Zenfralblüff für Sammler, Oebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: fiorbert Ehrlich und J. Hans Prosl.
3. Jahrgang. Wien, 1. Juni 1911. Hummer 11.
5riuuinö in Hamburger Priuatbesiß.
Von Adolph Donath (Berlin).
Inter den Großstädten Deutschlands, diegrotße Pflege
stätten des Sammelwesens sind, hat Hamburg
seinen besonderen Rang. Dort hat man seit
jeher gesammelt, hat die Kunst nicht zuleßt auch
als Erholung non dem Riesengetriebe des Handels
empfunden. Seit jeher, roie gesagt. Und heute
ist es nicht anders. Heute roächsf dort unter
Justus Brinckmann und Alfred tichtwark eine
Generation oon Sammlern heran, die es mit der
Kunst ernster meint als man denken mag. Selten
haben Kunstmenschen erzieherischer geroirkt als
diese beiden: Brinckmann, dem mir die imposante Entwick
lung des Hamburgischen Kunstgeroerbe-ITluseums danken,
und tichtmark, der aus der Kunsthalle eine der prächtigsten
Galerien des Reiches schuf.
Jch möchte nun, beoor ich zu einem Gesamturteil
über den prioaten Kunstbesiß Hamburgs komme, einige der
heroorragendsten Sammlungen einzeln vornehmen, ln der
Reihenfolge, in der ich sie sehen konnte. Da sammelt in
Hamburg seit vielen Jahrzehnten, ja von frühester Jugend
auf ein Kunstfreund Handzeichnungen von meistern, die
er selbst persönlich kennen lernte. Heute sind sie freilich
schon längst tot, aber für den Hamburger JTläzen, den
greisen und doch noch geistig so erstaunlich frischen Herrn
Arnold Otto flleyer, leben sie fort. Wenn er die großen
moppen hervorholt, in denen die vielen Hunderte von Hand
zeichnungen Schroinds, tudroig Richters, feuerbachs, Steinles
und vieler anderer aufberoahrt sind, dann träumt sich seine
Erinnerung in jene glücklichen Stunden zurück, die er mit
seinen meistern verlebt hat.
Aber ITloriß v. Schwind gehört seine größte Diebe.
Ich will dabei nicht unerwähnt lassen, daß Arnold Otto
ITleyer eine Serie ganz köstlicher Cudmig Richter, wie die
großartige Gebirgslandschaft in schwarzer Tusche van 1830
und „Oleine leßfe Zeichnung“ von 1874, besißt, daß er
auch für Richters persönliche freunde, wie Stölzel, Berfhold,
Reichel usm. manches übrig hat, daß hier Schnorr v.
Karoisfeld mit manchem wertvollen Stück vertreten ist,
daß auch Overbeck nicht fehlt und daß oon feuerbach
die Kindersfudien da sind, darunter einige für das „Urteil
des Paris“, ein farbiger jugendlicher Kopf (vielleicht für
das Gastmahl) und Studien zum Uranus, zum Prometheus.
Aber Schwind ist — und neben ihm Steinle, von dem
ich noch sprechen will seine größte Hiebe. Und ich glaube
auch, daß es kaum einen besseren Schmind-Kenner gibt als
diesen geistvollen Hamburger Sammler, der sein Sammler-
falent schon im Haiise seines Großvaters hatte entfalten
können.
Die Uleyersche Sammlung enthält 230 Blätter oon
Schwind und zwei Ölgemälde des ITleiers, das „Ritterliche
Hiebespaar“ und das „Käthchen oon Heilbronn“. Und fast
alle diese Arbeiten stammen aus dem Hachlaß des freiherrn
oon Schober, mit dem Schwind schon in Wien befreundet
war, als er noch am „Plaßl“ wohnte, wo Schuberts „Ständ
chen“ entstand und wo man, wie Cukas v. führich bata
nach dem Tode des ITleisters im Jahre 1871 erzählte, die
„ITlatraßen“ ins freie brachte, wenn die flächte besonders
schön waren. Das war so Anfang der Zwanzigerjahre
gewesen. Und dreißig Jahre später hatte dann Schwind
durch jenen freiherrn v. Schober seinen Warfburg-Auftrag
bekommen.
Wie er sich diese Arbeiten gedacht hat, wie frohen
ITlufes er war, daß er an ein solches Werk herangehen
konnte, darüber orientiert uns ein bemerkenswerter Brief,
den ich hier mit freundlicher Erlaubnis seines Besißers,
Herrn Arnold Otto ITleyer, miedergeben möchte. Dieser
Brief ffloriß o. Schwinds ist aus manchen vom 29. fAai
1852 datiert und lautet:
„ C i e b e r Schober!
Auf Deinen Brief, der mich in die Seele freut,, kann ich auf
der Stelle und ohne mich weiter zu besinnen, antworten. Ich habe
die ganze Cokalifäf und den mit S. K. Hoheit besprochenen Plan so
im Kopfe, dafj ich die Ankunft der Pläne nicht abzuwarten brauche,
erinnere Dich, daij ich immer geschrieben habe, ich traue mich, in
fünf, längstens sechs Jahren so uiel zu machen, als in der Wartburg
Plat; hat. DalJ mit weniger noch immer eine würdige und ange
messene Ausschmückung möglich ist, kann ich nicht zweifeln. Der
Sängerkrieg an der Hauptmand des Saales ist der böseste
Bissen, nichtsdestoweniger in einem Jahre herzusfellen. Cin Jahr
wird genügen, die 14 kleinen Wände des Saales, das dritte, die
taube, für die S. K. Hoheit nortrefflichermeise das Ribelungenlied
bestimmt haben, herzustellen. Dazu kann ich auf zwei treffliche
selbstgezogene junge Ceute rechnen, deren einer namentlich seit
3 Jahren im Dom zu Speier alfresco malend, oorfrefflich malt, der
andere, ein geisfooller prächtiger junger ITlann, sich mir so natür
lich angeschlossen hat, daij ich ihm ohne weiteres die kleineren
Sachen anuertrauen kann, die den Sagen entnommen, für die
unteren Zimmer beantragt sind. So hoffe ich selbst die hl. eiisa-