Zentralblatt für Sammler, Ciebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Horbert Ehrlich und J. Hans Prost.
3. Jahrgang.
Wien, 1. September 1911.
Hummer 17.
Zur Internationalen Postwertzeichen-Ausstellung U/ien 1911.
Von Dr. Hans Ritter non Woerz (Wien).
lfm 7. September d J. roird im Gebäude der
Sezession in Wien eine internationale Post
wertzeichen-Ausstellung eröffnet, die in mehr
facher Hinsicht ein Ereignis zu roerden oerspricht.
Schon die Tatsache, dafj es eine Jubiläums
ausstellung ist oor 30 Jahren rourde die
erste internationale Ausstellung dieser Art, und
zroar ebenfalls in Wien abgehalten — spannt
die Erroartung der Philatelisten. Denn da 13 die
Wiener Briefmarkensammler aus diesem Anlasse
sich bemühen roerden, etroas ganz besonderes
zu bieten, oersteht sich oon selbst. Und die
monatelange emsige Arbeit unserer heroor-
ragendsten Amateure, denen sich auch die
Wiener Händler mit Eifer an die Seite gestellt
haben, sind heute so roeit oorgeschritten, dalj
man schon einen gecoissen Überblick über das
Unternehmen gerühmt, der die Hoffnung auf
einen oollen Erfolg rechtfertigt.
Schon die Wahl der oornehmen und mit
den Reizen der Intimität gezierten Räume der
Sezession zeigt 00m Geschmack und dem Wer
der Veranstalter. Dal] der dort zur Verfügung
stehende Plat3 kein allzu großer ist, kann nur als Vorteil
empfunden roerden, roenn auch heute mancher der Aus
steller klagt, roeil er in dem oon ihm beanspruchten Raum
oerkürzf roerden mufjte. Diese Beschränkung gibt eine
Garantie dafür, dafj nur das Beste und Schönste zur Vor
führung gelangen roird und dafj ermüdende Wiederholun
gen nicht oorkommen roerden. Die Überzeichnung der
Plätje hat zur folge, dafj die Aussteller nur einen Teil
ihrer Objekte zur öffentlichen Besichtigung auflegen können,
den anderen Teil aber in Albums nur zur Kritik für die
Jury deponieren. Alles, roas nicht roirklich sehensroert
ist, roird in die Alben roandern und die Ausstellungsfläche
roird oielteicht die schönste und roertoollste sein, die die
philafelistische Welt noch je gesehen hat. mancher Caie
roird es staunend kaum erfassen können, dafj der Wert
der ausgestellten marken etroa 10 millionen Kronen
befragen dürfte. Damit roird sich die Wiener Veranstal
tung roohl an die Spifje der internafinalen Ausstellungen
der lefjten Jahre stellen.
Aber auch in anderer Hinsicht roird sie erfolgreich mit
Bern, Amsterdam und Condon konkurrieren. Denn
der Eharakter der Infernationalifät roird bei der Wiener
Ausstellung zur besonderen Geltung gelangen. Hat uns
Bern im Vorjahre durch heroorragende Kollektionen oon
Schroeizer marken erfreut, so roaren doch die anderen
Staaten schroach oertreten. Im Jahre 1909 gab es in
Amsterdam hauptsächlich Holland und England zu sehen
und die Ausstellung in Condon im Jahre 1908 zeigte
fast nur England und seine Kolonien. Der Kenner und
roifjbegierige Philatelist roird den Hauptroert der Wiener
Ausstellung also darin erblicken, dafj hier fast alle Cänder
der Welt ohne übermäfjiges Heroortreten eines einzelnen
in interessanten Sammlungen zu sehen sein roerden.
Rodriguez (Buenos Aires) roird seine General
sammlung oorführen, roohl die schönste und oollständigsfe,
die existiert, die ganze Welt umfassend und nur unge
brauchte Exemplare enthaltend. Ihm zur Seite roird Graf
Geza ITlailath (Gordony, Ungarn) stehen Heroorragend
oertreten roerden sein: Deutschland (Hartmann, Berlin
und Elster, Berlin),f ran kreich (Reichenheim, Condon),
Holland (Warren, Epsom), Griechenland (Hausburg,
Condon), Rumänien (Köhler, Chemnitj), lllodena (Earl
of Craroford, Condon), Toskana (Chiesa, Illailand),
Ungarn (Poppooics, Budapest). Dagegen roird die er
wartete grofje Konkurrenz in Österreich ganz ausbleiben.
Die Sammlung des Herrn Josef Sturany (Wien) roird
hier ein erstklassiges Objekt bilden, aber andere größere
Österreich-Sammlungen, welche die bedeutendste erst im
richtigen Relief heroortreten liefjen, roerden fehlen. Der
Grund dafür liegt roohl darin, dafj unsere einheimischen
Sammler die philatelistischen Schätje des Vaterlandes noch
immer nicht genug roürdigen und dafj die Ausländer eine
Konkurrenz mit Österreich gerade in Wien für aussichts
los hielten.
In betreff der Rationalität der Aussteller wäre zu
bemerken, dafj neben Österreich und Deutschland die größte
Zahl der Anmeldungen aus England und Amerika er
folgt ist. Auffallend ist das oöllige Ausbleiben der fran
zösischen Sammler, erklärlich dagegen, dal) Italien wenig
schickt, da bald nach Wien in Turin eine gleiche Aus
stellung eröffnet roird.
Der Gedanke, durch grolje Ausstellungen die Popu
larität der Philatelie zu heben, hat überhaupt oiele An
hänger gefunden. Werden doch heuer aufjer den beiden
genannten noch drei andere gralje ßriefmarkenausstellun-