MAK
Internationale 5ammIer-Zeituncj. 
tiummer 17 
Seite 260 
Flieht immer ist es der Kunstroert, roelcher den 
Gegenständen Interesse nerleiht, auch Objekte des täglichen 
Gebrauches haben graf3en kulturhistorischen Wert. Schmuck 
gegenstände, Votiogegenstände, Kinderspielereien und Ge 
brauchsgegenstände des Alltaglebens, sind doppelt interes 
sant, wenn sie uns erkennen lassen, dafj ihre Herstellung 
dieselbe geblieben ist, mie in alten Zeiten. Gin antikes 
Reibeisen aus Blech z. B. hat dieselbe form, in der es die 
Rastelbinder heute noch zum Verkauf umhertragen, und 
ein fingerhut rourde schon damals so gebaut mie heute. 
Gin etruskisches Rasiermesser könnte für ein orientalisches 
Rasiermesser non heute genommen roerden. Spielzeuge 
aller Art und Hippes haben sicherlich auch damals die 
Verroendung gefunden, die sie heute haben; Amoretten, 
Darstellungen aller Arten non Kleintieren, oft als Ver 
zierung non Prunkoasen nermendet, oder als Votiogaben 
in den Tempeln geopfert, mie es heute noch im Gebirge 
bei uns üblich ist, oder Körperteile des ITlenschen, die 
non den Kranken als Bitt- oder Dankopfer dargebracht 
murden. Zierlich sind zroei Schmeinchen aus Terrakotta; 
das eine stammt aus Griechenland, das andere ist römisch 
und durch ein rotes Band um den Feib als Opfertier ge- I 
kennzeichnet. Wir roerden durch solche Kleinplastik über 
manche Details im antiken Heben unterrichtet. Die zier 
lichen Glöckchen, roelche den Hunden umgebunden rourden, 
sehen mir an einem Spitj ans Rom und an einem andern 
aus Cypern, der nicht nur ein Halsband aus Schellen trägt, 
sondern auch am Kopf reiche Verzierung hat. Daneben 
finden mir einen Föroenkopf aus Bronce (falerne), eine 
Auszeichnung für tapfere römische Krieger, also eine 
Art Orden. 
Von hohem Interesse sind römische Gebrauchsgeschirre, 
Becher aller Art. Giner danon ist besonders durch die 
Technik der Verzierung interessant. Auf dunklem, poliertem 
Grunde sind plastische Ornamente mit derselben Technik 
aufgetragen, mit der Zuckerbäcker heute die Torten oer 
zieren, etroas geschmackoaller allerdings und feiner. In der 
ITlitte steht die Umschrift: YIVAT1S. Gin anderes Gefäfj 
ist einem Holzfäfjchen nachgebildet. 
fast einzig in ihrer Art aber steht fischers Samm 
lung römischer, glasierter Gefäße da. Vor nicht langer Zeit 
noch zweifelte man überhaupt daran, dalj die Römer die 
Kunst der Tonglasur kannten. Wahrscheinlich ist es ja, 
dafj sie diese Kunst non einem anderen Volk erlernten und 
das erst zu Gnde des römischen Reiches. Jm Folio re zu 
Paris und im ITtuseum Kircheriana zu Rom sah fischer 
die ersten Gxemplare non glasierten Gefäjjen. Fange Zeit 
glaubte man nicht an ihren römischen Ursprung und hielt 
sie für mittelalterlich. Grst in jüngerer Zeit mehrten sich 
die funde, besonders in nördlichen Gegenden, fischer ge 
lang es, eine Kollektion non 83 Stück zusammenzubringen, 
zumeist oollkommen erhaltene Gefäfje. Die Zeit ist nach 
nicht gekommen, in der man sich ein klares Bild non der 
Ausbreitung dieser Technik machen kann, da bisher sehr 
oiel der wissenschaftlichen Kenntnis oerloren ging. Das 
aber ist jedenfalls sicher, dafj im Horden und Osten Guropas 
mehr derartiger funde gemucht roerden und dafj sie in 
Italien ziemlich selten sind, eigentümlich ist, dafj die in 
Italien gefundenen glasierten Gefäfje wie Glas irisieren, 
also eine andere Zusammensetzung der Glasur, nielleicht 
eine Verbesserung, zeigen. Das gilt oornehmlich non den 
größeren Gefäfjen. ln der Sammlung fischers befinden sich 
einige sehr schöne Stücke, darunter insbesondere auch eine 
Fampe mit hellgelber Glasur, übrigens die einzige, die er 
bisher erwerben konnte. (Gine zweite befindet sich im 
Österreichischen ITtuseum für Kunst und Industrie.) 
nicht nur die ITtannigfaltigkeit der Gefäfjformen 
und deren Dekor sind interessant, sondern auch die färben 
der Glasur, merkwürdig ist dabei, dafj alle Gefäfje, roelche 
bisher in Österreich gefunden rourden, ganz ähnliche 
formen und färben besten, gleichgiltig ob sie in Wien 
(beim Bau des Dorofheums in der Dorotheergasse), ob sie 
in Carnuntum, Ungarn oder Dalmatien gefunden rourden, 
so dafj man fast glauben könnte, irgendwo müsse eine 
graije fabrik gestanden sein, aus der alle stammen. Be 
sonders Carnuntum und Wien scheinen in dieser Beziehung 
in innigem Kontakt gewesen zu sein. 
Braun, gelbbraun und grün sind die häutigst oor- 
kommenden färben; die Kunst der roeifjen Glasur stand 
entweder noch im Anfangsstadium oder aber hat das Weif] 
sich unter der Grde nicht konserniert, nielleicht infolge der 
chemischen Zusammensetjung der Glasur, denn alle roeifjen 
Gefäfje sind nur bei genauem Studium als solche zu 
erkennen. Das ist oornehmlich auch bei einem Gefäfj der 
fall, das fischer erst kürzlich in Rom erworben hat. Hur 
im ITluseum zu Zara befindet sich unter drei in Ilona 
gefundenen Gefäfjen ein roeifjes, welches roirklich roeifj ist. 
Die zweite Sammlung fischers, eine Sammlung an 
tiker Gmails, umfafjt zirka hundert Stück, eine stattliche 
Anzahl, wenn man bedenkt, dafj es wenige Hluseen gibt, 
roelche mehr als fünf solcher Gmails haben, fischer sammelt 
nicht nur, sondern er studiert auch die Hluseen und notiert 
sich alles dort Gesehene, nur das llluseum in Budapest 
ist reich an Gmails, einzelne Prachtstücke besitjt das Hof 
museum. Die meisten emaillierten Gegenstände sind 
Schmuckgegenstände, fibulas, Gürtelschnallen oder Dolch 
griffe. Am häufigsten findet man die Deckel non llledaillons, 
roelche die Damen, mit Parfüm gefüllt, als Anhängsel 
trugen. Gs waren kleine Biichschen, die an den Seiten und 
an der.Rückseite durchlöchert und mit Wolle, die in Parfüm 
getränkt war, gefüllt rourden. Der Vorderdeckel war reich 
emailliert und auffallend häufig mit der Darstellung eines 
Phallus oerziert. In der Sammlung befinden sich ooll 
kommen erhaltene Biichschen, ja sogar eines, in dem noch 
eine Wolle, eine Art Bast, enthalten ist. 
Sehr schön sind die oerschiedenen formen non fibeln, 
oft ganz moderne formen unserer Broschen, reich mit 
Zellen- oder ITlillefiori-Gmail geziert. Spielend rourden alle 
möglichen anderen formen solcher fibeln erfunden, Vögel, 
Pferde, Hacken, Sandalen, Vasen, Schildkröten, Hyren 
kommen oar. Selten sind andere Gegenstände, Deckel für 
Kästchen, Dolchgriffe, oder gar plastisch figurale Dar 
stellungen, mie ein Affe aus Bronze, die Syrinx blasend. 
Die emaillierten Bronzen sind häufig Begleiter der 
glasierten Gefäfje und scheinen derselben Kulfurperiode 
anzugehören. Über ihre Technik und Herkunft sind die 
Akten noch lange nicht geschlossen. Sie weisen nach dem 
Orient, roenn man nach ihrer Wiege fragt. Rieht uninteres 
sant ist es, dafj auf denselben Gräberfeldern, denen die 
meisten Gmails dieser Sammlung entstammen, Gegenstände, 
zumeist fibeln und Gürtelschnallen, gefunden rourden, 
roelche ganz ausgesprochen gotische Ornamente aufroeisen. 
Vielleicht, dafj die Goten auf ihrer Wanderung nach dem 
Westen hier Halt gemacht und die ursprünglich römischen 
Ansiedlungen wieder besiedelten. 
Kleister fischer hat die einzelnen Stücke seiner 
Sammlungen in einen Katalog selbst eingezeichnet und 
eingetragen und so ein sehr lehrreiches Buch geschaffen. 
Wie gerne spricht man mit einem Sammler über die 
Art und Weise, roie er zu seinen Schäden gekommen ist, 
über die freuden des Sammlers, roenn er ein altes Stück 
erwirbt, und über manche Gnttäuschung, roenn ihm ein 
Stück durch ungünstige Schicksale entmischt ist oder gar, 
roenn ein unoorsichtiger Kauf sich später als fälschung 
entpuppt hat. Wer aber hat da noch kein Fehrgeld ge 
zahlt? Klan könnte wohl sagen, eine Sammlung kostet 
i zweimal so oiel als sie wert ist, denn die eine Hälfte 
i geht auf das Fehrgeld auf, die andere auf den gezahlten Preis.
	        
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