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Rümmer 15 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 203 
Chronik. 
Flutographen. 
(Der £uther-Brief an Karl V.) Der uon lllorgan uor 
kurzem erworbene Brief Cuthers an Karl V. ist uon lllorgan 
an Kaiser Wilhelm abgetreten und uon diesem für Wittenberg 
bestimmt morden. Pierpont ITlorgan rourde uom deutschen Kaiser 
durch die Verleihung des Roten Adler-Ordens 1. Klasse ausge 
zeichnet. — Der Brief tufhers an Kaiser Karl V. wurde am 5. lllai 
d. J. bei der Auktion der Autographensanimlung des uerstorbenen 
Dr. öcibel in Ceipzig durch die Firma C. ö. Börner bei einem 
flnfangsgebot uon 5000 ITlark nach fünf ITlinuten langer Preis 
steigerung um den Preis uon 102.000 mark uon dem Florentiner 
lllarinis für Pierpont lllorgan gekauft. Der in lateinischer Sprache 
abgefaßte, tadellos erhaltene Cuther-ßrief stellt das Inhalfschroerste 
dar, mas uon des Reformators Händen an Briefen geschrieben 
morden ist. 6s ist das denkwürdige Schreiben, das Cuther nach 
seinem Aufbruch uom Reichstag in Worms im Jahre 1521 aus 
friedberg in Hessen mit dem Reichsherold zurück nach Worms an 
Karl V. schrieb. 
(Riesenpreise für Autographen.) Die uon den Fach 
leuten mit grofjer Spannung erwartete Versteigerung der berühmten 
Handschriftensammlung uon Huth hat nun in Cond an bei Sot- 
heby stattgefunden. Schon der erste Tag ergab die Tatsache, daß 
fast alle Stücke, die Huth in rastloser Sammlertätigkeit zu erwerben 
gewußt hatte, eine ganz überraschende Steigerung im Werte er 
fahren haben. 6s wurden zum Teil ganz unuerhältnismäßig hohe 
Preise bezahlt, und gleich am Anfang der Versteigerung kam es 
zu einem heißen Kampfe um eine Handschrift uon Fielding. Huth 
hat das Dokument im Jahre 1868 für 252 Alk. gekauft, und jetjt 
bezahlte der bekannte Condoner Kunsthändler Quarifch nicht 
weniger als 20.500 111k für dies Blatt Papier. Den zweithöchsten 
Preis erzielte eine Handschrift uon Robert Bums, das lllonus- 
kript der Cantate „Die lustigen Bettler“; es ging für 9800 ülk. in 
amerikanischen ßesif] über. Auch für diese Handschrift hat Huth 
nur 252 Alk. bezahlt, wie es überhaupt trat; seiner Sammler 
leidenschaft sein Grundsatz mar, nie mehr als höchstens 2000111k. 
für ein kostbares Autogramm anzulegen. 6in Brief des Robinson 
Crusoe-Dichters Defoe, uon dem uns nur wenige handschriftliche 
Dokumente erhallen geblieben sind, wurde für 5900 ITlk. oerkauft, 
mährend Huth seinerzeit das Stück für 251 Alk. erworben hatte. 
Das uom Jahre 1698 stammende Billet Drydens an Airs. Stewart 
das mit den galanten Worten beginnt: „Alte Alänner sind gegen 
die Schönheit nicht so unempfindlich, wie junge Frauen glauben“, 
erzielte 4000 Alk., während Huth 750 dafür bezahlt hafte. 6in 
Brief uon Oliuer G o I d s m i t h an Sir Joshua Reynolds erzielte 
5600 JTtk., das Achtfache des Preises, den Huth seinerzeit angelegt 
hatte. 6ine bittere Anklage Galileis gegen seine feinde, die unter 
dem Deckmantel der Religion ihn uerfolgten, wurde mit 2320 Alk. 
bezahlt, und ein an Oes er gerichteter Brief des jungen Goethe 
den er kurz nach seinem Scheiden uon der Ceipziger Uniuersifät 
geschrieben, brachte 1640 Alk. ferner erzielten das kleine Fragment 
eines Schreibens, das 1554 uon der unglücklichen Anne Boleyn 
an Crommell gerichtet wurde, 6500 Alk. und ein Beglaubigungs 
brief an den Herzog uon Al a i la n d und den Papst, uon Cd uard IW 
und seinem Bruder 6dmund unterzeichnet, 2600 Alk., Huth hafte 
die Handschrift für 650 Alk. gekauft. 6in interessanter Brief der 
Königin Giisabeth an Heinrich IV. uon Frankreich, ihren „sehr 
treuen Bruder und allerchristlichen König“, worin Clisabeth sich 
ein wenig mifjuergnügt darüber äußert, daß sie Velasco als 
Botschafter empfangen mußte, fand für 7500 111k einen Ciebhaber. 
Huth sah in der 6rwerbung dieses Stückes einen seiner teuersten 
Ankäufe, denn er hatte 1500 Alk. dafür angelegt. Gin Brief, den 
Franz II., der Gemahl der lllaria Stuart, an seinen Onkel, 
den König uon Ilauarra, gerichtet hatte, brachte 3900 Alk., er hatte 
Huth seinerzeit 3520 Alk. gekostet. 2720 Alk. erzielte ein Haus- 
\ haltungsbuch der Gräfin Diana uon Poitiers; es Trägt ihre 
Unterschrift und als Titelblatt eine Grauüre uon Thomson, die nach 
; dem Porträt Primaticcios die schöne Diana als Waldnymphe dar- 
i stellt. Die offenbar mühsam unter eine Quittung über 5000 Alk. 
| gesetzte Unterschrift der berühmten Schauspielerin Hell Gmyn er- 
! gab eine Ginnahme uon 1440 Alk. Gin lebhafter Kampf entbrannte 
; um die neun Foliaseifen umfassende niederschrift uon Beethouens 
! „Cied an die Hoffnung“; für die kostbare Handschrift des Kleisters, 
I die Huth für 250 Alk. erworben hatte, wurden bei der Versteigerung 
I 4100 Alk. gezahlt. Sehr gespannt war man darauf, ob es gelingen 
| würde, den berühmten zweiten Brief Schillers an Goethe für 
I Deutschland zu retten, der seinerzeit auf unaufgeklärte Weise aus 
der Gesamtheit des Goethe-Schillerschen Briefwechsels uerschwunden 
ist und dessen Original als einziges wichtiges Dokument in der 
Sammlung des Weimarer Goethe- und Schil er-Archius fehlt, llach 
I kurzem Kampfe aber erwarb Quaritch, wahrscheinlich in ameri 
kanischem Aufträge, den Brief für 3500 Alk. Huth hatte seinerzeit 
J 185 Alk. dafür gegeben. Gin Brief Shelleys uom 29. Houember 1821, 
! an Joseph Seuern gerichtet, erzielte 15.400 Alk. und ein Schreiben 
1 der AIaria Stuart an den französischen Botschafter Chäteauneuf 
j erreichte sogar die außerordentliche Summe uon 20.000 lllk., während 
i ein Brief Cuthers an den Herzog Johann uon Sachsen nur 
990 Alk. einbrachte. Gin Alozartbrief, ein Herzensschrei des Kom- 
j ponisten an Konstanze Weber, erreichte den, im Vergleich zu den 
I übrigen Summen nur bescheidenen Preis uon 1240 lllk. 
Bibliophilie. 
(Der Cobspruch auf Salzburg uon Hans Sachs.) ln 
der Dresdner Hofbibliothek wird ein kostbares, uon Hans Sachs 
eigenhändig geschriebenes Spruchbuch aufbewahrt, das auf einigen 
Blättern „ein lobspruch der Stat Salßburg“, datiert 1549, enthält. 
Wie man weiß, hat Hans Sachs mehrere solcher Cobsprüche auf 
deutsche Städte, die er teils — wie Salzburg — aus eigener An- 
j schauung kannte, uerfertigt, und zwar oft auf Bestellung uon Buch- 
I händlern. Diese druckten sie als fliegende Blätter, um sie auf 
I Jahrmärkten zu oerkaufen. Den Reisenden dienten solche Stücke 
j zur Orientierung und Grinnerung an die betreffende Stadt. Bis 
heute kannte man das interessante Gedicht nur nach der Dresdner 
1 Handschrift; nirgends ließ es sich bibliographisch als Druck nach- 
mcisen. tlun ist es jedoch dem Alünchner Hofantiquar II. Rosen 
thal gelungen, ein, uon Hans Bammann (aus Rothenburg o. T.) 
in Salzburg i. J. !550 gedrucktes Bruchstück des Gedichtes aufzu- 
' finden, und so die Drucklegung desselben nachzuweisen. Gs ge- 
i lang, aus dem Ginbande eines alten Jngolstädfer Druckes den 
I größten Teil des in sehr großem Format gedruckten Flugblattes 
herauszulösen. Obwohl sich am Schluß Hans Bammann, der sich 
an einigen Stellen dem feser als wandernder Buchdrucker uorstellt, 
selbst als Verfasser des Gedichtes nennt, so ist es doch uon niemand 
anderem als uon Hans Sachs. Bis auf kleine Änderungen stimmt 
I der Druck mit der bereits 1549 niedergeschriebenen Original-Hand- 
| schritt des Hans Sachs überein; Bawmann ließ ihn oielleicht ohne 
Vormissen uon Hans Sachs unter seinem Hamen zirkulieren. Über 
dies ist das seltene Stück auch uon hohem typographischen Inter 
esse, da mit ihm der früheste, nachweisbar datierte Salzburger 
Druck uorliegt. 
(Schenkung.) Die Witwe eines polnischen Ingenieurs hat 
der öffentlichen Bibliothek in Warschau 360.000 Rbl geschenkt, 
Die Bibliothek besißt zur Zeit 80.000 Bände, uon denen der größte 
Teil Schenkungen sind. Dieselbe Dame hat für die Grrichtung einer 
Kunstakademie in Warschau 250.000 Rbl. gestiftet.
	        
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