Seife 178
Internationale S a m m I e r - Z e i t u n 9.
Hummer 12
ersten IJlitteilungen in unserem Blatte in dankenswerter
Weise ergänzt.
Der Broschüre danken mir die Kenntnis einer neuen
folge des Wiener Kaufrufs, die bei flrtaria in Wien er
schienen ist. Dr. Schwarz berichtet darüber:
Von einer fortsetzung der folge, wie sie in der An
kündigung 00m 27. April 1776 oersprochen wird, hören
wir lange nichts. Im Jahre 1780 meldet uns eine An
zeige Artarias in der „Wiener Zeitung“ Hr. 78 das er
scheinen oon zwei Kupferstichen, den Porträts der „zwey
Chinesen, die oor einiger Zeit in Wien waren und oon
den Herrn Christian Brand, Prof, der k. k. Akademie der
Künste, nach dem Teben gezeichnet worden“, und knüpft
daran die Hotiz, dal] Brand oon der Sammlung der Wiener
Kaufrufe „bereits eine weitere folge unternommen". Tat
sächlich kennen wir auch ein Blatt, das als fortsetjung
der Serie zu betrachten ist. Cs ist dies das Blatt
„Pfannenflicker“, das, ganz in der Art der ersten
Blätter gehalten, nach einer Zeichnung Brands oon fr,
Assn er gestochen wurde und die Jahreszahl 1781 trägt.
fig. 2. Wiener Kaufruf. 5. flusg. 11 r. 1.
Aufjer diesem Blatte, das dann später der Artaria-
schen, resp. ITloUoschen Ausgabe beigefügt wurde, käme
oielleicht nach ein zweites Blatt als Bestandteil der noch
unter der Aegide Brands unternommenen fortsetjung in
Betracht, Im „Oeuore des Brand“ B. II, p. 88 des Kupfer
stichkabinetts der Hofbibliothek befindet sich der Aetjdruck
eines Blattes, das scheinbar zur folge der Wiener Kauf
rufe gehört. Cs stellt eine Verkäuferin oon Holzwaren
dar, lässig an einem felsblock hingestreckt, oor sich ihr
Tager oon Holzgeräten (Kienholz, Holzlöffel etc.) ausge-
breitef. Das Blatt ist nur in diesem einzigen Probedruck
oor aller Schrift bekannt. (Siehe die Abbildung fig. 1.)
Cine eigentliche fortsetjung der folge erschien erst,
als die Platten aus dem früheren Selbstoerlage Brands in
den effektioen Besilj des bisherigen KommissionsOerlages*
der firma Artaria, übergegangen waren. Über den" ge
nauen Zeitpunkt dieser Verlagsoeränderung fehlen schrift
liche Aufzeichnungen, möglicherweise erfolgte diese un-
* Verrechnungen zwischen Brand und flrtaria aus den Jahren
1770 und 1778 im öeschäftsarchiu der Sirma, die mir die-Cinsicht-
nahme in das für die Wiener Kunstgeschichte auch sonst hoch
wichtige handschriftliche material mit dankenswerter Zunorkommen-
heit gestattet hat. . ,
mittelbar nach dem Tode Brands (1795) und wahrschein
lich wurde gleichzeitig die fortsetjung, beziehungsweise
Heuanordnung der Kollektion seitens Artarias in Angriff
genommen.
Aus den gedruckten Katalogen und den handschrift
lichen Inoentaren der firma Artaria läfjt sich für die Ge
schichte des Kaufrufes oon Brand folgendes entnehmen:
In dem ältesten gedruckten Cagerkatalog 00m Jahre 1781
figuriert die folge mit 40 Blättern (Preis fl. 14.12); im
nächstoorhandenen „Catalogue des estampes“ 00m Jahre
1792 ist die Serie nicht oerzeichnet, möglicherweise war
sie oergriffen und — oielleicht mit Rücksicht auf einige
inzwischen „obsolet“ gewordene Typen — nicht neu auf
gelegt worden. Im handschriftlichen Jnoentar uom Jahre
1796 (also ein Jahr nach dem Tode Brands) finden wir
unter den Plattenbeständen der firma 43 Platten zu „J^es
cris de Vienne doppo Brandt“ und gleichzeitig eine kleine
Anzahl oon Exemplaren in drei Kategorien („collorite“.
„con burdura“, d. h. einfach koloriert und mit laoierter
Einfassung oersehen, und „nere“) oerzeichnef. Eine Spe
zifikation der Platten, resp. der Abdrücke fehlt leider, so
dafj wir bezüglich des damaligen Umfanges der Serie nur
auf eine Vermutung angewiesen sind.
Ich glaube, dafj sich der Plattenbestand 00m Jahre
1796 zusammengesetjt hat aus den 40 Platten der ersten
Ausgabe, dem 1781 neu hinzugekommenen „Pfannen-
5ig. 3. Wiener Kaufruf. 3. flusg, llr. 43.
flicker“ und den zwei „Chinesen“, mit Rücksicht auf
den geringen, aus etwa zehn Exemplaren bestandenen
i Vorrat wurde eine Heuausgabe unternommen, für die man
36 Platten der 1. Ausgaben oerwendete. Es waren dies
die unter llr. 1, 2, 4 — 12, 14- 28, 30, 32—40 ange
führten Blätter. Hiezu kam noch das in die frühere Aus
gabe nicht aufgenommene Blatt „Pfannenflicker“, ferner
an Stelle oon llr. 13 der 1. Ausgabe eine „modernisierte“
Darstellung der „kleinen Post“. Rieht aufgenommen
wurden in die neue Ausgabe die stark prononzierten
Rokokotypen „Stubenmädgen“ (llr. 3 der 1. Ausgabe),
„Huterinn“ (Hr, 29) und „Blumenstrouljmädchen“
(flr. 31). Die Jahreszahl auf dem Titelblatte der 1. Aus
gabe wurde ausgeschliffen und unterhalb des zweiten
Teilungsstriches die Adresse „a Vienne Chez Artaria
&' Comp.“ beigetiigt. Dieselbe Adresse trägt auch das
Blatt „Die kleine Post“, Es scheint daher, dafj die
zweite, oon Artaria oeranstaltefe Ausgabe aus 38 — nicht
numerierten Blättern bestanden hat. Dafür spricht
auch der 'Umstand, dafj das in einem gleichzeitigen mar
morierten Kalblederband gebundene Prachtexemplar der
Wiener Stadtbibliothek diese Anzahl der Blätter (nebst
i den zwei Chinesentypen) aufweisf.