihrer Gesamtheit genommen, lassen sich nicht
eigentlich in eine abgegrenzte Zeitperiode zwängen, nach
dem bei ihrer Erwerbung nicht auf bestimmte Richtungen
Rücksicht genommen, sondern wie es Zufall und lleigung
ermöglichten, die Wahl getroffen wurde, so daß wir eben
somahl Werke älterer Kleister aus dem 17. Jahrhundert
als auch oom Beginn bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts
oorfinden. Inzwischen hineingestreut sind einige Hitwiener
meister, wie Danhauser, Waldmüller, Amerling und
Treml und mancher jeßt noch tätige Künstler.
* Hm 15. und 16. Itlai.
Ich habe nicht die Absicht, Bild für Bild dieser Auktion
durchzugehen, und will nur oon den alten Kleistern Elias
oan den Broek und Jakob oan Es zwei gute Stilleben
ermähnen. Ersteres stammt aus der Galerie Gsell und
zeigt das interessante Kolorit, welches dem llleister nach
gerühmt wird. Jakob oan Es war ein Zeitgenosse oon
Rubens und im flachlasse des großen Kleisters befanden
sich auch zwei Stilleben oon dessen Hand.
Die schondem 19. Jahrhundert angehörenden nieder
ländisch-holländischen Klaler Christoph Bisschop (geh. zu
Ceeumarden den 22. April 1828, gest. zu Amsterdam den
6. Oktober 1904) und Herman frederik Earel ten Kate
(geb. 16. februar 1822 zu Haag, gest. den 26. ITlärz 1891)
sind ebenfalls hier oertreten; ersterer mit einer koloristisch
wirksamen Genreszene „Antiquitätenoerkäuferin“, welches
Bild in seiner Zierlichkeit und subtilen Behandlung an
französische Kleister erinnert, leßterer ebenfalls mit zwei
Genrebildern „Holländische Wirtsstube“ und „Soldaten beim
Würfelspiel“, die sich jedoch ganz an ältere niederländische
Vorbilder anlehnen. Beide Klaler haben oon jeher gute
Preise gehabt und dürften solche auch jeßt erzielen. Von
früheren Kleistern aus dem 19. Jahrhundert nennen mir
Camille Josef Etienne Roqueplan (1802 1855), den
französischen Klarine- und Handschaffsmaler, welcher später
zu den llaturalisfen überging und auch als Hithograph
tätig war. Er ist hier mit zwei Gemälden oertreten, deren
eines „In den Klarschen“ benannt aus der Galerie Gsell
stammt und eine Studie nach der IJatur sein dürfte.
Ein anderer Künstler französisch-belgischer Herkunft,
oon dem ich ein sehr interessantes Klärchenbild in Erinne
rung habe, Edouard Hamman (1819—1888), wird hier
durch ein koloristisch gut wirkendes Kostümbild „Ciebes-
merben“ oargeführt, welches im Zusammenhang steht mit
den oon diesem Kleister bekannten, historisch-romantischen
Darstellungen „Rabelais am französischen Hof“, „Karl IX.
und sein Wundarzt“, „Dante in Raoenna“, „Das fest des
Bucentaur in Venedig“ usw.
In dieselbe Kategorie der Darstellungen gehört Ili-
caise de Keysers „Am Hofe der Kledici“. De Keyser
(1813 - 1887) war seinerzeit ein höchst angesehener Künstler
und 24 Jahre lang Direktor der Antmerpner Kunstakademie.
Er bildete oiele Schüler aus, darunter den oorgenannfen
Hamman, sodann Verlat und andere Kleister bekannter
llamen. Das hier zur Auktion gelangende figurenreiche