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Hummer 15 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 233 
Flutographen. 
(Ein Goethe-Brief oon 1769.) Bekanntlich imirden in 
der flutographen-fluktion Hufh in L'ondon am 12. und 13. Juni 
unter den zahlreichen kostbaren Schriftstücken auch Briefe oon 
Schiller und Goethe nersfeigerf, unter denen besonders der Brief 
Schillers an Goethe als; eine der bedeutendsten Ennunziationen des 
großen Poeten bereits mehrfach gewürdigt wurde, nicht minder 
bedeutend in seiner Art ist jedoch auch der Brief Goethe's an 
seinen Hehrer fl. f. Oes er. Dieses oier engbeschriebenc Seiten um 
fassende, Frankfurt 14. februai 1769 abgefafjte Schreiben hat Goethe 
im Alter uon 19 Jahren nach iibersfandener schwerer Krankheit an 
Oeser gerichtet. 6s ist der 52. aller uon Goethe bekannten Briefe 
und unter dieser Hummer in der grofjen Weimaraner Sophienaus 
gabe nach einer Abschrift Biedermann’s abgedruckt. Die Abschrift 
war jedoch, wie das jefjt uorliegende Original beweist, nicht kor 
rekt, es ergeben sich nicht weniger als 14 Verschiedenheiten, da 
runter Wortweglassungen und Textänderungen, die den Sinn nicht 
unwesentlich beeinflussen. Dieser Brief Goethe’s ist der einzige oon 
allen an Oeser gerichteten Briefen, welcher der Weimaraner Grotj- 
herzoglichen Bibliothek fehlt. Was den Inhalt des Briefes anbe 
langt, so erscheint der junge Goethe in der ganzen fülle seiner 
bezaubernden Persönlichkeit in diesem wunderoollen Schriftstücke. 
Hiebe und Dankbarkeit, poetisches Gemüt, prophetisches Vorem 
pfinden in nllcgorisierender und humoristischer form, scharfes 
kritisches Urteil, ein mächtiges Wallen und Brodeln in der jugend 
lichen Seele des werdenden größten Dichters, all das läfjt diesen 
Brief als ein Denkmal, als einen Eckstein in der Entwicklung Goethes 
erscheinen. Es ist ein Glück, dafj dieser Brief nicht ebenso wie 
derjenige Schillers der unbegrenzten Kaufkraft der Amerikaner 
zum Opfer gefallen ist. Er ist in die Hände eines deutschen Samm 
lers gelangt. Gelegentlich einer Reise hat Herr Ranschburg, oon der 
Schönheit dieses Briefes hingerissen, dem Besifjer ein derart hohes 
Anbot gestellt, datj dieser, wenn auch mit schwerem Herzen, sich 
oon dem kostbaren Schriftstücke trennte, llun befindet sich dieser 
Brief im Besitje des Wiener Antiquariates Gilhof er & Ranschburgi 
dem mir zu dieser flequisition nur gratulieren können. 
Bibliophilie. 
(Ein Geschenk an die Kantonsbibliothek oon Chur.) 
Das reiche und interessante flrehio der angesehenen bündnerischen 
familie Traoers o. Ortenstein ist jüngst in den Besifj der 
Kantonsbibliothek oon Chur übergegangen, nachdem um die mitte 
des oorigen Jahrhunderts das hoch im Domleschg (zwischen Thusis 
und Raezuens) gelegene Schloß Ortenstein aus dem dreihundert 
jährigen Besitje der familie Traoers in die Hände der Juoalta 
übergegangen mar, gelangte das flrehio nach Buroein im Ober 
halbstein, und oon dort, durch Erbschaft, an eine in Hugano 
wohnende holländische familie. Um dieses für die Bündner Ge 
schichte, namentlich die des Bistums Chur, mertoolle flrehio dem 
Kanton zu erhalten und für historische Hlachforschungen auf dem 
Boden dieses eigenartigen Sfaafengebildes zugänglich zu machen, 
haben es die Besser in hochherziger Weise der Churer Bibliothek 
zum Geschenk gemacht. Die fatniliendokumente beginnen mit der 
Person Johanns Traoers (1485 1564), der ein heroorragender 
Soldat und Staatsmann mar und noch als 70jähriger Greis das 
Amt eines reformierten Geistlichen in Zuoz (Oberengadin) oersah. 
Johann Viktor Traoers war 1622 zur Zeit des Aufstandes im Präti- 
gau österreichischer Handoogt in Casteis. Gegenwärtig ist das 
prachtooll restaurierte und aufjerordentlich schön gelegene Schlot; 
Ortenstein in den Händen derer oon Tscharner. 
Bilder. 
(Der Streit um Rembrandfs „ITlühle.“) flach einer 
Depesche der Hondoner lllorning Po^f aus Ilern Uork ist das Ge 
mälde „Die ITlühle“ oon Remlirandt, das kürzlich oon dem Besser, 
ITlarquis Cord Hansdowne, für den enormen Preis oon 100.000 
Pfund Sterling in die Hände des Amerikaners Henry frick über 
gegangen ist, als ein Gemälde des lllalers Seghars erkannt 
worden, man hafte nämlich eine dichte firnifjschicht abgelöst und 
dann die Unterschrift Herkules Seghers gefunden, die auch auf 
Photographien, die man oon dem Gemälde genommen hat, deutlich 
sichtbar ist. Schon oor einigen ITlonafen hatten sich bedeutende 
Gelehrte, u. a. auch Dr. Hofstede de Groot, gegen derartige 
überschwengliche Preise, wie 100.000 Pfund Sterling für Gemälde, 
die nicht gezeichnet sind, gewandt. Ulan schrieb das Gemälde 
fälschlich Rembrandt zu. Dr. de Groot weist jeljt jedoch darauf 
hin, datj „Die ITlühle“ überhaupt nicht zu dem Genre Rembrandts 
gehöre. Seghers ist 1589 geboren und 1650 gestorben. Sein Ein- 
fluf; auf die Rembrandtsche malerei ist ganz zweifellos. Eine 
ganze Anzahl oon Gemälden, die fälschlicherweise Rembrandt zu 
geschrieben wurden, stammt in der Tat oon Seghers her. 
(Dermaler der Dresdner llladonna.) Vor oierzig 
Jahren wurde, wie man weif;, durch die Holbein-flusstellung in 
Dresden die alte frage, ob die Darmstädter oder die Dresdner 
ITladonna des Bürgermeisters ITteyer das eigenhändige Werk Hans 
H o I b e i n s sei, zu Gunsten der Darmstädter entschieden. Heute 
wird allgemein die Dresdner IJladonna als eine gute Kopie aus 
dem 17. Jahrhundert angesehen Verschiedentlich tauchten auch 
schon Vermutungen über den meister auf, der sie habe oerfertigen 
können, ohne datj indessen etwas Sicheres sich feststellen lietj. 
llun scheint jedoch durch einen oon Dr. E. 111 a j o r (Basel) im 
„Anzeiger für schweizerische Altertumskunde“ (ßd. XU, Heft 4) 
oeröffenflichfen flufsat; die frage nach dem meister der Dresdner 
Kopie ihre endgültige Hösung gefunden zu haben. Die bisherige 
Holbein-forschung hatte nachgewiesen, dafj das Original (die 
Darmsfädter llladonna) oon den Erben des Hukas 1 s e I i n zu 
Basel um das Jahr 1655 an den Kunsthändler He Blond um 
tausend Gulden oerkauft wurde. Dieser brachte es nach den nie- 
derlanden, wo er es bald darauf an Johann Hössert in Amster 
dam für dreitausend Gulden weiter oeräufjerte. In den llieder- 
landen wurde um die gleiche Zeit eine Kopie danach, eben die 
heutige Dresdner ITladonna hergestellt, die in den Besit; der dort 
in der Verbannung lebenden maria u, Hl e d i c i kam. llun wird oon 
Dr. Illajor ein Brief des 1593 zu Trier geborenen Bildnismalers 
Bartholomäus Sarburgh an den Basler Bürgermeister Johann 
Rudolf f ä s ch zum Abdruck gebracht, aus dem folgendes heroor- 
geht: Sarburgh, der im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts sich
	        
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