MAK
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Internationale Sa mmler-Zeitu ng. 
Hummer 17 
Wer sich auf Handeln und feilschen nicht uersteht oder sich 
nicht darauf einlassen tnill, der bleibt dem Trödelmarkt besser 
fern. 6s gibt naiue Heute, die schon einen Anlaß zum Triumph 
darin erblicken, daß sie den ersehnten Gegenstand um die Hälfte 
des geforderten Preises bekommen haben. In Wahrheit sind sie 
dabei fast immer noch die Hereingefallenen. Ulan biete dreist ein 
Drittel oder sogar ein Viertel des angeblichen Kaufschillings, und 
oft genug wird man es zu seiner Überraschung erleben, daß man 
dafür die Ware ohne Umstände zugeschlagen erhält. Flur darf 
man sich beileibe nicht anmerken lassen, daß man auf ein ein 
zelnes Stück sonderlich erpicht ist, sonst oerroandelt sich die 
übliche llachgiebigkeit der Verkäufer in Zähigkeit, flm besten 
entfernt man sich scheinbar gleichgültig, nachdem man sein äußer- 
stes Angebot getan hat. 6s ist zehn gegen eins zu wetten, dafj 
der Händler dem Kunden nachläuft und durch ein Venga! seine 
Bereitwilligkeit, das Geschäft abzuschließen, zu erkennen gibt, 
wobei er nach italienischer Sitte mit der Handfläche nicht gegen 
sich, sondern gegen den andern zu winkt. Dieses Venga wird oft 
in einem rührend elegischen Tone gesprochen, wie wenn die Ver 
käuferin (denn das weibliche Geschlecht herrscht unter den Buden- 
besitiern uor) einen großen Verlust erlitten hätte; oder sie sucht 
auch durch geheimnisoolles flüstern den Anschein zu erwecken, 
als ob sie das übrige Publikum nicht missen lassen wolle, den 
Gegenstand zu einem so niederen Preis abgelassen zu haben. 
Wenn der fremde seinen Obolus entrichtet hat, ist jedoch damit 
das Geschäft noch nicht oöllig erledigt; jef3t beanspruchen noch 
allerhand dunkle Gestalten, die beim Vertragsabschluß eine Ver 
mittlerrolle gespielt haben wollen, ihre fllancia. Illan schüttelt die 
Zudringlichen lachend ab, was ihrer guten Caune keinen Gintrag 
tut; sie oersuchen eben ihr Heil bei einem andern, bis schließlich 
doch ein paar Saldi für sie abfallen. Wer auf den Trödelmarkt 
geht, tut klug daran, sich oorher mit Geldsorten jeder Art zu oer 
sehen; denn beim Wechseln bekommt man die unglaublichsten 
münzen heraus, die man übrigens in Rom ebenso leicht wieder 
los wird, wie man sie einnimmt. Hur beim Papiergeld herrscht 
größere Ängstlichkeit. Dicht selten mird einer oon den zahlreichen, 
auf dem Trödelmarkt stationierten Schergen der Polizeigewalt mit 
dem ebenso ehrenoollen wie heiklen Auftrag betraut, die Gchtheit 
eines fünf- oder Zehnlirescheines, für die das Wasserzeichen maß 
gebend ist, zu prüfen, und um den ITlann des Geset3es pflegt ein 
förmlicher Auflauf zu entstehen, da sich jeder Passant berufen 
glaubt, bei der schwierigen Prüfung und Entscheidung mitzuwirken. 
Der Besißer muß sich schließlich glücklich preisen, wenn er den 
Schein wieder unoersehrt in seine Hand zurückerhält. Daß im 
ITlarktgedränge nicht nur die Händler, sondern auch die Vertreter 
des edlen Diebsgewerbes zur Erleichterung der Taschen beitragen, 
oersteht sich ganz oon selbst. 
Cebemahl, römischer Trödelmarkt! Doch halt! Doch ein 
paar Augenblicke hinüber zum Paradiso, wo die Antiquariatsbuch 
händler ihre Scharteken feilhalten. Hier bewegt sich mit ruhiger 
Würde allerlei gelehrtes Volk, das nach geheimnisooften Bücher- 
schät3en fahndet und manchmal auch die erhofften funde tut. 
Das feilschen ist hier weniger Sitte; die Preise sind auch so 
niedrig gestellt, daß es sich kaum ocrlohnte. Die Verkäufer wissen 
genau, daß es oielen Kunden nur um die Ginbände zu tun ist. 
6s ist fast schon eine Art oon Überlieferung geworden, daß der 
Deutsche sich oom Büchermärkte ein paar gut erhaltene Schweins 
leder mitnimmt, sich dazu oon den hübschen Vorsaßpapieren aus 
der Jndustria feininile erwirbt und nach der Heimkehr ein paar 
Hieblingsbücher in dieses römische Gewand steckt. 
Schwer beladen pflegt der fremde den Trödelmarkt zu oer- 
lassen und mancher beeilt sich, seine nicht eben leicht transpor 
tablen Schöße in einer Droschke möglichst rasch zu bergen. Aber 
das Schwierigste steht ihm noch beocr, nämlich das Verpacken. 
Wohl dem, der seine Beute unbeschädigt und unzerbrochen zu den 
heimatlichen Toren rettet, und dreifach glücklich, wenn er zu Hause 
nicht erfahren muß, daß er sein gutes Geld für fälschungen hinaus 
geworfen und sich mit wertlosem Krimskram geschleppt hat. 
monogramme, Hausmarken und 5ignets. 
Von Dr. Heinrich Pudor (Ceipzig). 
(^Üjjfcßie ältesten Diplom-Unterschriften, non denen in 
Deutschland berichtet toird, sind die der früheren 
Karolinger, die ihre Urkunden mit dem Kreuz 
unterfertigten („signum sanctae crucis pono“)- 
Das Kreuzzeichen toar also die ursprüngliche 
und natürliche Unterschrift. So war z. B. die 
Unterschrift Pippins 1 ein griechisches Kreuz, in 
dessen vier ficken je ein Punkt gestellt mar. 
Ganz ähnlich führt es der italienische Buch 
drucker Antonius Zarotus, ITlailand 1495 in 
seinem Drucker-Signet. Das Kreuz individuell 
verändert, rourde zum Personenzeichen. Daher 
bedeutet das Wort Sigmare — zeichnen — Kreuz 
zeichen machen — segnen. Wenn der deutsche 
oder russische Katholik das Kreuzzeichen macht, 
knüpft er an jene alte Überlieferung an. 
)Tlit dem Sichbekreuzigen hängt das bekannte Penta 
gramm des Pythagoras zusammen, denn man bildet ein 
Pentagramm, roenn man mit der rechten Hand auf das 
Herz, von da zur Stirn, zur rechten Brust, zur linken 
Brust, zur linken Schulter und zurück zum Herzen fährt. 
Ursprünglich sprach man mohl dabei, roie fischbach ver 
mutet, die Flamen der fünf Clemente, deren Schuß man 
suchte, aus. 
Don dem christlichen Kreuz zu unterscheiden ist das 
1 Das Flarnen-lTlonogramm tritt erst seit Karl dem Großen auf. 
Andreas Kreuz, melches aus zmei schräg stehenden in der 
mitte gekreuzten Pinien besteht (decuria im Lex Visiga- 
thoruin 5.—9. Jahrh) und den Römern als ein vom Kreuz- 
rveg hergenommenes Grenzzeichen (decusa) bekannt roar.- 
Crst in der zrveiten Hälfte des 15. Jahrhunderts 
begegnen rvir festen Zeichen geroisser Personen mit sicheren 
Daten und in bestimmter Verwendung und erst seit dieser 
Zeit finden rvir laut Weinreichs Chronik die Bürger- 
Hausmarke, angeborenes Zeichen genannt, skandinavisch 
bomaerke. Cs gibt ein prächtiges Buch über die germa 
nische Hausmarke von einem Professor der Rechte, welcher 
nahezu zwanzig Jahre daran gearbeitet hat und aus allen 
Pändern germanischen L'autes das material zusammen 
getragen hat. (D. C. G, Homeyer, die Haus- und Hof 
marken, Berlin 1870). 
Die Hausmarke wiederum steht in Zusammenhang 
mit dem Steinmeßzeichen, roie sie sich aus ältester Zeit 
noch heute an vielen Bauten, roie z. B, der Kaiserpfalz 
zu Gelnhausen, am dicken Turm des Schlosses zu Heidel 
berg etc. finden, sowie mit den alten Gildezeichen, dann 
aber auch mit den Wappen und Siegeln. Die form der 
alten Hausmarke geht auf das sogenannte Tosroerfen der 
alten Germanen zurück. Tacitus berichtet (Germania, 10), 
daß die Germanen Reiser von fruchtbäumen schnitten, in 
Stäbchen schnitten, in diese Runen-Zeichen rißten und sie 
2 Vergl. ßluhme. Römische feldmesser II, 268,
	        
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