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Interna tionale Sammler-Zeitung. 
riiiminer 14 
eine Sammlung non Gipsabgüssen einzuflößen pflegt. Wir werden 
uns im allgemeinen weigern, in diesen Abgüssen, deren „unange 
nehme Kälte“ uns zurückstöfjt, die Originale wieder zu erkennen, 
die uns mit warmer Bewunderung erfüllten. Um so dankbarer 
müssen mir sein, daß hier die frage der Reinigung der Abgüsse 
in einer Weise gelöst wurde, durch die zugleich eine überraschende 
ästhetische Befriedigung gegeben ist. Der Versuch, die Abgüsse 
anzustreichen, mar durch den schlechten Zustand der zum großen 
Teil recht alten Gipse geboten. ITlan hat aus der Hot eine Tugend 
gemacht und durch den Anstrich eine erfreuliche malerische Wirkung 
erzeugt, ahne die Feinheit der modellierung zu beeinträchtigen. 
Selbsfoerständlich muffte hierbei auf eine uollkammen täuschende 
Wiedergabe des echten ITlaterials, der Bronze oder des ITlarmors, 
uerzichtet werden. Ulan begnügte sich, den allgemeinen Gindruck 
des Originals miederzugeben und einen dem Auge angenehmen, 
warmen Ton heruorzubringen. Besondere lllühe wurde auf die 
Tönung der nach marmormerken hergestellten Abgüsse oerwendet. 
Hier mußte die schmutzige Oberfläche zunächst mit einer dünnen 
Deckfarbe überstrichen und dann mehrfach lasiert und gewachst 
werden. Jst das Verfahren auch nicht bei allen Stücken gleich 
mäßig gut geglückt, so muß man den Versuch im allgemeinen doch 
als durchaus gelungen bezeichnen, Die Aufgabe, die Kunstwerke 
dem gegebenen Raume einzuordnen, ist mit nicht geringerem Ge 
schick gelöst als die Reinigung der Abgüsse. Gewinnt man dennoch 
zu diesem oder jenem Denkmal nicht die rechte Stellung und ge 
bührende Distanz, so ist dies auf Kosten der besonders schwierigen 
Verhältnisse, unter denen die Aufstellung uollzogen wurde, zu 
seßen. Wer in die Säle einfritt und die wohlgeordneten Kunst 
werke auf dem ruhigen Hintergrund des grauen Rupfenstoffes erblickt, 
wird jedenfalls das Gefühl der Ruhe und des Wohlbehagens ge 
winnen, das zur Betrachtung der Werke großer Kunst erforderlich ist. 
Während hiermit eine Reihe uon altbekannten Kunstwerken 
der Befrachtung des Publikums wieder freigegeben ist, wird im 
ITtuseum für Völkerkunde die (Eröffnung des Saales ange 
kündigt, in dem neue, höchst interessante Erscheinungen uar das 
Auge der gebildeten Welf treten und ihr Interesse beanspruchen 
werden. Die Aufstellung der Turfanaltertümer ist dort ihrer Voll 
endung nahe gerückt, neben den Kolossalgemälden aus dem 
Grottentempel uon Bäsäklik, die schon früher dem Publikum zu 
gänglich waren, kommen zur Aufstellung uiele kleinere und größere 
Gemäldetafeln, fast durchweg Erwerbungen der zweiten Turfan- 
expedition des Herrn o. Ce Coq. Die Wandgemälde, die dem bud 
dhistischen Religionskreise angehören und wahrscheinlich dem 8. 
und 9. Jahrhundert entstammen, uersprechen uns einen neuen und 
überraschenden Einblick in die Kultur eines Zweiges des Türken- 
oolkes zu geben. — Daneben werden uns ein großes Wandgemälde 
und zwölf kleinere, mehr oder weniger gut erhaltene Fragmente 
non Wandgemälden aus den fasten- und Gebetshallen der ITlanichäer 
mit einigen anderen Reliquien dieser Glaubensgenossenschaft in 
eine ganz andere und unbekannte künstlerische Anschauungsmelt 
einführen. Diese einzigen Reste einer merkwürdigen Kunst und 
Religion sind durch die aufopferungsoollen Bemühungen des Herrn 
u. Ce Coq dem sicheren Untergange entrissen und als ein unschätz 
barer, einzigartiger Besiß dem hiesigen ITluseum für Völkerkunde 
zugeführt morden. Die Sammlung wird ueruollständigt werden 
durch eine reiche fülle uon Kleinfunden, eine überlebensgroße Statue 
eines Bodhisattoa sowie durch zwei chinesische Inschriffensteine 
und eine chinesische Stele mit Anschriften und eingerißfen mytho 
logischen Bildern. 
Von einer schönen lleuerwerbung berichtet das Klünz- 
kabinett. Durch die Hochherzigkeit einiger freunde des Kaiser- 
friedrich-Kluseums ist es dem lllünzkabinett ermöglicht worden, 
mehrere heroorragende und interessante Stücke aus der ITtedaillen- 
auktion A. u. Canna zu erwerben. Durch diese neuermerbung, 
die hauptsächlich deutsche Renaissancemedaillen umfaßt, ist eine 
bisher noch immer fühlbare Cücke im Bestände der Sammlung 
ausgefüllt worden. — Wie in Italien, frankreich und den lTiedcr- 
landen hat auch in Deutschland die ITlünzglyptik in der Zeit uon 
1450 bis 1620 eine hohe Vollendung erreicht. Bei allen diesen 
ITledaillen tritt deutlich das Bestreben heruor, ein möglichst natur 
getreues Porträt zu geben. Bei den frühesten, hier umliegenden 
münzen, den Werken des Hans Schwarz, der nach den wenigen 
einleitenden Versuchen Dürers als erster die deutsche Gußmedaille 
oertritt, äußert sich dies Bestreben in noch etwas unbeholfener 
Weise. Die llledaille uon Eifelfriß 111. aus dem Jahre 1520, eine 
der ältesten Hohenzollernmedaillen, sowie die ITledaille, die die 
Bildnisse der nürnberger Patrizierin JTlargarcte Teßel und der 
Augsburgerin ITlagdalene Haunolt oereinigt, zeigen die Züge dieser 
oerehrlichen Persönlichkeiten fast ins Karikafurenhafte oerzerrt. — 
Bei den Werken friedrich Hagenauers und seiner Schule zeigt sich 
die Vorliebe, indioiduelle ITterkmale zu betonen, bereits in gemil 
derter form. Besonders sei das schöne oergoldete Schaustück mit 
Anhängerkette ermähnt, das das Bildnis des Grafen Albrechf o. 
Hohenlohe trägt und oon einem Augsburger Vorläufer Hagenauers, 
der seiner Schule oermandr ist, herstammt. Die Blütezeit der deut 
schen ITledaillenkunst, die die nürnberger Kleister oon 1525 bis 
1545 oerkörpern, wird durch einige sehr schöne Stücke u er treten: 
die ITledaillen auf Hans Kraft (1 55 5), auf den bekannten Humanisten 
Willibald Pirkheimer aus seinem Todesjahr (1530), auf Cienhard 
Hofmann (1556) und andere. Sorgfältigste Beobachtung der Dafür 
und zierlichste Ausarbeitung der Einzelheiten zeichnet diese Werke 
aus. Dabei ist jeder Zug uon Karikatur gewichen. Die Rückseiten, 
die bei den Arbeiten oon Schwarz und Hagenauer glatt oder nur 
mit Schriffzeichen bedeckt sind, werden jeßt gleichfalls schön ge 
ziert, meistens mit dem Wappen. 
Die ITledaille Pirkheimers zeigt auf der Rückseite fünf aus 
dem Boden wachsende Ähren. Eine interessante, einzigartige Arbeit 
ist das Unikum auf Konrad Schlap: auf der Vorderseite ist der 
Kopf oon oorn gegeben; auf dem Rücken trägt es eine allegorische 
Darstellung: ein lllann ruht begraben unter einem miihlstein, der 
wohl die lllühen des täglichen Hebens oersinnbildlicht. Die genannten 
ITledaillen gehören alle einer Gruppe an, die sich nach einem her- 
uorragenden ITleisfer die Gebelgruppe nennt. Eine Sonderstellung 
nehmen zwei Silbermedaillen uon 1542 ein: die auf Elisabeth 
federmann und auf Stanislaus o. Ostrogski. Beide zeigen in Bucli- 
sfabenform und Caubornament unoerkennbare Verwandtschaft mit 
der Gruppe, der die besprochenen Schaustücke angehören; in der 
Darstellung und Behandlung des Kopfes weichen sie dagegen deut 
lich ab. Besonders merkwürdig ist bei dem frauenbild das antiki 
sierende Gewand und das aufgelöste Haar. — Zwei sorgfältige 
Arbeiten des nürnberger Kleisters Valentin Illaler oon 1570 be 
weisen, daß d r alte Hauptsiß der ITledaillenkunst, lJürnberg, sein 
Ansehen auch noch zu einer Zeit behauptete, in der sich bereits 
eine Erschlaffung auf diesem Gebiete des Kunsthandmerks wie 
auf allen andern in Deutschland erkennen läßt. Auch ein Schau 
stück auf Philipp Scherl oon 1615 und eins auf Hans Peßhold, 
d n nürnberger Goldschmied, oon 1628, sind noch achtungswerte 
Teistungen. Die leßtgenannte, ooale llledaille ist besonders inter 
essant wegen der mythologischen Darstellung auf ihrer Rückseite: 
Hermes fliegt zu einem Hirten herab, der neben seinem Vieh ein 
geschlafen ist, und in dem wir wohl Paris erkennen dürfen. 
Die schönen Erwerbungen belehren uns, daß die deutsche 
ITlünzglyptik der Blütezeit hinter den oortrefflichen Bildnismünzen 
der hellenistischen und römischen Zeit nicht zurücksteht. Sie zeigen 
uns aber auch recht deutlich, wie oiel uns heute noch fehlt, che 
wir einer ähnlichen Vollendung wieder nahe kommen dürften.
	        
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