MAK
Hummel' 12 
Internationale SammIer-Zeitung. 
Seite 185 
Die Galerie Henneberg in Zürich. 
Das erste Stockmerk des oomehmen Hauses Henne 
berg am Alpenquai, oon allem Anfang an auf die Unter 
bringung einer Galerie eingerichtet, ist nach langen Jahren 
wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben 
morden. Was man uom Hörensagen mußte: dafg eine 
neue Sammlung Henneberg in aller Stille sich gebildet 
habe, das ist jetjt zur Tatsache geworden; sämtliche 
Wände der Säle und Kabinette haben wieder den ihnen 
gebührenden künstlerischen Schmuck erhalten. Um den 
20. Juni herum, wird die Galerie für euer Wochen jeder 
mann zugänglich gemacht werden, und der Crlös aus den 
Eintrittsgeldern wird zwei wohltätigen Institutionen zu 
gute kommen. 
Die frage wird wohl zuerst aufgeworfen werden: 
Erreicht die neue Sammlung das lTiueau der oor Jahren 
wieder in alle Winde zerstreuten ersten? meiner Ansicht 
nach darf man sie ruhig mit Ja beantworten. Die künst 
lerischen Akzente fallen naturgemäß Dielfach anders, und 
es zeugt für die Anpassungsfähigkeit des Sammlers, daß 
er an diesen neuen Orientierungen der modernen Kunst 
nicht achtlos norübergegangen ist. Damit soll natürlich 
nicht gesagt sein, daß die Gebhaber der älteren Kunst 
übung nicht auch auf ihre Rechnung kommen. Rieht die 
frage nach der ITlodermtät, sondern die Rücksicht auf die 
Qualität bleibt das entscheidende. 
Im großen, weiten Oberlichtsaal beherrschen die dem 
Cingang gegenüberliegende Wand einige der bekanntesten 
IRünchner Künstler älterer Obseroanz: Tenbach mit den 
Porträten Bismarcks und ITloltkes, sowie einem Doppel 
bildnis, Piloty mit dem Riesenbild des die Anna Baleyn 
uersfoßenden Heinrich VIII.; f. A. Kau Ibach mit einem 
Kinderbildnis, Gab. Illax mit seinem oft abgebildeten 
Anatomen an der Teiche einer jungen Selbstmörderin; 
Pi gl h ein mit dem (entwarf zu einem Bacchanal; Grüß n er; 
Töffß mit einem trefflichen weiblichen Studienkopf; J. A. 
Sailer mit zwei Dachauerinnen. Und an derselben Wand 
begegnen wir einem charakteristischen Tudwig Knaus, der 
malerisch feinen Gheftogasse. Andreas und Oswald Achen 
bach sind gleichfalls oerfreten, der erstere heroarragend 
schon. Von sonstigen Gemälden dieses Saales seien noch 
heroorgehoben ein Bauernmädchen oon Defregger, Ar 
beiten oon Claus ITleyer. Von unserm Rudolf Koller 
sind drei Bilder hier, darunter zwei nortreffliche frühem 
Datums. Giooanni Segantini zeigt sich als Dartrefflicher 
Stillebenmaler. Cine Wand dominiert das umfangreiche 
Barrikaden-Bild Otto non faber du faurs. Von neuesten 
Crwerbungen Herrn Hennebergs hat ein farbig pikanter 
Habermann auf einer Staffelei seinen Plaß gefunden. 
Im anstoßenden Seifenlichtsaal bilden drei prächtige 
Bilder Heinrich Zügels eine besondere Zierde, zwei aus 
den 1890er Jahren, eines Don 1909. Dann finden wir 
hier einen saftigen Herrschaftsgürten non Willi. Triibner. 
Von f. Hoch enthält der Saal drei bezeichnende Cand- 
schaften. Von Schweizern begegnen wir hier dem Basler 
Rudolf Törn, der St. Gallerin ITtarta Cunz, Gioo. Giaco- 
mefti und neumann-St. Georges, sowie einem oierten 
heroorragend schönen Tierbild Rudolf Kollers. 
Cs folgen — eine der schönsten Überraschungen der 
Sammlung — zwei Kabinette mit Arbeiten ferd. Hodlers. 
Reben einer sonnig-leuchtenden Genfersedandschaft und 
einigen Bildern aus früherer Zeit sind es oor allem eine 
fülle non Zeichnungen und entwürfen. Herrliches hängt 
da beisammen. Rieht zuleßt sei auf die oier entwürfe 
zum „Tag“ hingewiesen. Aber auch zur Cmpfindung, dem 
Blick ins Unendliche, dem Jenabild, dem Holzfäller, den 
Bergsteigern sind wichtigste Studien da; und überaus reich 
ist das Rlaterial zum ITlarignano-Wandgemälde. Wir wallen 
gleich hier beifügen, daß im zweitnächsfen Kabinett, in 
der flucht der Räume mit der herrlichen Aussicht auf den 
See, Hodler noch einmal mächtig oor uns tritt, mit süperben 
Bildern aus den 1870er und 1880er Jahren, figürlichem 
und landschaftlichem Don erster Qualität. Volle fünfund 
sechzig Hummern entfallen auf Hodler, eine siegreiche 
Repräsentanz dieser gewaltigen Künstlerkraft. 
Cin wunderbar stimmungsooller Saal beherbergt dann 
zehn Tandschaften Adolf Stäblis, fast lauter Staatsstücke, 
darunter eine Sturmlandschaft aus der leßten Zeit Don 
einem hinreißenden Temperament der Anschauung und der 
Pinselführung. Ihnen gesellen sich bei eine schöne italien 
ische Tandschaft (bei Siena) uan Hans Thoma (oon 1887), 
eine kostbare Tandschaft non Cd. Schleich und eine magi- 
strale marine oon Gusf. Courbet. mit Theod. Rousseau, 
Don dem mir im Spißmeg-Kabinett eine kleine Tandschaft 
finden, uertritt Courbet die französische ITlalerei. 
In dem anstoßenden Kabinett, oon dessen Hodler- 
Schäßen mir schon sprachen, finden wir fünf uarzügliche 
Arbeiten friß uan Uh des, die erst neulich auf der IRünchner 
Uhde-Rachlaßuersteigerung in den Besiß Herrn Hennebergs 
übergegangen sind; ein meisterhaftes kleines Porträt 
Willi. Teibls, oier treffliche charakteristische Bilder und 
Studien IRax Tiebermanns, einen hübschen Kühl, einen 
farbenfeinen Claus ITleyer, ein frauenporträt Wilh. Trüb- 
ners, Zeichnungen Segantinis und Ad. IRenzels. Die 
Kunstfreunde werden die exquisite Schönheit dieses Raumes 
zu schaßen wissen. Crnst Wiirtenbergers nachsißender 
Schüler befindet sich hier in bester Gesellschaft. 
Und dann kommt noch ein köstlicher kleiner Saal. 
Karl Spißweg beherrscht ihn mit nicht weniger als neun 
zehn Arbeiten, meist solchen ersten Ranges. Auch der 
Tandschafter kommt sehr schön zum Wort. Und was für 
köstliche Interieurs sind da. Vom entzückenden Humor 
des Künstlers gar nicht erst zu reden. Reben diesen ma 
lerisch so hochstehenden Sachen behaupten sich ein paar 
Tandschaften non Tier und ein wunderschöner friedlich 
Valß (Tandschaft mit Kühen), und auch die fünf charakteri 
stischen Arbeiten uon Wilh. Diez, Ad. Schreyer, faber 
du faur, die Tandschaften oon Schönleber und Tudw. 
Dill dürfen sich neben ihnen in ihrer malerischen Kultur 
sehen lassen, mit einer Tandschaft ist unser J. G. Steffan 
hier Dertreten. 
Rur einen raschen Rundgang, der einige Akzente 
seßen, nicht alles und jedes ermähnen oder gar würdigen 
wallte, sollen diese Zeilen darstellen. Das werden sie 
immerhin dargetan haben, daß die neue Galerie Henne 
berg, Don den IRalern Sturzenegger und Würtenberger 
trefflich gehängt, eine künstlerische Sehenswürdigkeit Zürichs 
Don hohem Range künftighin bedeutet. Und eines solchen 
Zuwachses darf man sich gewiß aufrichtig freuen, n. zür. Z, 
[SO 0
	        
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