Internationale 5ammIer-Zeituncj.
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Flieht immer ist es der Kunstroert, roelcher den
Gegenständen Interesse nerleiht, auch Objekte des täglichen
Gebrauches haben graf3en kulturhistorischen Wert. Schmuck
gegenstände, Votiogegenstände, Kinderspielereien und Ge
brauchsgegenstände des Alltaglebens, sind doppelt interes
sant, wenn sie uns erkennen lassen, dafj ihre Herstellung
dieselbe geblieben ist, mie in alten Zeiten. Gin antikes
Reibeisen aus Blech z. B. hat dieselbe form, in der es die
Rastelbinder heute noch zum Verkauf umhertragen, und
ein fingerhut rourde schon damals so gebaut mie heute.
Gin etruskisches Rasiermesser könnte für ein orientalisches
Rasiermesser non heute genommen roerden. Spielzeuge
aller Art und Hippes haben sicherlich auch damals die
Verroendung gefunden, die sie heute haben; Amoretten,
Darstellungen aller Arten non Kleintieren, oft als Ver
zierung non Prunkoasen nermendet, oder als Votiogaben
in den Tempeln geopfert, mie es heute noch im Gebirge
bei uns üblich ist, oder Körperteile des ITlenschen, die
non den Kranken als Bitt- oder Dankopfer dargebracht
murden. Zierlich sind zroei Schmeinchen aus Terrakotta;
das eine stammt aus Griechenland, das andere ist römisch
und durch ein rotes Band um den Feib als Opfertier ge- I
kennzeichnet. Wir roerden durch solche Kleinplastik über
manche Details im antiken Heben unterrichtet. Die zier
lichen Glöckchen, roelche den Hunden umgebunden rourden,
sehen mir an einem Spitj ans Rom und an einem andern
aus Cypern, der nicht nur ein Halsband aus Schellen trägt,
sondern auch am Kopf reiche Verzierung hat. Daneben
finden mir einen Föroenkopf aus Bronce (falerne), eine
Auszeichnung für tapfere römische Krieger, also eine
Art Orden.
Von hohem Interesse sind römische Gebrauchsgeschirre,
Becher aller Art. Giner danon ist besonders durch die
Technik der Verzierung interessant. Auf dunklem, poliertem
Grunde sind plastische Ornamente mit derselben Technik
aufgetragen, mit der Zuckerbäcker heute die Torten oer
zieren, etroas geschmackoaller allerdings und feiner. In der
ITlitte steht die Umschrift: YIVAT1S. Gin anderes Gefäfj
ist einem Holzfäfjchen nachgebildet.
fast einzig in ihrer Art aber steht fischers Samm
lung römischer, glasierter Gefäße da. Vor nicht langer Zeit
noch zweifelte man überhaupt daran, dalj die Römer die
Kunst der Tonglasur kannten. Wahrscheinlich ist es ja,
dafj sie diese Kunst non einem anderen Volk erlernten und
das erst zu Gnde des römischen Reiches. Jm Folio re zu
Paris und im ITtuseum Kircheriana zu Rom sah fischer
die ersten Gxemplare non glasierten Gefäjjen. Fange Zeit
glaubte man nicht an ihren römischen Ursprung und hielt
sie für mittelalterlich. Grst in jüngerer Zeit mehrten sich
die funde, besonders in nördlichen Gegenden, fischer ge
lang es, eine Kollektion non 83 Stück zusammenzubringen,
zumeist oollkommen erhaltene Gefäfje. Die Zeit ist nach
nicht gekommen, in der man sich ein klares Bild non der
Ausbreitung dieser Technik machen kann, da bisher sehr
oiel der wissenschaftlichen Kenntnis oerloren ging. Das
aber ist jedenfalls sicher, dafj im Horden und Osten Guropas
mehr derartiger funde gemucht roerden und dafj sie in
Italien ziemlich selten sind, eigentümlich ist, dafj die in
Italien gefundenen glasierten Gefäfje wie Glas irisieren,
also eine andere Zusammensetzung der Glasur, nielleicht
eine Verbesserung, zeigen. Das gilt oornehmlich non den
größeren Gefäfjen. ln der Sammlung fischers befinden sich
einige sehr schöne Stücke, darunter insbesondere auch eine
Fampe mit hellgelber Glasur, übrigens die einzige, die er
bisher erwerben konnte. (Gine zweite befindet sich im
Österreichischen ITtuseum für Kunst und Industrie.)
nicht nur die ITtannigfaltigkeit der Gefäfjformen
und deren Dekor sind interessant, sondern auch die färben
der Glasur, merkwürdig ist dabei, dafj alle Gefäfje, roelche
bisher in Österreich gefunden rourden, ganz ähnliche
formen und färben besten, gleichgiltig ob sie in Wien
(beim Bau des Dorofheums in der Dorotheergasse), ob sie
in Carnuntum, Ungarn oder Dalmatien gefunden rourden,
so dafj man fast glauben könnte, irgendwo müsse eine
graije fabrik gestanden sein, aus der alle stammen. Be
sonders Carnuntum und Wien scheinen in dieser Beziehung
in innigem Kontakt gewesen zu sein.
Braun, gelbbraun und grün sind die häutigst oor-
kommenden färben; die Kunst der roeifjen Glasur stand
entweder noch im Anfangsstadium oder aber hat das Weif]
sich unter der Grde nicht konserniert, nielleicht infolge der
chemischen Zusammensetjung der Glasur, denn alle roeifjen
Gefäfje sind nur bei genauem Studium als solche zu
erkennen. Das ist oornehmlich auch bei einem Gefäfj der
fall, das fischer erst kürzlich in Rom erworben hat. Hur
im ITluseum zu Zara befindet sich unter drei in Ilona
gefundenen Gefäfjen ein roeifjes, welches roirklich roeifj ist.
Die zweite Sammlung fischers, eine Sammlung an
tiker Gmails, umfafjt zirka hundert Stück, eine stattliche
Anzahl, wenn man bedenkt, dafj es wenige Hluseen gibt,
roelche mehr als fünf solcher Gmails haben, fischer sammelt
nicht nur, sondern er studiert auch die Hluseen und notiert
sich alles dort Gesehene, nur das llluseum in Budapest
ist reich an Gmails, einzelne Prachtstücke besitjt das Hof
museum. Die meisten emaillierten Gegenstände sind
Schmuckgegenstände, fibulas, Gürtelschnallen oder Dolch
griffe. Am häufigsten findet man die Deckel non llledaillons,
roelche die Damen, mit Parfüm gefüllt, als Anhängsel
trugen. Gs waren kleine Biichschen, die an den Seiten und
an der.Rückseite durchlöchert und mit Wolle, die in Parfüm
getränkt war, gefüllt rourden. Der Vorderdeckel war reich
emailliert und auffallend häufig mit der Darstellung eines
Phallus oerziert. In der Sammlung befinden sich ooll
kommen erhaltene Biichschen, ja sogar eines, in dem noch
eine Wolle, eine Art Bast, enthalten ist.
Sehr schön sind die oerschiedenen formen non fibeln,
oft ganz moderne formen unserer Broschen, reich mit
Zellen- oder ITlillefiori-Gmail geziert. Spielend rourden alle
möglichen anderen formen solcher fibeln erfunden, Vögel,
Pferde, Hacken, Sandalen, Vasen, Schildkröten, Hyren
kommen oar. Selten sind andere Gegenstände, Deckel für
Kästchen, Dolchgriffe, oder gar plastisch figurale Dar
stellungen, mie ein Affe aus Bronze, die Syrinx blasend.
Die emaillierten Bronzen sind häufig Begleiter der
glasierten Gefäfje und scheinen derselben Kulfurperiode
anzugehören. Über ihre Technik und Herkunft sind die
Akten noch lange nicht geschlossen. Sie weisen nach dem
Orient, roenn man nach ihrer Wiege fragt. Rieht uninteres
sant ist es, dafj auf denselben Gräberfeldern, denen die
meisten Gmails dieser Sammlung entstammen, Gegenstände,
zumeist fibeln und Gürtelschnallen, gefunden rourden,
roelche ganz ausgesprochen gotische Ornamente aufroeisen.
Vielleicht, dafj die Goten auf ihrer Wanderung nach dem
Westen hier Halt gemacht und die ursprünglich römischen
Ansiedlungen wieder besiedelten.
Kleister fischer hat die einzelnen Stücke seiner
Sammlungen in einen Katalog selbst eingezeichnet und
eingetragen und so ein sehr lehrreiches Buch geschaffen.
Wie gerne spricht man mit einem Sammler über die
Art und Weise, roie er zu seinen Schäden gekommen ist,
über die freuden des Sammlers, roenn er ein altes Stück
erwirbt, und über manche Gnttäuschung, roenn ihm ein
Stück durch ungünstige Schicksale entmischt ist oder gar,
roenn ein unoorsichtiger Kauf sich später als fälschung
entpuppt hat. Wer aber hat da noch kein Fehrgeld ge
zahlt? Klan könnte wohl sagen, eine Sammlung kostet
i zweimal so oiel als sie wert ist, denn die eine Hälfte
i geht auf das Fehrgeld auf, die andere auf den gezahlten Preis.