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Internationale 
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde 
Hernusgeber: Horbert ehrlich und J. Hans Prosl. 
3. Jahrgang. 
Wien, 1. August 1911. 
Hummer 15. 
Altes Delfter Porzellan. 
ir glauben allen unseren Fesern, die die Reise 
saison zu einem flusfluge nach Holland benütjen, 
einen Dienst zu ercoeisen, roenn mir in den 
folgenden Zeilen einige (Erfahrungen und Be 
frachtungen eines Kunsthändlers oder, roie man 
die Vertreter dieses Berufes in Holland bezeich 
net, eines „Antiquars“ über altes Delfter Por 
zellan zum besten geben. (Ein holländisches 
Blaff, der „nieuroe Rotterdamsche Courant“, 
hat kürzlich einem solchen Geroährsmann das Wort ge 
geben, und es mögen aus seinen interessanten Bemerkungen 
hier die wichtigsten Stellen heroorgehoben werden. 
Schönes Alt-Delft, heißt es, gibt es fast nicht mehr, 
d. h. nicht mehr in dem Sinne, roie wir Händler es meinen: 
es ist nicht mehr im Umlauf, früher roar dies anders. 
Ich erinnere mich noch, dafj mein Vater die blauen Delfter 
Teller in Stücke schlug, wenn er draußen gut eingekauft 
hatte, denn es roar damals nicht der ITlühe roert, sie mit 
zunehmen. Wenn sie gut erhalten waren, kosteten sechs 
Stück einen Gulden, und für gewöhnliches „Bauern-Delft“ 
bezahlte man höchstens zehn Cents. Hoch oor zehn Jahren 
roar ein schöner Teller „gezeichnet“ (mit dem fabrikstempel 
uersehen) oder nicht, für einen Gulden zu bekommen, heute 
kann man den allereinfachsten, ungezeichneten Teller unter 
sechs Gulden nicht mehr kaufen; nom farbigen oder gar 
mit Goldrand oersehenen Teller roill ich gar nicht reden, 
für ein halbes Duzend mit „dem Beil“ (der am niedrigsten 
beroerteten marke) bezahlt man jet^t gern sechzig bis siebzig 
Gulden. Zroar befindet sich bei den Händlern noch Prima- 
Ware aus der besten Zeit non Pynacker, de Keyzer oder 
oan fictoor, aber sie oerlangen horrende Preise dafür, für 
sechs kleine, schöne, farbige Teller mit Gold werden 1200 
Gulden und noch mehr oerlangt und auch gern bezahlt, 
aber oom „stehenden Gut“, roie z. B. den farbigen, mit 
Gold gerippten Tellern kostet das einzelne Stück oiele 
Hunderte oon Gulden. 
Flicht für Kenner und Händler, aber für Faien und 
Ciebhaber, ist es zu bedauern, dafj hier das Gebiet der 
fälschungen beinahe unbegrenzt ist. nirgends roird man 
leichter und rascher getäuscht als hier. Hat man Gelegen 
heit, ein angetragenes falsches Stück neben ein echtes zu 
stellen, so fällt der Unterschied sofort in die Augen, aber 
abgefeimte, betrügerische Händler wissen auch dafür Rat: 
sie stellen sich an, als ob sie für solche Dinge gar kein 
Verständnis hätten, sie haben das Stück „zufällig“ bei 
einer alten Dame — oerständigerroeise kommt stets eine 
solche ins Spiel — eingetauscht, bei der es jahrzehntelang 
im Kasten gestanden hat, deshalb sei es auch so gut er 
halten, beinahe unoersehrt, roas bei einer solchen Ware 
gar nicht mehr oorkomme usro., der Herr möge nur selbst 
sagen, roas ihm das Stück roert sei, denn er roisse das 
sicher am besten — und das fnde oom Fiede ist, daß 
man ein roertloses unechtes Stück als eine kostbare 
Antiquität nach Hause bringt. (Es sind aber nicht aus 
schließlich die kleinen, obskuren, häufig in förmlichen Spe 
lunken hausenden Händler, welche derartige Geschäfte 
machen, selbst in renommierten Fäden sieht man „brutale“ 
fälschungen ungeniert im Schaufenster ausgestellt. Wer 
das Unglück hat, in die Hände eines solchen Geschäfts 
mannes zu fallen, roird gut tun, roenn er damit anfängt, 
den zehnten Teil des geforderten Preises für ein „echtes“ 
Stück zu bieten. 
£s mag dahin gestellt bleiben, wer auf der Stufen 
leiter der (Ehrbarkeit höher steht, der fabrikant solcher ge 
fälschten Stücke oder der sie an den ITlann bringende 
Händler, sicher ist nur, daß der letjtere ohne den ersteren 
nicht denkbar ist. €s soll aber alsbald hier heroorgehoben 
werden, daß die fabriken in ITlakkum (friesland) und die 
oon Joost Thooft in Delft eine rühmliche Ausnahme machen; 
diese fabrizieren sehr schönes Genre-Alt-Delft, aber sie oer 
sehen ihre Ware mit ihrer eigenen IJlarke, geben sie also 
nicht für echtes altes Delft aus, so daß also der Käufer 
oon oornherein weiß, roas er für sein Geld bekommt. 
Die unehrlichen fabrikanten dagegen oersehen ihre Ware 
in erster Finie mit der IJJarke einer alten erstklassigen 
Werkstätte, und dann sorgen sie, daß auch „der Zahn der
	        
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