MAK
Hummer 15 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 235 
(Ein zehnjähriger Briefmarkenprozeß.) Dos Cell er 
Oberlandesgericht hat durch Rechtsspruch einen Prozeß entschieden, 
der nicht weniger als 10 Jahre gedauert hat und der als Gegen 
stand eine Klage betraf, die namentlich in Philatelistenkreisen 
Interesse erwecken dürfte. Dem langwierigen Verfahren lag fol 
gender Sachuerhalf zugrunde: Var 11 Jahren hatte die deutsche 
Postagentur in Putsch au in China ITlangel an Sünfpfennig- 
marken und oermendete daher Zehnpfennigmarken, die bereits den 
Aufdruck „China“ in schwarzer Sarbe trugen. Ulan uersah die 
lltarken mit einem gleichfalls schwarzen Aufdruck „5 Pfennig“ und 
brachte sie in den Handel. Cin Briefmarkenhändler bestellte bei 
einem Bekannten in Nütschau, der zugleich die dortige Postagentur 
oersah, 200 Stück solcher IHarken zum Preise non 12 lllark pro 
Stück und bezahlte nach Empfang derselben dem Cieferanten in 
tu tschau 2400 mark, flach einiger Zeit erwachte in dem Händler 
dann der Verdacht, daß bei 86 Stück der gelieferten lllarken zu 
dem Wertaufdruck ein anderer als der amtliche Stempel oerwendet 
morden sei, so dafj nach seiner Ansicht die marken gefälscht 
waren. Cr oerlangte daher oon seinem Cieferanten in tutschau den 
Betrag oon 1032 lllark zurück und brachte, als die Rückzahlung 
oermeigert wurde, eine Klage ein. Die Sorderungsklage wurde 
zunächst oon dem Candgericht Osnabrück abgemiesen, weil nach 
Ansicht des Gerichtes der Kläger einen Beweis für die Behauptung, 
dafj eine Sälschung oorliege, nicht erbracht habe. Das um ein 
Gutachten angegangene Reichspostamt erklärte, in der Sache nichts 
tun zu können, da es einerseits überhaupt nicht genehmigt hatte, 
dafj die marken überdruckt würden, und anderseits nicht im Besitj 
oon lllarken sei, bei welchem der Stempel „5 Pfennig“ mit Sicher 
heit benütjt worden sei. Der Rechtsstreit ging aber trotjdem weiter 
und hat nunmehr mit dem Siege des Klägers geendet. Diese In 
stanz kam nach umfangreicher und müheoollen feststellungen zu 
dem Schlüsse, dag die in frage stehenden marken mit einem nach 
gemachten Stempel oersehen seien. Verschiedene Sachoerständige, 
unter ihnen der Gerichtschemiker Jeserich, erachteten eine Sälschung 
als oorliegend. Seinerseits trug auch der Beklagte dazu bei, dafj 
das Oberlandesgericht eine Sälschung als oorliegend erachtete, indem 
er auf die frage, wie er zu den lllarken überhaupt gekommen 
sei, widersprechende Antworten gab. Er wurde zur Rückzahlung 
der Summe oon 1052 lllark oerurteilt. 
(flaue Stempelmaschinen.) ln Deutschland werden 
jetjt Versuche mit neuen Briefmarken-Stempelmaschinen angestellt. 
Ulan berichtet uns darüber: Schon seit längerer Zeit ist es recht 
unangenehm empfunden worden, dag die Cesbarkeit oon lllit- 
teilungen auf der Vorderseite der Postkarten durch den langen 
Stempel der Stempelmaschinen stark beeinträchtigt wird. Der Aus- 
schug des Deutschen Handelstags hat sich mit der Angelegenheit 
befagt und in einer Eingabe an den Staatssekretär des Reichs 
postamts dem Wunsche Ausdruck gegeben, dafj auf Postkarten der 
zu schriftlichen niitteilungen benugbare linke Teil der Vorderseite 
nicht oom Entwertungsstempel getroffen werde, nunmehr hat der 
Staatssekretär des Reichspostamts dem Deutschen Handelstag fol 
gendes Schreiben zugehen lassen: „Die Unzuträglichkeiten bei der 
Stempelung der Postkarten mit Briefstempelmaschinen sind auch 
hier schon erkannt morden. Die Technik ist infolgedessen angeregt 
worden, eine brauchbare und leistungsfähige Stempelmaschine her 
zustellen, die nur den rechten Teil der Vorderseite der Postkarten 
und Briefe mit dem Stempeiabdruck oersieht. ln legter Zeit sind 
einzelne solche Stempelmaschinen uersuchsweise in den Betrieb ein 
gestellt worden und haben schon annehmbare Ergebnisse in der 
Halbstempelung geliefert. Es ist daher zu er warten, dafj der bei 
den Beratungen des Handelsfags hinsichtlich der Stempelung der 
Postkarten geäugerte Wunsch in absehbarer Zeit erfüllt werden 
wird.“ 
Uerschieöenes. 
(Die Zinnsammlung Demiani.) Der im februar 
dieses lahres oeistorbene Geheimrat Dr. Demiani hat sich nicht 
nur mehrfach auf dem Gebiete der Zinnforschung wissenschaftlich 
mit grogem Erfolge betätigt, sondern sich auch eine Zinnsamm 
lung oon Weltruf geschaffen. Auf dem Gebiete der Prunkschalen- 
und Teller aus der Zeit der Renaissance, dem „Edelzinn“, wie 
man es nach einem oom Verstorbenen geprägten Worte neuerdings 
zu nennen pfegt, den überaus reich oerzierten Zinnarbeiten des 
, fran^ois B r i o t, Caspar Endedein und anderen franzosen und 
ITürnbergern steht die Demiani’sche Sammlung unübertroffen da. 
Die oon manchen gehegte Befürchtung, dafj dieser einzig daste 
hende, mit grogen Spezialkenntnissen, regem Eifer und bedeuten 
den ITTitteln erworbene Besi^ in alle Winde zerstreut werden 
würde, hat sich als unnötig erwiesen. Denn Demiani hat, wie 
man uns mitteilt, seine gesamte Zinnsammlung in hochherziger 
Weise dem Kunstgewerbemuseum in Dresden oermacht, wo 
sie in den nächsten ITlonaten, für sich abgeschlossen, als Samm 
lung Demiani zur Aufstellung gelangen und damit der Öffentlich 
keit zugänglich gemacht werden wird. 
(Ein fürstlicher Prunkwagen aus der Rokokozeit.) 
Es wird uns geschrieben: Durch ein aufjerordentlich kostbares und 
interessantes Stück alten Kunsthandwerks sind die städtischen 
i Sammlungen in Heidelberg bereichert worden. Es handelt sich 
um einen offenen Prunkwagen aus der Zeit des Kurfürsten Karl 
Theodor, der sich bisher im Besitj des Sreiherrn o. Venningen- 
Ullner befand. Der nachträglich aufgetragene graugrüne Anstrich, 
der die Wirkung des köstlichen Rokokoschnitjwerks stark beein 
trächtigte, konnte beseitigt werden. An allen flächen trat wieder 
dos originale Rot zutage, die typische färbe der fürstlichen 
Prunkwagen des 17. und 18. Jahrhunderts. Das elegante Flluschel- 
werk zeigt auch noch die Spuren seiner ehemaligen Vergoldung. 
An der Außenseite des Wagens befinden sich dekoratioe lllalereien, 
welche oier Darstellungen aus der Adonis- und Aktäansage zum 
Gegenstand haben und auf die Gefahren der Jagd hinweisen. Das 
pfalzbayrische Wappen zeigt den geschnitten Hamenszug Karl 
Theodors 
(fundeaus dem Pantheon des alten Sorrent.) 
Die kleine italienische Stadt Sorrent, durch ihre herrliche Tage 
ein Entzücken der Italienfahrer, kann auf eine uralte Vergangen 
heit zurückblicken. Sie ist oon den Phöniziern gegründet morden 
die das Auffinden oon Überresten phönizischer llTauern nahe bei 
dem St. Paul-Kloster erwiesen hat, und war eine bedeutende llie- 
derlassung, schon beuor Rom gegründet wurde. Jm römischen 
Kaiserreich war Sorrentum, das damals den Hamen Colonia 
Augusfa erhielt, eine der sieben Kaiserstädte der italienischen 
Präfektur. Die Stadt, die damals eine neue Hochblüte erlebte, hatte 
ein Pantheon, in dem die Statuen der zwölf großen Götter, der 
kleineren Götler und der Kaiser aufgestellt waren. Dies Pantheon, 
oon dem uns noch mancherlei Kunde erhalten ist, mar ein herr 
licher ITtarmorpalast, oon einem breiten Säulengang der korinthischen 
Ordnung umgeben und ragte hoch über die anderen Gebäude Sor 
rents empor, ln den ersten christlichen Jahrhunderten wurden 
dann in den Stürmen der Völkerwanderung oiele der Tempel 
Sorrents zerstört und oon den Barbaren beraubt. Die Stadt mar 
damals oon einer starken (Hauer umgeben, die im fünfzehnten 
Jahrhundert wieder aufgebaut wurde und zum Teil noch steht. 
Trotj der Vernichtung, mit der damals so oiele Kunstwerke des 
sinkenden Heidentums bedroht waren, hatte man Achtung oor 
dem herrlichen Pantheon und wandelte es in eine christliche Kirche 
um. Die fegende erzählt uns aber, daß im fünften Jahrhundert 
der Bischof Bacchulus, dessen Körper bei dem Pantheon begra 
ben worden war, als Geist dem Herzog oon Sorrent im Traum 
erschien und ihm befahl, die Statuen der alten Götter, die noch 
rings um die nunmehrige Kirche standen, zu stürzen, da diese 
heidnischen Bilder die Ruhe seines Grabes störten. Die Bildwerke wur 
den also oon ihrem Standort entfernt, zumTeilinslHeer geworfen,zum 
Thcil in der Erde oergraben, nunmehr ist man, wie der Korrespondent 
des newUorkHerald berichtet, durch Zufall auf Te'rle dieser herrlichen 
Kunstwerke gestoßen, die oor fünfzehn Jahrhunderten das Gefühl 
frommer Christen oerleßten. Bei Grabungen für eine Wasserleitung 
wurden Stücke oon Statuen gefunden, die sich als schöne Bei 
spiele griechischer Kunst herausstellten, und daraufhin nahm man 
die Grabungen systematisch auf. Unter den ersten Sunden be 
fanden sich zwei große, wunderooll gemeißelte Köpfe, in denen 
man Darstellungen Jupiters und des Kaisers Hadrian oermutet. 
Von der Hadrianstatue sind auch noch eine Hand und einige
	        
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