MAK
Hummer 1 7 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 267 
gedacht, die unmittelbar für die Ausführung uon Gemälden benutzt 
werden sollten, sondern es sind frei aus der Phantasie geschöpfte 
Gestaltungen, Bewegungsmofibe und Gruppierungen, wie sic dem 
Künstler mährend der Vorbereitung seiner Kompositionen im Geiste 
als uermendbarc Teile oorschmebcn mochten. 6s hat sich allerdings 
nicht nachmeisen lassen, dafj eine der Skizzen als Vorlage für 
Figuren und Gruppen in Tiepolos Gemälden gedient habe, doch 
finden sich in den größeren Werken ganz ähnliche ITlotioe, die 
auf einen künstlerischen Zusammenhang hindeuten. Tiepolo besafj 
einen solchen Reichtum, eine so grofje Beweglichkeit der Bilder- 
uorstellung, dafj sich ihm offenbar mährend der Arbeit immer 
neue Abwandlungen der ITlotioe und Gruppierungen aufdrängten. 
Pen größten Teil des Skizzenbuches füllen Darstellungen uon 
mythologischen und allegorischen figuren, meist auf Wolken 
lagernde, schwebende, fliegende oder stürzende Gestalten, fngel 
und dergl. Wir erkennen Apollo, llepfun, Bacchus, Venus, Phaeton, 
Amoretten und Satyrn und zahlreiche andere figuren oon geflügel 
ten alten und jungen Genien, oon weiblichen Personifikationen und 
Gottheiten, die nicht näher zu bestimmen sind, fine Reihe der 
oorzüglichsfen Zeichnungen stellt Greisengesfalten dar, i:i phan 
tastischen, orientalischen Kostümen, Priester oder Zauberer, mit 
Kriegern und anderen Figuren gruppiert, die den Darstellungen 
der Radierungstalge der „Scherzi di fantasia“ nahe stehen. 
für das llluseum für Völkerkunde wurden einige alt 
indische Waffen erworben, oon eigenartiger form, wie sie nur 
selten in den Handel kommen. Süd-Indien ist reich an alten 
formen, und es klingt in manchen dieser Geräte die Erinnerung 
wieder an die Waffen, die die eingewanderten Arier bereits in der 
Heimat gekannt und besessen haben. Solche Stücke sind z. B. 
die merkwürdigen prunkuollen Zeremonialschwerter, wie sie im 
Süden des Tandes noch hier und da im Gebrauch sind. Sie sind 
oon ganz eigenartiger form, oft recht unpraktisch, aber munder- 
uoll gearbeitet, fine dieser alten Waffen wird uon den sogenannten 
llair (lllyar) der ITlnlabarküste noch heute getragen. Bereits den 
alten fntdeckern mar das Schwert bei ihnen aufgefallen, und als 
Vasco de Gama den Samorin oon Kalkutta besuchte, fand er dort 
ähnliche Stücke, fs sind Waffen, die immer ohne Scheide getragen 
werden, mit einer Klinge, die sich nach der Spitje zu oerbreitert 
und eine eigentümliche Biegung aufweist Die Schneide liegt an 
der Innenkrümmung fine andere form der südindischen Zeremo 
nialschwerter hat eine gerade, zweischneidige Klinge, die sich nach 
der Spitje hin oerbreitert. Auch diese Waffen müssen früher ziem 
lich oerbreitef gewesen sein, auf alten Skulpturen finden sie sich 
häufig, und ganz ähnlich ist das Schwert auf einer aus dem Jahre 
1545 n, Chr. stammenden altjaoianischen Relieffigur der königl, 
llluseen. 
fin gleichfalls bemerkenswertes Schwert gehört den nörd 
lich der erwähnten lläyar wohnenden Kurg an. Die Bewaffnung 
dieses Stammes besteht aus einem kurzen, breiten Schwerte, das 
zugleich als Haumesser im Walde dient, fs wird im Rücken, ohne 
Scheide getragen. Das in das ITtuseum gelangte fxemplar hängt 
an einer Kette, an deren anderem fnde ein kleiner Hänger befestigt 
ist, der Gegenstände des täglichen Gebrauchs, wie Zahnstocher, 
eine kleine Zange etc. trägt, finige der neu erworbenen Schwerter 
zeichnen sich durch reiche Gold- und Silbertauschierung aus. Wie 
im oorderen Orient ist auch in Indien die Kunst, Gold, Silber etc. 
in Stahl, fisen oder Bronze einzulegen, weit oerbreitet und zu 
gramer Blüte gelangt ln der sogenannten Köft-gari-Technik wird 
das betreffende ITletall in der Regel nur durch ferne finschnifte 
rauh gemacht, es wird dann geglüht und feiner Golddraht mittels 
eines Griffels aufge'ragen und festgedrückt. Das Illuster ist hierbei 
nicht oorgezeichnet, sondern hängt oon der flastizifät des Drahtes 
usw. ab. Das Stück wird nun nochmals geglüht und mit Achaf- 
stift geglättet, ln der sogenannten Bidrikunst handelt es sich um 
eine bestimmte Tlletallegierung aus Zink mit einem Zusat] oon 
Kupfer, Blei und Zinn, die mit Kupferoitrial behandelt und dann 
schwarz gefärbt wird. In das ITletall wird das Illuster mit einem 
scharfen llleifjel eingegraben, derart, dafj die Ränder der cin- 
geritjten Zeichnung scharf aufgebogen sind, ln die so entstandenen 
Rillen werden geglühter Silberdraht oder Plättchen eingelegt und 
durch festdrücken und finhämmern der aufgebogenen Ränder 
dauernd haftend gemocht, llach einer Beizung mit Kupfersalz wird 
schließlich mit Holzkohle nachpoliert. Derart behandelte Waffen 
sollen nie rosten. 
Chronik. 
Rutographen. 
(Wilde-Autographen unter dem Hammer.) Hoch immer 
kann das sittenstrenge Albion Oscar Wilde seine Verirrungen nicht 
oerzeihen, und auch heute noch, da die frde seit mehr als zehn 
Jahren die irdischen Reste des Dichters deckt, spricht man in fng- 
land nur zögernd seinen llamen aus und begleitet das mit einem 
Blicke, als bäte man um fntschuldigung. Daher ist es besonders 
bemerkenswert, daß bei der großen Alanuskript-Versteigerung, die 
kürzlich die Sammler und Bibliophilen bei Sotheby oereinigte, 
sich doch einige kühne Verehrer des Dichters fanden, die es wagten, 
für Handschriften und Reliquien Wildes hohe Preise zu bieten, fin 
einzelnes Kapitel aus dem „Bildnis des Dorian Gray“, oon Wildes 
eigener Hand auf 25 grofje folioblätter geschrieben, wurde für 
2000 lHark oerkauft, und ein erster fntmurf der Dichtung „Die 
Sphinxe“ — die Handschrift der endgültigen Fassung befindet sich 
heute im Britischen Hluseum — erzielte 2400 mark. Besonderes 
Interesse aber erregte die auf 60 grofje folioseifen oon Wilde 
niedergeschriebene Betrachtung „Die ITlenschenseele unter dem 
Sozialismus“, die oor zwanzig Jahren in der „forfnightly Reoiem“ 
zum ersten lllale im Druck erschien. Um das ITlanuskript ent 
brannte sogar ein heißer Kampf, und für die sechzig Blätter 
wurden schließlich 5600 lllark bezahlt, fin rührender Kinderbrief 
Oscar Wildes an seine mutter erzielte 590 mark und das Auto 
gramm eines nachdenklichen Vierzeilers, den Wilde im Jahre 1885 
bei der Versteigerung der Keat’schen fiebesbriefe oerfafjte, fand 
einen fiebhaber, der 700 lllark für die wenigen Worte bezahlte, 
- Am gleichen Tage wurde auf dieser Auktion auch ein einzelnes 
Blatt oersfeigert, das in der Handschrift des berühmten Kapitäns 
Cook einige Zeilen aus der lliederschrift der „frsten Reise“ des 
grofjen Weltfahrers aufweist, fs ist der einzige Rest der ursprüng 
lichen Handschrift und bezieht sich auf den fünften und sechsten 
ITlai des Jahres 1770, als in der Botany-Bay die englischen färben 
gehißt wurden. Die seltene Reliquie erzielte 9020 lllark. 
Bilder. 
(Die „nachtmache“ in Gefahr?) fin kürzlich im „Tele 
graf“ erschienener Artikel, der sich mit dem schlechten Zustand 
oon Rembrandts „llachtmache“ beschäftigte, hat weit über die 
enge Kunstgemeinde hinaus berechtigtes Aufsehen erregt. Der 
Verfasser sagt, das Gemälde befinde sich fortdauernd in so schlech 
tem Zustande, daß es nicht nur ungeniefjbar wird, sondern selbst 
Gefahr läuft, der Zerstörung anheimzufallen. Der firnis, der aus 
ganz alten, alten, neueren und allerneuesten Tagen besteht, hängt 
nicht mehr zusammen und ist durch zahllose Risse in lllillionen 
Stücke zersprungen. Dadurch ist nicht allein seine Transparenz 
uerloren gegangen, so dafj färbe und llüancen undeutlich werden, 
sondern der Grund selbst ist durch Risse atmosphärischen fin- 
fiiissen zugänglich geworden, die selbst bis auf die Teinwand 
wirken können. Bisher hat man nicht den Jlluf gehabt, das Bild 
gründlich zu renouieren, wozu die traurige Berühmtheit, die sich 
das frans Hals-llluseum in den lcfjten zwei Jahren erworben hat, 
das ihrige beitrug, Trotjdem mufj die Amsterdamer Kunstkom-
	        
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