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internationale Sammler-Zeitung.
Hummer 14
Zeit“ sichtbar roird, indem die Glasur am Rande entfernt
roird und dann die uerroitterte, mit Staub und Schmuß
bedeckte Rlasse, aus welcher das Stück gemacht morden
ist, zum Vorschein kommt. Der betrügerische Händler
schlägt dann oor dem kauflustigen Ciebhaber ein Werk
über ftlt-Delft auf, findet nach langem Suchen endlich die
IHarke und — das Übrige läßt sich denken.
Bis oor ganz kurzer Zeit mar es eine französische
Firma, non welcher die Ginfuhr des „schönen alten Delft“,
namentlich der farbigen und mit Gold bemalten Sorten,
ausging; in allerneuester Zeit soll es ein Riederländer sein,
der das saubere Handwerk betreibt. Seine Rachahmungen
müssen so täuschend sein, dafj selbst die Direktion eines
ITluseums betrogen worden ist Gin Feinschmecker auf
diesem Kunstgebiet erklärte, dafj er beim Rnblick dieses
Fabrikats, das mit außerordentlicher Fertigkeit hergestellt
war, ein „sehr neues Gefühl“ gehabt habe. Die Frage,
welche ein Eiebhaber an den Händler, dem er sein Ver
trauen geschenkt hat, stets zuerst richten wird, dürfte wohl
die sein: Woran erkennt man den Unterschied zwischen
alt und modern? Gewöhnlich glaubt man, dafj das heute
nicht mehr nachzuahmende Blau das charakteristische lllerk-
mal der Gchtheit bilde, darauf aber lautet die Antwort des
Kenners etwa folgendermaßen: Wenn wir Weiße unter
einander sind, dann können wir den einen oon dem andern
recht gut unterscheiden, befinden wir uns aber unter einem
Haufen Reger, dann glauben wir, daß alle einander durch
aus ähnlich und gleich sind. Ähnlich geht es mit alt und
modern Delft, alles Blau erscheint uns blau, alles Weiß
weiß, aber in der Tat ist es nicht so. Rn der Farbe, an
der Form, an der Glasur oder am Rohstoff, an jedem
dieser Faktoren allein und für sich, ist es nicht zu sehen.
Die guten Rachahmungen oerwenden nahezu denselben
Rohstoff, zeigen dieselbe Glasur oder dasselbe Gmaille wie
die alten, wie auch die Rrt und Weise der Herstellung
ganz dieselbe ist. Gs ist oielmehr der Totaleindruck eines
Stückes, der das entscheidende Wort spricht, aber dieser
Totaleindruck wird durch eine Reihe oon Faktoren heroor-
gebracht, oon denen manche außerhalb des Bewußtseins !
liegen, und die sich mit Worten nur schwer oder gar |
nicht umschreiben lassen. Ulan bekommt aber „ein neues j
Gefühl“. Gs kommt oor allem auf den Gegensaß zwischen ;
den Farben, namentlich zwischen Blau und Weiß, an;
kurzweg behaupten zu wollen, daß das alte Blau jeßt
nicht mehr nachgeahmt werden könne, ist unrichtig, es
gibt heute in Holland Fabriken, welche dasselbe schöne
Blau darstellen, aber wenn ihr Weiß nicht dasselbe ist wie
bei alt Delft, dann ist die Harmonie doch gestört. Daß
es nur der Gegensaß ist, der den Gffekt heroorbringf, mag
ein Beispiel zeigen. Rot, wie es z. B. auf der hollän
dischen Flagge erscheint, ist unter Glasur beinahe nicht
zu erzielen; nimmt man nun das Blau etwas matter, das
Weiß mehr creme und seßt dagegen ein helles Braun, dann
erhält man unter Glasur ein ganz präsentables Weiß und
Blau. So geht es auch mit dem bunten alten Delft, auch
hier kommen die eigentümlichen Gegensäße zwischen Gelb,
Blau, Violett, Braun und Weiß oor. Gs wird wohl kaum
darauf aufmerksam gemacht werden müssen, daß die
Kenntnis aller hier genannten Verhältnisse nur das Resultat
jahrelanger Vertrautheit mit dem im Handel oorkommenden
alt Delft sein kann und daß jeder Eiebhaber, namentlich
wenn er ein Rnfänger ist, am besten fahren wird, wenn
er bei etwaigem Ginkauf sich des Rates eines zuoerlässigen
Rntiquars bedient und oorläufig ein ihm angebotenes Stück
durch dessen Rügen betrachtet; will man dann auf eigenen
Beinen stehen, so schlage man nicht zu rasch zu, sondern
nehme das fragliche Stück zuerst mit nach Hause und
überzeuge sich, welche Figur es unter den bereits erwor
benen Stücken macht; kann es sich hier halten, dann ist
die Sache in Ordnung.
Oben ist behauptet worden, daß schönes altes Delft
fast nicht mehr im Umlauf oorkomme, und doch muß noch
eine kolossale ITlenge daoon oorhanden sein, wenn man
weiß, daß wenigstens 30 Fabriken oder oielmehr Werk
stätten während zweier Jahrhunderte ununterbrochen tätig
gewesen sind, natürlich darf die damalige Produktion
nicht nach heutigen Verhältnissen gemessen werden, wo
ein geübter Arbeiter in einem Tag über 2000 Teller machen
kann, oder wo eine einzige deutsche Fabrik am Rhein
innerhalb zweier Jahre nach Holland etwa 50.000 Teller
eingeführt hat; auch der Prozeß der Herstellung ist ein
ganz anderer, heute werden die Teller schablonenmäßig
unter Glasur dekoriert, die alten Künstler oon Delft zeich
neten alles auf die rohe Glasur aus freier Hand. Aber
troß dieses gewaltigen Unterschieds wird man die Rnzahl
der noch nicht ans Tageslicht gezogenen Stücke oon alt
Delft ruhig nach Hunderttausenden berechnen dürfen.
Gbenso merkwürdig und unerklärlich ist es, was aus
dem „Ausschuß“ oder, wie es im Handel und Wandel
hieß, der „tweede Keus“ (zweite Auswahl) geworden
ist. Gin solches Stück alt Delft kommt gar nicht mehr
oor, und man muß deshalb annehmen, daß es als minder
wertige Ware oernichtet worden ist, um den Ruf und den
Absaß der gut gelungenen Produkte nicht zu schädigen.
Ob die Fälschungen sich auch darauf erstreckt haben,
konnte bis jeßt nicht festgestellt werden; wird ein solches
Stück zum Kauf angeboten, das in der Zeichnung oder in
der Glasur oder auch in der Form etwas Auffallendes und
Unregelmäßiges oder mangelhaftes zeigt, dann wird es
nach dem eben Gesagten keines langen Rachdenkens be
dürfen, bis man den richtigen Bescheid geben kann.
Th. W.