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internationale Sammler-Zeitung
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Bild ist höchst charakteristisch für die durch den ITleister
oertretene, schon oorhin genannte historisch-romantische
Richtung, die, wenn sie auch heute nicht mehr recht an
muten will, doch seinerzeit ungemein geschäht murde.
Von dem bekannten und sehr geachteten ITlailänder
ITlaler Girolama induno (1827—1801) sehen wir drei
Bilder, zwei Darstellungen „Aus dem italienischen feldzug“,
beide aus der Galerie Gsell, und ein hübsches Genrebild
„Beim Stadtarzt“. Guten Klang haben noch die Hamen:
Gscosura, ein Spanier, der ein Schüler Gerömes ge
wesen, Flanier und Serrur, welch letzterer Künstler, ob
wohl als Schlachtenmaler bekannt, hier durch ein hübsches
kleines Genrebild „flm Klaoier“ uertreten ist.
Hiermit wären die einer älteren Richtung ungehörigen
fremdländischen ITlaler der Artigkeit wegen zuerst genannt
und wir können uns nun denjenigen zuwenden, welche
durch ihre prägnante künstlerische Persönlichkeit sofort eine
bestimmte Vorstellung erwecken und die in der Geschichte
der Kunst für alle Zeiten als lllarksteine gelten werden.
Von solchen heroorragenden Künstlern einer ganz
ausgeprägten Gigenart finden wir in dieser Auktion eine
beträchtliche Anzahl und wir brauchen nur die Flamen
Oswald Achenbach, Calame, Danhauser, Waldmüller, Amer
ling, Ulakart, FFlarko, Pettenkofen, Schmitson nennen, um
auf diese Pylonen in der Kunst hinzuweisen.
Um gleich mit Oswald Achenbach zu beginnen,
sehen mir non demselben zwei prächtige landschaften, die
eine ein FFlotio bei Aeapel, die andere die Insel Ischia
darstellend. Achenbach ist ein aus sich selbst emporge
wachsener Künstler, der sich an kein Vorbild anlehnt,
denn niemand uor ihm hat die südliche Candschaft so ge
sehen und sie in solcher Vollendung zur Darstellung ge
bracht wie er. Ohne dafj man bei ihm eigentlich non
einem ausgeprägten Stil reden könnte, geben sich seine
Bilder doch sofort als uon seiner Künstlerhand geschaffen
zu erkennen, sowohl in Komposition und Tichteffekt als
auch nach der Art und Weise, wie er seine figuren in
die Candschaft stellt oder besser gesagt, sie als Gins mit
der Candschaft empfindet. Obwohl er immer Ansichten
aus der Flatur bringt, hat er doch die frühere Veduten
malerei oollständig überwunden und immer die Wahrheit
im Auge behaltend, sie ganz in Stimmungsmalerei aufge
löst. Gr hatte eben die Gabe, plötjlich in der Flatur auf
tauchende ITlomente zu erfassen und fesfzuhalten mit
sicherer Beherrschung aller Details, und diese Fähigkeit
oerleiht oielen seiner Bilder den Gindruck einer Vision
oder einer Traumerscheinung. Dies ist hier namentlich
bei der Ansicht oon Ischia der fall, wo der sonnenbe
schienene goldene Berg aus dem grauen nebel aufleuchtet
wie eine Gätterburg. Bei aller Beherrschung der Details
behält Achenbach immer eine Breite des Vortrages, die
seine Bilder auch in technischer Beziehung pikant macht.
Wie Oswald Achenbach die südliche Flatur beherrschte,
so hat der Schweizer Alexander Calame, der hier mit
einem sehr schönen kraftoollen Bilde oertreten ist, die
Candschaft seiner Heimat in nie alterndem Reize festge
halten. Calame gehört zu den größten meistern der Cand-
schaffsmalerei des 19. Jahrhunderts; er hat die Gebirgs-
natur so großartig erfaßt wie keiner oor ihm und oer
band die Flaturalistik der Anschauung mit einer Schön
heit der Darstellung, die ihresgleichen sucht. Das hier
oorliegende Bild „Am Vierwaldstättersee“ zeigt eine nahe
stehende großartige Baumgruppe, neben der wir einen
Ausblick auf den im Sonnenlicht spiegelnden See genießen.
Galames wunderbare eigenhändige Originallithographien
nach seinen Werken geben uns ein quasi über veritatis
seiner ungemein reichhaltigen künstlerischen Schöpfungen
und zugleich einen Ginblick in die kolossale Vielseitigkeit
seines Genies. Seine so naturtreue und einfach große Auf
fassung der Gebirgslandschaft ist ein Typus für oiele ITlaler
seiner Zeit geworden und seine kolossale, sichere und
kraftoolle Technik, die sich mit gleichem Glücke in großen,
wie in kleinen Dimensionen erging, drückte seinen Bildern
jederzeit den Stempel der Vollendung auf.
Gin ebenfalls hochbedeufender, wenn auch in ganz
anderer Weise wirkender Künstler, Carlo Alarko, ist mit
drei seiner klassisch schönen Candschaftsbilder oertreten.
Der Klassizismus, an welchen FFlarkö anknüpft, ist in
seinen Gemälden mit einem formoollendeten Aaturalismus
oermengt, seine rosigen fernen mit den märchenhaften
Cichteffekten scheinen wie aus einer anderen Welt zu uns
herüber zu leuchten, während die nahen Baumgruppen,
Sträucher und Gräser mit schärfster Zeichnung die Wirk
lichkeit festhalten. Seine Staffagen wählte ITlarkö haupt
sächlich aus der griechischen FFlythe oder auch aus dem
Goangelium und seine figuralen Darstellungen sind oon
einer meisterhaften Schönheit und feinheit. Die hier zur
Auktion gelangenden drei Gemälde wetteifern miteinander
an Subtiiität der Ausführunge und zeigen jedes in seiner
Art den poetischen, lieblichen und zugleich kraftoollen
Reiz der Kunst dieses feinfühligen, immer sympathischen
FFleister.
Vom Hans FFlakart, dem farbenzauberer, kommt
ein tadellos erhaltenes, seinen räumlichen Dimensionen
nach auch für Prioate oerwendbares Bild zur Auktion
„faun und Flymphe“, eigentlich die Kinder lAakarts dar
stellend. Das freudige leuchtende Rot, welches FFlakart
liebte, dürfte sich auf wenigen seiner Bilder so erhalten
haben, wie hier auf dem Gewand der Flymphe; es sieht
fast aus, als sei es mit Gold unterlegt, was der Künstler
hie und da zu tun pflegte, um besonders prächtige und
durchscheinende färben zu erhalten. Hiefiir spricht auch
der geibe Ginschlag in dem Rot, der mit Alalfarbe roohl
nicht zu erreichen gewesen wäre, und außerdem der Um
stand, daß auch an anderen Stellen des Bildes wirkliche
Vergoldung angewendet wurde. Der Wunsch, die Wir
kungen der Altmetalle, sowie die leuchtender Steine mit
denen der Ölmalerei zu oerquicken, ist eigentlich nie ganz
erloschen und taucht immer ab und zu und namentlich
auch bei den Werken der allermodernsten, wie Klimt
usw. auf. Gs ist erklärlich, da die prächtige färbe, der
leuchtende Schimmer ihren lockenden Reiz nie oerlieren
wird, aber die Cösung des Problems, einen an und für
sich unbeweglichen Ton unter die beweglichen und der
fuftperspektioe nach abgestuften Töne zu seßen, wird
immer ihre Schwierigkeiten haben und selten so gelingen,
wie sie dem großen Aleister der farbenharmonie gelang.
Auch schon bei den Abundantiabildern, welche gegen
wärtig die neue Pinakothek zu ITliinchen beherbergt, sehen
wir, wie Ulakart ITlefallunterlagen unter seinen färben
oerwendete und hier unter anderen brillanten Tönen ein
hellaufleuchtendes Grün oon zauberhafter Wirkung erreichte.
Das hier genannte Bild „faun und Rymphe“ zeigt
auch im übrigen die bekannten Vorzüge des llleisters und
ist namentlich das fleisch des jugendlichen, fast noch kind
lichen FFlädchenkörpers in reizoollster Weise behandelt.
Gin Künstler, welcher die malerische Wirkung in
ganz oerschiedenen Regionen suchte, August oon Petten
kofen, ist mit einem seiner feinstgefonten Bildchen, dem
oft gemalten „markt inSzolnok“, aus der Galerie Gsell
stammend, oertreten. Wenn FFlakart in den leuchtenden,
man könnte sagen positioen Tönen schwelgt, sucht Petten
kofen die oon der Tuftoibratian teils aufgehellten, teils
sanft abgestuften, auf eine grauliche Gesamtwirkung herab-
gedrückten dezenten farbenharmanien auf, aus denen nur
ab und zu einige dunklere oder hellere farbenflecke auf-
leuchtcn. Seifen aber geht der ITleisfer in der Ausführung
der Details so weit, wie auf diesem Bilde, das als eine