Hummer 1 7
Internationale Sammler-Zeitung.
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gedacht, die unmittelbar für die Ausführung uon Gemälden benutzt
werden sollten, sondern es sind frei aus der Phantasie geschöpfte
Gestaltungen, Bewegungsmofibe und Gruppierungen, wie sic dem
Künstler mährend der Vorbereitung seiner Kompositionen im Geiste
als uermendbarc Teile oorschmebcn mochten. 6s hat sich allerdings
nicht nachmeisen lassen, dafj eine der Skizzen als Vorlage für
Figuren und Gruppen in Tiepolos Gemälden gedient habe, doch
finden sich in den größeren Werken ganz ähnliche ITlotioe, die
auf einen künstlerischen Zusammenhang hindeuten. Tiepolo besafj
einen solchen Reichtum, eine so grofje Beweglichkeit der Bilder-
uorstellung, dafj sich ihm offenbar mährend der Arbeit immer
neue Abwandlungen der ITlotioe und Gruppierungen aufdrängten.
Pen größten Teil des Skizzenbuches füllen Darstellungen uon
mythologischen und allegorischen figuren, meist auf Wolken
lagernde, schwebende, fliegende oder stürzende Gestalten, fngel
und dergl. Wir erkennen Apollo, llepfun, Bacchus, Venus, Phaeton,
Amoretten und Satyrn und zahlreiche andere figuren oon geflügel
ten alten und jungen Genien, oon weiblichen Personifikationen und
Gottheiten, die nicht näher zu bestimmen sind, fine Reihe der
oorzüglichsfen Zeichnungen stellt Greisengesfalten dar, i:i phan
tastischen, orientalischen Kostümen, Priester oder Zauberer, mit
Kriegern und anderen Figuren gruppiert, die den Darstellungen
der Radierungstalge der „Scherzi di fantasia“ nahe stehen.
für das llluseum für Völkerkunde wurden einige alt
indische Waffen erworben, oon eigenartiger form, wie sie nur
selten in den Handel kommen. Süd-Indien ist reich an alten
formen, und es klingt in manchen dieser Geräte die Erinnerung
wieder an die Waffen, die die eingewanderten Arier bereits in der
Heimat gekannt und besessen haben. Solche Stücke sind z. B.
die merkwürdigen prunkuollen Zeremonialschwerter, wie sie im
Süden des Tandes noch hier und da im Gebrauch sind. Sie sind
oon ganz eigenartiger form, oft recht unpraktisch, aber munder-
uoll gearbeitet, fine dieser alten Waffen wird uon den sogenannten
llair (lllyar) der ITlnlabarküste noch heute getragen. Bereits den
alten fntdeckern mar das Schwert bei ihnen aufgefallen, und als
Vasco de Gama den Samorin oon Kalkutta besuchte, fand er dort
ähnliche Stücke, fs sind Waffen, die immer ohne Scheide getragen
werden, mit einer Klinge, die sich nach der Spitje zu oerbreitert
und eine eigentümliche Biegung aufweist Die Schneide liegt an
der Innenkrümmung fine andere form der südindischen Zeremo
nialschwerter hat eine gerade, zweischneidige Klinge, die sich nach
der Spitje hin oerbreitert. Auch diese Waffen müssen früher ziem
lich oerbreitef gewesen sein, auf alten Skulpturen finden sie sich
häufig, und ganz ähnlich ist das Schwert auf einer aus dem Jahre
1545 n, Chr. stammenden altjaoianischen Relieffigur der königl,
llluseen.
fin gleichfalls bemerkenswertes Schwert gehört den nörd
lich der erwähnten lläyar wohnenden Kurg an. Die Bewaffnung
dieses Stammes besteht aus einem kurzen, breiten Schwerte, das
zugleich als Haumesser im Walde dient, fs wird im Rücken, ohne
Scheide getragen. Das in das ITtuseum gelangte fxemplar hängt
an einer Kette, an deren anderem fnde ein kleiner Hänger befestigt
ist, der Gegenstände des täglichen Gebrauchs, wie Zahnstocher,
eine kleine Zange etc. trägt, finige der neu erworbenen Schwerter
zeichnen sich durch reiche Gold- und Silbertauschierung aus. Wie
im oorderen Orient ist auch in Indien die Kunst, Gold, Silber etc.
in Stahl, fisen oder Bronze einzulegen, weit oerbreitet und zu
gramer Blüte gelangt ln der sogenannten Köft-gari-Technik wird
das betreffende ITletall in der Regel nur durch ferne finschnifte
rauh gemacht, es wird dann geglüht und feiner Golddraht mittels
eines Griffels aufge'ragen und festgedrückt. Das Illuster ist hierbei
nicht oorgezeichnet, sondern hängt oon der flastizifät des Drahtes
usw. ab. Das Stück wird nun nochmals geglüht und mit Achaf-
stift geglättet, ln der sogenannten Bidrikunst handelt es sich um
eine bestimmte Tlletallegierung aus Zink mit einem Zusat] oon
Kupfer, Blei und Zinn, die mit Kupferoitrial behandelt und dann
schwarz gefärbt wird. In das ITletall wird das Illuster mit einem
scharfen llleifjel eingegraben, derart, dafj die Ränder der cin-
geritjten Zeichnung scharf aufgebogen sind, ln die so entstandenen
Rillen werden geglühter Silberdraht oder Plättchen eingelegt und
durch festdrücken und finhämmern der aufgebogenen Ränder
dauernd haftend gemocht, llach einer Beizung mit Kupfersalz wird
schließlich mit Holzkohle nachpoliert. Derart behandelte Waffen
sollen nie rosten.
Chronik.
Rutographen.
(Wilde-Autographen unter dem Hammer.) Hoch immer
kann das sittenstrenge Albion Oscar Wilde seine Verirrungen nicht
oerzeihen, und auch heute noch, da die frde seit mehr als zehn
Jahren die irdischen Reste des Dichters deckt, spricht man in fng-
land nur zögernd seinen llamen aus und begleitet das mit einem
Blicke, als bäte man um fntschuldigung. Daher ist es besonders
bemerkenswert, daß bei der großen Alanuskript-Versteigerung, die
kürzlich die Sammler und Bibliophilen bei Sotheby oereinigte,
sich doch einige kühne Verehrer des Dichters fanden, die es wagten,
für Handschriften und Reliquien Wildes hohe Preise zu bieten, fin
einzelnes Kapitel aus dem „Bildnis des Dorian Gray“, oon Wildes
eigener Hand auf 25 grofje folioblätter geschrieben, wurde für
2000 lHark oerkauft, und ein erster fntmurf der Dichtung „Die
Sphinxe“ — die Handschrift der endgültigen Fassung befindet sich
heute im Britischen Hluseum — erzielte 2400 mark. Besonderes
Interesse aber erregte die auf 60 grofje folioseifen oon Wilde
niedergeschriebene Betrachtung „Die ITlenschenseele unter dem
Sozialismus“, die oor zwanzig Jahren in der „forfnightly Reoiem“
zum ersten lllale im Druck erschien. Um das ITlanuskript ent
brannte sogar ein heißer Kampf, und für die sechzig Blätter
wurden schließlich 5600 lllark bezahlt, fin rührender Kinderbrief
Oscar Wildes an seine mutter erzielte 590 mark und das Auto
gramm eines nachdenklichen Vierzeilers, den Wilde im Jahre 1885
bei der Versteigerung der Keat’schen fiebesbriefe oerfafjte, fand
einen fiebhaber, der 700 lllark für die wenigen Worte bezahlte,
- Am gleichen Tage wurde auf dieser Auktion auch ein einzelnes
Blatt oersfeigert, das in der Handschrift des berühmten Kapitäns
Cook einige Zeilen aus der lliederschrift der „frsten Reise“ des
grofjen Weltfahrers aufweist, fs ist der einzige Rest der ursprüng
lichen Handschrift und bezieht sich auf den fünften und sechsten
ITlai des Jahres 1770, als in der Botany-Bay die englischen färben
gehißt wurden. Die seltene Reliquie erzielte 9020 lllark.
Bilder.
(Die „nachtmache“ in Gefahr?) fin kürzlich im „Tele
graf“ erschienener Artikel, der sich mit dem schlechten Zustand
oon Rembrandts „llachtmache“ beschäftigte, hat weit über die
enge Kunstgemeinde hinaus berechtigtes Aufsehen erregt. Der
Verfasser sagt, das Gemälde befinde sich fortdauernd in so schlech
tem Zustande, daß es nicht nur ungeniefjbar wird, sondern selbst
Gefahr läuft, der Zerstörung anheimzufallen. Der firnis, der aus
ganz alten, alten, neueren und allerneuesten Tagen besteht, hängt
nicht mehr zusammen und ist durch zahllose Risse in lllillionen
Stücke zersprungen. Dadurch ist nicht allein seine Transparenz
uerloren gegangen, so dafj färbe und llüancen undeutlich werden,
sondern der Grund selbst ist durch Risse atmosphärischen fin-
fiiissen zugänglich geworden, die selbst bis auf die Teinwand
wirken können. Bisher hat man nicht den Jlluf gehabt, das Bild
gründlich zu renouieren, wozu die traurige Berühmtheit, die sich
das frans Hals-llluseum in den lcfjten zwei Jahren erworben hat,
das ihrige beitrug, Trotjdem mufj die Amsterdamer Kunstkom-