Zentralblatt für Sammler, Ciebhaber und Kunstfreunde
j.
3. Jahrgang.
Herausgeber: Horbert Ehrlich und J. Hans Prosl.
Wien, 15. Juli 1911.
Hummer 14.
Der Plastiker loset Thaddäus Stammei.
Von Professor Hnton fflayr (Wien).*
an kennt den Hamen Stamme 1 kaum, ln den
„Kunstgeschichtlichen Charakterbildern aus Öster
reich-Ungarn“ (Tempsky 1893) mar ihm nicht
nergönnt, neben Veit Köninger, Andreas ITlarx
und Weifjkircher genannt zu roerden, roie er
^ denn auch in dem Werke, roelches die Barock-
Plastiker in Österreich-Ungarn speziell zur Dar
stellung bringt, mit keinem Werke nertreteu ist.
Ja, uon berufener Seite ruurde ich gelegentlich
einer Vorzeigung uon Cichtbildern allen Ernstes
gefragt: Woher roeifj man, dal) es einen Bild-
sehniger Stammei gegeben hat und dal) die in
fldmont und anderstem ihm zugeschriebenen
Schnitzereien wirklich uon ihm sind? Diese
fragen mahnen mich, meinem Cokalpatriotismus
nachgebend, die mir zu Gebote stehenden, streng
kritischen Beroeise darzubieten.
Das urkundliche material über den Künstler Stammei
und seine Arbeiten ruurde uon P. Jakob Wichner gesammelt
und ueriuerfet. Trotj seiner Dürftigkeit sind mir doch in
der tage, an der Hand dieser Skizzen einen befriedigen
den Hacheneis über den Künstler zu liefern und Zweifler,
tuie die in oben angeführten fragen charakterisierten, zu
toiderlegen.
Jn der Sterbematrikel der Pfarre Admont lesen mir
unterm 2t. Dezember 1765: Sepultus dominus Joseplms
Stämel, famosus statuarius ....;'
1753 schenkte Abt JTlatthäus der Kirche zu Wild
alpen ein Bildruerk „uom berühmten Bildhauer Stämel“;
1740 gibt Stämel ein Gutachten über einen Hochaltar
in niainhardstorff ab;
1740 ermähnt P. Balduin Gig], dafj Stämel einen
Platj für einen Altar oder eine Statue ausgesucht habe;
1740 bittet derselbe P. Balduin den Prälaten, den
lllaler fr. Simeon, den Stämel und den Vergolder (fasser)
bärthlme zu senden;
1734 roerden für Brechen und Ciefern uon feibnitjer
Stein uon Stämel 50 fl. in Rechnung gestellt.
In einem Inuenfar der Prälatu. non 1839 roerden
mehrere Werke uon Stammei angeführt.
* Wir entnehmen diese interessante Studie dem eben er
schienenen 28. Jahresbericht des k. k. Carl Cudioig Gymnasiums in
Wien XII, Rosagasse llr. 1—5.
1 1. Wichner, „Studien und lllitfeilungen aus dem Benediktiner-
und Cistercienser-Orden“ XV.. 1894, S. 654.
Ein alter Kupferstich eines Alfares, gestochen uon
Schmidtner, der mehrere noch erhaltene Schnitzereien zeigt,
trägt die Bezeichnung: Stämel invenit.
Ein Schnitjtuerk in der Admonter Bibliothek trägt die
Signatur F]s und die Jahreszahl 1760 '.
Die Krippe uom Jahre 1 755 trägt dieselbe Signatur,
ebenso ein Relief in der Betchorkapelle und eines der 8
Reliefs in Seitenstetten. Ein kleineres Relief in der Prä
latur (Anbetung der Heil. 3 Könige) ist gleichfalls signiert.
P. Vital beruft sich in seiner 1740—1744 geschrie
benen Chronik uon frauenberg auf das Urteil des Josef
Stammei, roeitberühmten H. Bildhauers uon Graz.
Sapienti sat! Die Existenz eines Bildschnitzers Josef
Stammei und sein Wirken für das Stift Admont und einige
seiner Pfarreien in der Hütte des 18. Jahrhunderts roird
nun roohl niemand bezweifeln; signierte und beglaubigte
Arbeiten sind in hinreichender Anzahl uarhanden, dal) seine
JTleisterhand und seine Stileigentümlichkeit sich nicht schwer
erkennen lassen.
Über Stammei ist sehr roenig geschrieben; dal) die
klösterlichen Schriftsteller uon ihm gelegentlich Hotiz nahmen,
ist selbstuersfändlich und es ist ehrenroert, roenn sie sich
für Werke der Kunst interessieren. So hat Prof. Thassilo
Weimayr in seinem geroandt geschriebenen Büchlein „Der
Tourist in Admont“ (Braumüller, 1873) roie in der früher ge
schriebenen Topographie uon Admont (1859) eine kurze
Übersicht über das Heben und die Werke unseres Künstlers
gegeben. Vor allem aber ist P. Jakob Wichner die Auf
findung der urkundlichen Quellen und ihre Verroertung zu
danken.
Schon in seiner oierbändigen Geschichte des Benedik
tiner-Stiftes Admont bietet er eine Übersicht über die Tätig
keit Stammeis, dann eingehender in seinem Buche „Admont
und seine Beziehungen zur Kunst“ und endlich faSjt er
monographisch alles in den „Studien und IHitteilungen
aus dem Benediktiner- und Cistercienser-Orden“, XV. Jahr
gang, 1894, zusammen. Wichner sammelte, roas auffindbar
mar, und mit größter Beruhigung kann man oertrauen,
dafj ihm in seinem Archio und in der Bibliothek kein
Zettel unbekannt blieb, für die urkundliche forschung über
Stammei roird Jakob Wichner stets die Grundlage bleiben.
So dankenswert nun auch die Beibringung des Urkund-
2 Die uollständige Signatur zeigt die 5 Buchstaben I. T. S,
bei der uan Wichner miedergegebenen fehlt der das I anzeigende
Punkt über dem T (fidnu und" seine Bez. zur Kunst, S. SO).